Über 130.000 Implantate pro Jahr – was Herzschrittmacher heute alles können

Wie genau steuert das Herz normalerweise seinen Rhythmus, und was passiert, wenn diese Steuerung gestört ist?

Normalerweise geben bestimmte Zellen im Herzen elektrische Impulse ab, die dafür sorgen, dass sich der Herzmuskel im richtigen Takt zusammenzieht und das Blut durch den Körper zirkuliert. Wenn diese Impulse nicht mehr richtig gebildet und weitergeleitet werden, kann das Herz zu langsam schlagen.

Michael Böhm ist Direktor der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Internistische Intensivmedizin am Universitätsklinikum des Saarlandes und Pressesprecher der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie. Seit über 35 Jahren versorgt er täglich Patientinnen und Patienten mit akuten und chronischen Herzerkrankungen. Zudem forscht er intensiv auf den Gebieten Herzinsuffizienz, Bluthochdruck und Atherosklerose.

Wie funktioniert ein Herzschrittmacher und wann ist seine Implantation indiziert?

Ein Herzschrittmacher hilft dem Herzen immer dann, wenn es zu langsam schlägt. Dies kann passieren, wenn das Herz und besonders sein Erregungsbildungs- oder Leitungssystem durch Krankheiten wie eine koronare Herzkrankheit, eine Herzmuskelentzündung oder altersbedingt nicht mehr richtig arbeitet. Wenn das Herz zu langsam schlägt, kann es zu Symptomen wie Luftnot, Schwindel oder sogar Ohnmachtsanfällen kommen. Wer solche Ohnmachtsanfälle (auch Synkopen genannt) hat, sollte schnell einen Kardiologen bzw. eine Kardiologin aufsuchen oder sich bei Ohnmachtsanfällen sofort ins Krankenhaus bringen lassen.

Wenn festgestellt wird, dass der langsame Herzschlag verantwortlich ist und behandelt werden muss, kann ein Herzschrittmacher eingesetzt werden. Dazu werden kleine Kabel (Sonden) in das Herz – in den Vorhof und in die Herzkammer (Ventrikel) – gelegt. Das Gerät gibt dann elektrische Impulse ab, wenn der eigene Herzschlag zu langsam ist. Bei körperlicher Anstrengung passt er die Herzfrequenz automatisch an. Wenn das Herz normal schlägt, bleibt der Herzschrittmacher inaktiv.

Schrittmacher werden normalerweise über die Vene unter dem Schlüsselbein eingeführt. Wenn der Vorhof normal funktioniert, verbessert eine Stimulation dort die Füllung der Herzkammer. Bei Vorhofflimmern (wenn der Vorhof nicht mehr richtig arbeitet) reicht eine Sonde in der Herzkammer aus. 

Es gibt auch neue, kapselartige Schrittmacher, die direkt in die rechte Herzkammer eingesetzt werden, ganz ohne Sonden. Bei bestimmten Formen von Herzschwäche, bei denen die rechte und linke Herzkammer nicht gleichzeitig, sondern etwas zeitversetzt schlagen, hilft ein spezieller Schrittmacher, der beide Kammern gleichzeitig stimulieren kann. 

Hier sprechen Expertinnen und Experten vom sogenannten CRT-System („Cardiac Resynchronization Therapy“). Welcher Schrittmacher am besten geeignet ist, entscheidet der behandelnde Kardiologe/die behandelnde Kardiologin individuell für jede Person.

Was ist ein implantierbarer ICD und bei welchen Patientinnen und Patienten wird er eingesetzt?

Ein implantierbarer Kardioverter-Defibrillator (ICD) ist ein kleines Gerät, das im Körper eingesetzt wird, um den Herzrhythmus zu überwachen. Es erkennt gefährlich schnelle oder unregelmäßige Herzschläge. In solchen Fällen gibt das Gerät einen elektrischen Impuls ab, um das Herz wieder in den richtigen Rhythmus zu bringen. 

ICDs bestehen aus einem kleinen Gerät und Sonden (dünne Kabeln), die mit dem Herzen verbunden sind. Sie können einen zu schnellen Herzschlag entweder durch einen kurzen Elektroschock oder durch gezielte elektrische Impulse (Überstimulation) stoppen. Eingesetzt wird ein ICD meist bei Menschen, die bereits sehr schnelle Herzrhythmen aus den Herzkammern (Kammertachykardien) hatten oder sogar einen plötzlichen Herztod überlebt haben.

ICDs können auch mit den CRT-Systemen kombiniert werden. Diese Systeme helfen zusätzlich dabei, die Pumpleistung des Herzens zu verbessern – vor allem bei Patientinnen und Patienten mit Herzschwäche. Außerdem hat ein ICD oft auch eine Schrittmacherfunktion. Diese sorgt dann dafür, dass das Herz nach einer überstandenen schnellen Rhythmusstörung nicht zu langsam schlägt und der Herzschlag gleichmäßig bleibt.

Wie zuverlässig sind Herzschrittmacher und wie lange hält ihre Batterie normalerweise?

Die Herzschrittmacherbatterien können über viele Jahre halten. Das ist stark davon abhängig, wie häufig ein Schrittmacher bei zu langsamem Herzschlag eingreifen muss. Im Wesentlichen hat er vor allen Dingen auch eine Überwachungsfunktion und setzt nur dann ein, wenn der Herzschlag wirklich zu niedrig ist. 

In der Regel werden 6-monatliche Kontrollen der Batterieleistung durchgeführt, so dass Patientinnen und Patienten bei guter Betreuung nicht besorgt sein müssen, dass der Schrittmacher ausfällt.

Ist es gefährlich mit einem Herzschrittmacher E-Auto zu fahren?

Es gibt eine sorgfältig durchgeführte Studie aus dem Deutschen Herzzentrum in München, wo eindeutig gezeigt wurde, dass weder Schrittmacher noch ICDs von einem E-Auto ungünstig beeinflusst werden. Die Technologien sind mittlerweile so weit fortgeschritten, dass eine gute Isolation der Schrittmacher besteht. 

Eine Nähe zu starken elektrischen Feldern sollte aber vermieden werden. Bei der Durchführung einer Magnetresonanztomographie sollte ein Kardiologe/eine Kardiologin hinzugezogen werden, der anhand des Schrittmacherausweises feststellen kann, ob diese MRT-Untersuchung durchgeführt werden kann. Sicherheitskontrollen an Flughäfen sind unbedenklich. Das Sicherheitspersonal sollte allerdings über den Schrittmacher oder das ICD System unterrichtet werden.

Wie erkenne ich, ob ein Herzschrittmacher noch richtig funktioniert?

Eine Schrittmacherdysfunktion und der Batterieladezustand können in den regelmäßig durchzuführenden Schrittmacherkontrollen festgestellt werden. Sollte ein Patient oder eine Patientin Herzrasen, Extraschläge, Zuckungen des Zwerchfells oder wiederaufgetretene Ohnmachtsanfälle erleben, ist sofort ein Arzt oder eine Ärztin aufzusuchen. In der Regel kann man Schrittmacherdysfunktionen gut behandeln.

Muss ich immer eine Ersatzbatterie mit mir führen?

Ersatzbatterien müssen nicht mitgeführt werden. Das Gerät an sich hat eine integrierte Batteriefunktion. Diese lässt sich von außen nicht beeinflussen. Daher sind die angeführten Schrittmacherkontrollen von größter Wichtigkeit, um eine Batterieerschöpfung rechtzeitig zu erkennen.