Vermisste Emanuela Orlandi: Plötzlich Spur nach Deutschland – Ex-Ermittler enthüllt „unbequeme Wahrheit“

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Am 13. Mai 1981 wurde Papst Johannes Paul II. auf dem Petersplatz in Rom angeschossen – und Emanuela Orlandi rund zwei Jahre später entführt, um die Aufmerksamkeit abzulenken? © Epa Ansa Stf/picture alliance/AP/dpa

Neuer Wirbel im geheimnisvollen Vermisstenfall um Emanuela Orlandi. Ein ehemaliger Ermittler packt aus – und spricht von deutscher Beteiligung.

Vatikanstadt – Entführung im Vatikan: Im Juni 1983 verschwand die damals 15-jährige Emanuela Orlandi und hinterließ ein Rätsel, das bis heute ungelöst ist. Nun bringt der ehemalige Untersuchungsrichter Ilario Martella neues Licht in den Vermisstenfall. In seinem neuen Enthüllungsbuch (am 30. August veröffentlicht) packt er aus. Der vielsagende Titel: „Emanuela Orlandi – Internationale Intrige – Die Wahrheit, die noch niemand über das dunkelste Geheimnis der italienischen Geschichte erzählt hat.“

Entführung von Emanuela Orlandi ein Ablenkungsmanöver? Ex-Ermittler enthüllt „unbequeme Wahrheit“

Martella spricht von brisanten Details, einer „unbequemen Wahrheit“: Orlandi und ein weiteres Mädchen seien Teil eines gewaltigen „Ablenkungsmanövers“ geworden. Der zweite Paukenschlag um Emanuela Orlandi innerhalb weniger Monate.

Im Zentrum steht das Attentat auf Papst Johannes Paul II. am 13. Mai 1981 und eine mögliche Verbindung zu Bulgarien. Neben dem türkischen Attentäter Ali Ağca soll auch der Bulgare Sergej Antonov auf dem Petersplatz gewesen sein. Ağcas bezeichnete Antonov in einer Anhörung als Komplizen, doch der wurde mangels Beweisen freigesprochen und kehrte nach zwei Jahren Untersuchungshaft nach Bulgarien zurück. Antonov, der 2007 tot in seiner Wohnung in Sofia aufgefunden wurde, hat sich nie öffentlich geäußert.

Die sogenannte „bulgarische Spur“ im Fall Emanuela Orlandi war eine Bedrohung für die damalige Sowjetunion. Der polnische Papst hatte großen Einfluss im kommunistischen Osteuropa. Eine tatsächliche oder vermeintliche Beteiligung am Attentat hätte eine „Destabilisierung“ des gesamten sowjetischen Blocks zur Folge gehabt, so Martella.

Deutschland angeblich im Fall um Emanuela Orlandi beteiligt – ehemaliger Richter erklärt Stasi-Aufgabe

Hier führt die Spur des ehemaligen Ermittlers plötzlich nach Deutschland. Die Stasi, die Martella als „höchst angesehene, kriminelle Organisation“ bezeichnet, soll im August 1982 vom bulgarischen Geheimdienst um Hilfe gebeten worden sein. Die deutsche Organisation sollte laut Martella „jede Spur beseitigen, die zur Mitverantwortung der bulgarischen Geheimdienste und damit des gesamten sowjetischen Blocks führen könnte.“

Von 1985 bis 1990 leitete Martella die Ermittlungen zum Verschwinden von Emanuela Orlandi und der gleichaltrigen Mirella Gregori, die nur einen Monat vor Orlandi verschwand. Martella sagte laut l‘Unione Sarda bereits im Juni vor einer Untersuchungskommission im Vatikan, es gebe Hinweise, dass die beiden Mädchen „etwas Unglaublichem, der Staatsräson, geopfert wurden“. Er betonte: „Ich wurde nicht nur verfolgt, sondern erhielt auch Drohungen.“ Seine Tochter war unter anderem Ziel dieser Drohungen.

Martella ist der Überzeugung, dass Orlandi und Gregori entführt und später getötet wurden, um ein größeres Komplott zu verbergen. „Es wäre gefährlich gewesen, sie am Leben zu lassen, weil sie wichtige Zeugen hätten sein können …“

Ex-Ermittler sicher: Vatikan wusste über Komplott um Verschwinden von Emanuela Orlandi bescheid

Gleichzeitig schließt er eine Beteiligung des Vatikans und des Papstes nicht aus. Martella ist sicher, dass die italienischen Behörden zumindest von dem Komplott wussten. Er vermutet, dass der Vatikan über entsprechende „Dossiers“ verfügte.

Emanuelas Vater war ein Mitarbeiter des Vatikans und die Familie war tief im Kleinstaat verwurzelt. Ihr Bruder Pietro kämpft bis heute für Aufklärung und erhebt wiederholt Vorwürfe gegen die Kirche. Er kritisiert, dass die vatikanische Staatsanwaltschaft mit Ermittlungen zur „Onkel-Spur“ versucht, die Verantwortung auf die Familie zu schieben. Zudem wirft er Papst Johannes Paul II. vor, nachts durch die Straßen gezogen zu sein. Erst 2023 nahm der Vatikan aufgrund öffentlichen Drucks die Ermittlungen wieder auf. (moe)

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