Was ist Arteriosklerose und wie hängt sie mit Herzinfarkten zusammen?
Laut Definition bezeichnet der Begriff Arteriosklerose die Einlagerung von Fetten und Cholesterin in die Wand von Blutgefäßen. „Arterio“ stammt vom altgriechischen „artería“, Ader, und „sklerose“ von „sklerós“, hart. Wortwörtlich ist die Arteriosklerose demnach eine „Arterienverhärtung“, also eine Verhärtung von solchen Blutgefäßen, die das Blut vom Herzen wegführen.
In der Umgangssprache fällt übrigens häufig der Begriff ‚Arterienverkalkung‘. Dieser ist aber nicht ganz zutreffend, denn anders als z.B. bei einem verkalkten Waschmaschinenschlauch wird kein Kalk abgelagert, sondern eine Mischung aus Cholesterin und cholesterinähnlichen Stoffen, Fetten, Calciumsalzen und Bindegewebe. Außerdem befinden sich diese Ablagerungen auch nicht auf der Gefäßinnenwand, sondern tatsächlich innerhalb der Wand.
Die Arteriosklerose ist der mit Abstand wichtigste Faktor für die Entwicklung einer Herz-Kreislauf-Erkrankung. Damit wird die Arteriosklerose zum bedeutsamsten Risiko für ein vorzeitiges Lebensende durch Herzinfarkt, Schlaganfall und Co.
Dr. Stefan Waller ist Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie. Er bietet ein Online-Coaching für herzkranke Patienten an und informiert wöchentlich über Neuigkeiten in der Kardiologie. Er ist Teil unseres EXPERTS Circle. Die Inhalte stellen seine persönliche Auffassung auf Basis seiner individuellen Expertise dar.
Wie funktioniert die Stent-Implantation zur Behandlung von Arteriosklerose?
Ein Stent ist eine kleine, röhrenförmige Gefäßstütze aus feinem Metallgeflecht. Er wird in ein verengtes oder verschlossenes Herzkranzgefäß eingesetzt, um den Blutfluss zum Herzmuskel dauerhaft offenzuhalten. Der Stent wirkt wie ein inneres Gerüst: Er stützt die Gefäßwand von innen und verhindert, dass sich das Gefäß nach einer Aufdehnung wieder verengt.
Eingesetzt wird ein Stent immer dann, wenn eine Engstelle im Herzkranzgefäß den Blutfluss so stark behindert, dass der Herzmuskel nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt wird. Das kann akut bei einem Herzinfarkt durch einen plötzlichen kompletten Verschluss einer Herzkranzarterie der Fall sein oder bei einer chronischen koronaren Herzkrankheit mit wiederkehrenden Beschwerden wie der typischen Angina pectoris-Brustschmerzen infolge einer verminderten Durchblutung des Herzmuskels.
Über einen arteriellen Zugang am Handgelenk (Arteria radialis) wird ein dünner Kunststoffschlauch (Katheter) vorsichtig zum betroffenen Herzkranzgefäß vorgeschoben. Um die Engstelle exakt zu lokalisieren, wird Röntgen-Kontrastmittel eingespritzt und gleichzeitig eine Röntgendurchleuchtung durchgeführt.
An der verengten Stelle, der sogenannten Stenose, wird ein kleiner Ballon vorsichtig mit hohem Druck aufgeblasen. Dabei werden die Ablagerungen (Plaques) an die Gefäßwand gedrückt und das Gefäß von innen aufgeweitet. Auf dem Ballon liegt der zusammengefaltete Stent, der sich beim Aufblasen mit entfaltet und in die verengte Arterienwand gepresst wird.
Wenn der Ballon wieder entfernt wird, bleibt der Stent als feines Metallgerüst im Gefäß zurück. Er hält die Gefäßwand offen, sodass das Blut wieder ungehindert zum Herzmuskel fließen kann.
Welche Risiken und Nebenwirkungen können bei einer Stent-Implantation auftreten?
Die Implantation eines Stents gehört heute zu den häufigsten durchgeführten medizinischen Eingriffen weltweit. Vor allem bei der Behandlung verengter Herzkranzgefäße. Auch wenn der Eingriff als minimalinvasiv und sicher gilt, können im Rahmen der Prozedur verschiedene Komplikationen auftreten.
Mögliche Komplikationen während des Eingriffes sind:
- Blutungen an der Punktionsstelle, vor allem bei gleichzeitig notwendiger Blutverdünnung
- Gefäßverletzungen, etwa durch falsche Platzierung oder beim Vorschieben des Katheters.
- Thromboembolische Ereignisse, z. B. durch gelöste Plaque-Teile, die zu einem Herzinfarkt oder Schlaganfall führen können.
- Allergische Reaktionen auf das Kontrastmittel oder das Stentmaterial.
- Rhythmusstörungen des Herzens.
- In sehr seltenen Fällen: akute Stentthrombose direkt nach Einlage, die eine sofortige Reintervention erfordert.
Langzeitrisiken: wenn der Stent Probleme macht:
Auch Wochen bis Monate nach der Implantation kann es zu Komplikationen kommen. Zu den häufigsten zählen:
- In-Stent-Restenose: Dabei handelt es sich um eine erneute Einengung des Gefäßes durch wucherndes Narbengewebe innerhalb des Stents. Moderne medikamentenfreisetzende Stents (sog. „Drug-Eluting Stents“) reduzieren dieses Risiko deutlich.
