Wenn es um die eigene Gesundheit geht, achten wir auf unser Gewicht, zählen Schritte und messen Blutdruck – doch eine Kennzahl bleibt meist unbeachtet. Dabei zeigen Studien immer wieder, dass der Halsumfang ein überraschend genauer Indikator für verschiedene Krankheiten ist.
Schon ein paar zusätzliche Zentimeter am Hals können als Frühwarnsignal für ernste Erkrankungen gelten. So erhöht sich beispielsweise das Risiko für
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen
- Diabetes
- Schlafstörungen
Zwei britische Forscher, Ahmed Elbediwy und Nadine Wehida, plädieren deswegen in einem Artikel auf dem Portal "The Conversation" dafür, dass Ärzte und Ärztinnen ihre Aufmerksamkeit stärker auf den Halsumfang ihrer Patienten richten sollten.
Warum der Halsumfang besser vor Krankheiten warnt als der BMI
Um Gesundheitsrisiken möglichst einfach und breit anwendbar vorherzusagen, verlassen sich viele seit Jahrzehnten auf Kennzahlen wie den Body-Mass-Index (BMI) oder das Taille-Hüft-Verhältnis. Doch diese Messwerte haben ihre Grenzen, denn sie unterscheiden nicht zwischen Muskel- und Fettmasse. Ein muskulöser Sportler beispielsweise kann einen hohen BMI haben, ohne tatsächlich übergewichtig zu sein.
Besser geeignet könnte laut Elbediwy und Wehida der Halsumfang sein. Denn er gibt nicht nur Aufschluss über das Gewicht, sondern auch die Verteilung des Fettes. Der Halsumfang zeigt an, wieviel Fett im oberen Körperbereich, das sogenannte Unterhautfettgewebe des Oberkörpers, vorhanden ist. Spezifisch dieses Fettgewebe gibt im Vergleich zu anderen mehr verschiedene Fettsäuren ins Blut ab, welche in hohen Konzentrationen
- die Regulierung von Cholesterin,
- den Blutzucker,
- den Blutdruck,
- die Gefäßgesundheit
- und den Herzrhythmus
beeinträchtigen können. Darüber hinaus geht es auch mit einem anderen Indikator einher: "Im Wesentlichen dient der Halsumfang als Indikator für viszerales Fett – das schädliche Fett, das Ihre Organe umgibt", schreiben Elbediwy und Wehida.
Ab wann Ihr Halsumfang zum Herzrisiko wird
Ab wann ein Halsumfang als "zu groß" gilt, hat eine Gruppe von US-amerikanischen Forschern untersucht. Ihre Ergebnisse haben sie 2022 im "Journal of the American Heart Association" veröffentlicht. Sie untersuchten die Daten von mehr als 4000 Patienten und Patientinnen über einen Zeitraum von durchschnittlich elf Jahren. Alle Teilnehmenden waren über 55 Jahre alt und Teil der Framingham-Herz-Studie, die seit über drei Jahrzehnten die Ursachen und Risiken der koronaren Herzkrankheit und Arteriosklerose untersucht.
Die Forscher kamen zu dem Schluss, dass ein Halsumfang
- bei Frauen ab 35,5 Zentimetern
- bei Männern ab 43 Zentimetern
mit einem erhöhten Risiko für Vorhofflimmern einhergeht.
Diese Zusammenhänge zeigten sich auch unabhängig von BMI, Taillenumfang und Taille-Hüft-Verhältnis. Sie sind laut Elbediwy und Wehida "besonders besorgniserregend". Denn Vorhofflimmern kann zu Blutgerinnseln und Schlaganfällen und langfristig auch zu einer Herzschwäche führen.
So einfach messen Sie Ihren Halsumfang
Den Halsumfang zu messen dauert nur wenige Sekunden. Alles was Sie benötigen ist ein Maßband.
- Stehen Sie aufrecht und schauen Sie gerade nach vorne.
- Legen Sie das Maßband um den schmalsten Teil des Halses – das Band sollte eng, aber nicht straff anliegen.
Der Halsumfang bildet nur einen Teil des allgemeinen Gesundheitszustands ab. Über den Schwellenwerten zu liegen, sollte daher nicht gleich als Alarmsignal verstanden werden. Sind Sie sich unsicher oder bemerken, dass Ihr Halsumfang ansteigt, sollten Sie in jedem Fall einen Arzt hinzuziehen.
Verschiedene Studien würden darüber hinaus auf einen Zusammenhang zwischen dem Halsumfang und unter anderem
- Bluthochdruck,
- Herzinsuffizienz,
- ischämischen Schlaganfall ("Hirninfarkt")
- und Koronarer Herzkrankheit
hinweisen.
Mehr als nur Herzprobleme: Diabetes und Schlafapnoe
Ein größerer Halsumfang wird außerdem mit Typ-2-Diabetes und Schwangerschaftsdiabetes in Verbindung gebracht. Das liegt daran, dass Fett im Nacken- und Schulterbereich den Insulinstoffwechsel beeinträchtigen kann.
Auch die Schlafqualität leidet: Menschen mit dickeren Hälsen entwickeln Studien zufolge häufiger eine sogenannte obstruktive Schlafapnoe. Bei Betroffenen setzt die Atmung im Schlaf immer wieder aus, wodurch nicht genügend Sauerstoff in den Körper gelangt. Das kann zu extremer Müdigkeit am Tag und zu einem langfristig erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen kann.
Bei Männern gilt das Risiko ab einem Halsumfang von 43 Zentimetern und bei Frauen ab 41 Zentimetern erhöht.
So beugen Sie zu viel Viszeralfett vor
Um Oberkörperfett, darunter auch Viszeralfett, loszuwerden, gibt es ein paar einfache Maßnahmen. Neben ausreichend Bewegung empfiehlt etwa Ernährungsmediziner Matthias Riedl:
- Zucker und Fruktose reduzieren: Fertigprodukte, Softdrinks, Limonade und Säfte enthalten oft mehr Zucker, als man denkt.
- Viel Gemüse essen: Täglich mindestens 500 Gramm – das ist ballaststoffreich und sättigend.
- Gesunde Fette integrieren: Nüsse, Olivenöl, Rapsöl, Fisch liefern Omega-3-Fettsäuren. Die sind wichtig für den Stoffwechsel, verlangsamen den Blutzuckeranstieg und verringern das Risiko einer Fettleber.
- Mahlzeiten strukturieren: Am besten sind zwei bis drei Hauptmahlzeiten oder Intervallfasten. Ständiges snacken wiederum erhöht dauernd den Insulinspiegel. "Insulin ist der Fetteinbauer im Körper, wir befinden uns damit im ständigen Fettaufbaumodus", sagt Riedl.