Vertrauensfrage und Neuwahlen: Zeitplan für die vorgezogenen Bundestagswahl

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Vertrauensfrage und Neuwahlen: Zeitplan für die vorgezogene Bundestagswahl

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Nach dem Ampel-Bruch will Kanzler Scholz die Vertrauensfrage stellen. Dies könnte Neuwahlen einleiten. Das Gesetz gibt Hinweise zum Zeitplan.

Berlin – Nach dem Bruch der Ampel-Koalition steht alles Kopf, nachdem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Finanzminister Christian Lindner (FDP) entlassen hatte. Mit ihm brach auch die ganze FDP mit der Ampel. Nun gilt es: Durchhalten bis zur regulären Bundestagswahl 2025 oder vorgezogene Wahlen durchführen. Um diese Frage zu klären, will Scholz am 15. Januar 2025 die Vertrauensfrage stellen.

Damit kann der Kanzler nach Artikel 68 des Grundgesetzes überprüfen, ob die Mehrheit der Abgeordneten im Bundestag ihn noch unterstützt. Das Vorgehen ist umstritten, da der Antrag meist dazu intendiert ist, das Vertrauen der nötigen Mehrheit zu verfehlen – also explizit Neuwahlen einzuleiten. Ohne Mehrheit kann der Bundespräsident den Bundestag auf Vorschlag von Scholz innerhalb von 21 Tagen auflösen. Dann würde es Neuwahlen geben.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach einem Krisentreffen des Koalitionsausschusses der Ampelkoalition.
Vor Scholz‘ Entscheidung traf sich die Ampelkoalition zum Krisentreffen. © picture alliance/dpa | Michael Kappeler

Neuwahlen oder Minderheitenregierung: Neue Regierung oder neuer Kanzler unwahrscheinlich

Zuletzt ist dies unter dem SPD-Kanzler Gerhard Schröder im Jahr 2005 passiert. Ob es unter Scholz erneut zu einer gescheiterten Vertrauensfrage kommt, ist mit einer Reihe von Fragen verbunden – zum Beispiel auch, inwiefern sich die Union bis zur regulären Bundestagswahl, die im September 2025 stattfinden würde, für Bundestag und -regierung in der Verantwortung sieht.

Mit nunmehr 324 Sitzen von insgesamt 733 müssten in der Regierung für eine Mehrheit mindestens 43 Sitze besetzt werden – oder rot-grün müsste sich in einer Minderheitenregierung durch das letzte halbe Jahr der Legislaturperiode kämpfen. Um nicht für die restliche Regierungszeit von neuen Koalitionsverhandlungen gelähmt zu werden, müsste eine schnelle Einigung mit einer möglichen neuen Regierungspartei erzielt werden.

Von Seiten des Bundestags gibt es theoretisch ebenfalls Verfassungsinstrumente, mit denen der Kanzler ausgetauscht werden könnte. Sowohl als Reaktion auf die Vertrauensfrage (§ 68 GG) als auch in Form eines konstruktiven Misstrauensvotums (§ 67 GG) könnte das Parlament einen Nachfolger wählen. Ein Erfolg gilt allerdings aufgrund der aktuellen Mehrheitsverhältnisse im Bundestag als unwahrscheinlich. Die Frage bleibt daher: Neuwahlen oder keine Neuwahlen – und vor allem: Wann und wie läuft das ganze ab?

Nach Ampel-Bruch: Grundgesetz bringt Klarheit in Zeitplan für Neuwahlen

Stellt der Kanzler wie geplant am 15. Januar die Vertrauensfrage, müsste der Bundestag beim Scheitern des Antrags bis zum 5. Februar aufgelöst werden, um die 21-Tage-Frist einzuhalten. Dann solle es laut Aussagen des Kanzlers in einer Pressekonferenz bis Ende März Neuwahlen geben.

Zuvor stand laut Medienberichten auch der 2. oder 9. März bereits als mögliches Wahldatum im Raum. Nach Artikel 39 des Grundgesetzes müssten Neuwahlen nach der Auflösung des Bundestages innerhalb von 60 Tagen stattfinden, also bis spätestens zum 6. April. Der Kanzler und sein Kabinett würde das Amtsgeschäft allerdings bis zur Ernennung eines Nachfolgers weiterführen. Diese Regelung wirkt auch, wenn reguläre Nachwahlen stattfanden, aber die neue Regierung noch nicht steht.

Verfahrensschritte Äußerste Frist
Vertrauensfrage 15. Januar 2025
Auflösung des Bundestages bis spätestens zum 5. Februar 2025
Neuwahlen bis spätestens zum 6. April 2025

Die bislang von der FDP besetzten Ministerien könnten so lange von anderen Ressortchefs übernommen werden oder auf Vorschlag von Kandidaten durch den Bundeskanzler vom Bundespräsidenten neu besetzt werden. Für viele Parteien hieß die Ankündigung des Kanzlers, die Vertrauensfrage zu stellen, schon jetzt: Wahlkampfmodus einschalten. Mit den Neuwahlen würden die Bundestagswahlen fast ein halbes Jahr früher stattfinden als geplant. (lismah)

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