- Späte Stentthrombose: Trotz moderner Technik kann sich noch Monate oder Jahre später ein Blutgerinnsel im Stent bilden. Diese Komplikation ist selten, aber potenziell lebensbedrohlich.
- Infektionen im Bereich des Stents: Diese treten nur in Ausnahmefällen auf, können jedoch gefährlich verlaufen, da das fremde Material ein Nährboden für Bakterien sein kann.
- Allergien gegen das verwendete Metall (z. B. Nickel) – eine seltene, aber mögliche Ursache für Beschwerden nach der Implantation.
Welche Medikamente müssen nach der Stent-Implantation eingenommen werden und wie sieht die Nachsorge aus?
Nach einer Stentimplantation ist eine gezielte medikamentöse Therapie, sowie strukturierte Nachsorge essenziell, um Komplikationen wie Stentthrombosen zu verhindern und die Langzeitprognose zu verbessern. Man verwendet als Standardmaßnahme Thrombozytenaggregationshemmer in einer sogenannten "Dual antiplatelet therapy (DAPT)", welche in der Regel eine Kombination aus ASS und Clopidogrel darstellt (bei einem im Rahmen eines Herzinfarktes eingesetzten Stents kommen auch noch weitere Thrombozytenaggregatioinshemmer zum Einsatz).
Die Dauer der DAPT richtet sich nach der Indikation und dem Blutungsrisiko. Bei einem ACS wird die Therapie bislang für 12 Monate empfohlen, bei einer KHK lediglich 3-6 Monate. Allerdings zeigen neuere Studiendaten eher Vorteile für eine kürzere Zeit der DAPT, so dass hier auch seitens des behandelnden Kardiologen sehr viel individueller über die Dauer der DAPT entschieden werden kann. Nach der doppelten plättchenhemmenden Behandlung (DAPT) schließt sich dann in aller Regel eine Einfachtherapie (Monotherapie) mit ASS auf Dauer an.
Weitere Medikamente werden bei individuellen Situationen zusätzlich erwogen, so nutzt man zusätzlich orale Antikoagulanzien, wenn neben einer KHK noch Vorhofflimmern besteht. Jedoch sind auch hier wieder die Dauer und andere Faktoren sehr variabel, weshalb dies im Einzelfall entschieden werden muss.
Die kurzfristige Nachsorge nach der Implantation eines Stents erfolgt auf der Station im Krankenhaus. Sie besteht aus Kontrollen von Puls, Beweglichkeit, Sensibilität und Wundkontrolle. Im Labor werden Gerinnungsparameter, Entzündungszeichen und weiteres überwacht und die Mobilisation erfolgt frühzeitig mit Physiotherapie und Gefäßtraining.
Langfristig ist vor allem die sog. Sekundärprävention, sprich die Verhütung erneuter Ereignisse, entscheidend. Mit einer Lebensstiländerung in Form von Raucherentwöhnung, Ernährungsoptimierung und bestenfalls täglicher Bewegung setzt man wichtige Grundpfeiler für einen nachhaltigen Therapieerfolg und die Vermeidung von Komplikationen. Auch die Einstellung von Blutdruck, Blutfett- und Blutzuckerwerten ist ein wichtiger Hebel, an welchem man die Prognose entscheidend beeinflussen kann. Durch die Optimierung der Risikofaktoren kann man die Gefahr von erneuten Herz-Kreislauf-Komplikationen deutlich reduzieren.
Welche Fortschritte gibt es in der Stent-Technologie und wie beeinflussen sie das Leben nach dem Eingriff?
Neue ultradünne Stents mit Medikamentenbeschichtung sorgen vor allem in den ersten 3 Jahren nach dem Eingriff für ein deutlich geringeres Risiko von erneuten Verschlüssen oder anderen Problemen der behandelten Engstellen, sog. Stenosen.
Auch unterschiedliche Materialien und Beschichtungen der Stents erlauben beispielsweise bei Patienten mit hohem Blutungsrisiko eine kürzere Zeit der doppelten Blutplättchenhemmung als früher verwendete „Bare-Metall-Stents“. Als "stentfreie" Option vor allem bei sog. In-Stent-Restenose (einer im implantierten Stent wieder aufgetretenen Verengung) und kleinen Gefäßen werden auch Medikamentenbeschichtete Ballons (DCB) ohne darüberliegenden Stent eingesetzt. Der Vorteil ist, man hat kein erneutes permanentes Implantat und eine oft kürzere Zeit der notwendigen doppelten Blutplättchenhemmung.
Trotz aller "Stent-High-Tech": Die langfristige Prognose, sprich die Lebenserwartung und die Lebensqualität, hängt jedoch ganz wesentlich von der konsequenten Verbesserung des verursachenden Lebensstils ab, denn die verursachende Arteriosklerose (medizinisch korrekter: Atherosklerose) kann man nicht "wegstenten".
Im Rahmen eines Herzinfarktes, wenn eine Herzkranzarterie also plötzlich verstopft und verschlossen ist, ist die Implantation eines Stents in die verschlossene Herzkranzarterie eine sehr segensreiche Technik, mit der Leben oder zumindest Lebensqualität gerettet wird, indem sie den Herzinfarktpatienten vor Tod oder nachfolgender Herzschwäche bewahrt. Jedoch wird durch den Stent nicht die Ursache behoben, sondern nur die akute Verengung bzw. der akute Verschluss beseitigt. Die Ursache kann wie oben beschrieben nur durch die nachhaltige Anpassung des Lebensstils und die richtige Einstellung unserer Risikofaktoren behoben werden.
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Bildquelle: Stefan Waller
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