Landwirte aus bayerischer Gemeinde geben ihren Hof auf – um sich ihren Traum zu erfüllen
Sie sind beide Mitte 50 und wagen einen Neuanfang: Felix und Peggy von Stackelberg geben den alten Sixthof in Dietramszell auf. Sie wandern nach Thüringen aus, um sich einen Traum zu erfüllen.
Dietramszell – Sie sind beide Mitte 50 und wagen nun einen Neuanfang: Felix und Peggy von Stackelberg geben den alten Sixthof auf und siedeln um. Sie verlassen nicht nur das Dorf Lochen, sondern ziehen in ein anderes Bundesland. Dort wollen sie gemeinsam mit ihren drei Kindern – 15, 20 und 21 Jahre alt – eine Landwirtschaft aufbauen. Das Jahrhunderte alte Anwesen an der Steingauer Straße in Lochen soll verkauft werden.
Besitzer des alten Sixthofs ziehen um – Tochter möchte Landwirtin werden
Felix von Stackelberg ist in der Landwirtschaft groß geworden. Bis 2002 hat er auf dem Hof noch selbst gemolken. „Allerdings war die Milchviehhaltung in der Größenordnung von zwölf bis 15 Kühen schwierig.“ Der Dietramszeller ist Zimmerermeister von Beruf, und der eigene Zimmererbetrieb wurde zum beruflichen Hauptstandbein.
„Mittlerweile wird auch das immer schwieriger“, sagt Felix von Stackelberg. Der Kundenkontakt sei in den vergangenen Jahren nicht einfacher geworden, ergänzt seine Ehefrau Peggy von Stackelberg. „Wir hatten als Familie auch immer das Bedürfnis, wieder mehr in der Landwirtschaft zu arbeiten.“ Die zweitälteste Tochter hat im Juli dieses Jahres erfolgreich die Ausbildung zur Landwirtin beendet. „Wir wollten ihr und auch uns eine Perspektive bieten.“
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Eine neue Heimat im Norden Thüringens
Doch die Landwirtschaft in Lochen lasse sich ohne große Investitionen kaum erhalten, sagt Felix von Stackelberg mit Blick auf den Hof, der zum Teil unter Denkmalschutz steht. Nun will die Familie einen Neuanfang wagen. Im Norden Thüringens fanden die von Stackelbergs einen Hof, den sie übernehmen können. Zur Hofstelle mit Wohnhaus und Maschinenhalle gehören rund 60 Hektar Ackerland und ein Hektar Wald.
Der Boxenlaufstall bietet Platz für gut 100 Kühe. Und das ist es auch, was der Familie vorschwebt: Milchviehhaltung anstatt Zimmerei. „Natürlich wird es für uns erst einmal eine Umstellung“, räumt Felix von Stackelberg ein. Geplant sei, im Dezember oder Januar mit den Vorbereitungen auf dem Hof fertig zu sein. „Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir schnellstmöglich starten können.“
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Warum fiel die Wahl auf Thüringen? Der alte Sixthof liegt mitten im Ort. Schon immer habe man den Wunsch gehabt, den Hof auszulagern, sagt Felix von Stackelberg. Aber das sei leider nicht möglich gewesen. „Außerdem wollten wir uns vergrößern“, nennt der Dietramszeller einen weiteren Grund. Bei den Grundstückspreisen im Oberland eine schwer zu lösende Aufgabe. In Thüringen seien die Preise für die Familie leistbarer. „Das ist natürlich ein ausschlaggebender Punkt gewesen.“ Und: Ein Bruder wohnt in Südthüringen. „Daher haben wir auch noch etwas Kontakt zur Familie. Er hat uns bei unserem Vorhaben unterstützt.“ Gefunden habe man den Betrieb am Ende über einen Makler.
Der Kaufpreis liegt bei 2,8 Millionen Euro
Auch der alte Sixthof mit etwa 4500 Quadratmetern Grundfläche und einem Hektar Grünland wird über einen Makler angeboten. Für den „historischen Einfirsthof mit Charakter und Perspektive“ werden aktuell 2,8 Millionen Euro aufgerufen.
Die Geschichte des Sixthofs
Die Geschichte des ursprünglichen Sixthofs reicht bis ins 16. Jahrhundert zurück. In den Besitz der Familie von Stackelberg gelangte das Anwesen 1921. Elisabeth („Else“) von Stackelberg, Besitzerin eines Gutshofs in Estland, kaufte laut Dietramszeller Chronik den Hof für ihre Tochter Elisabeth („Isa“) von Stackelberg. Die damaligen Besitzer waren zur alten Ziegelei außerhalb Lochens ausgesiedelt. Der neue Hof dort trägt bis heute ebenfalls den Namen Sixthof.
Während des Zweiten Weltkriegs bot der Hof vielen sogenannten Durchreisenden Zuflucht. Menschen, die vor dem Kriegsgeschehen – insbesondere aus München – aufs Land flohen. Für eine warme Mahlzeit halfen sie bei der Arbeit auf dem Hof mit, der unter äußerst schwierigen Bedingungen mühsam bewirtschaftet wurde. Felix von Stackelbergs Großtante Isa legte großen Wert darauf, dass der Hof ein Ort der Menschlichkeit blieb. Ihr letzter Wunsch war es, die Landwirtschaft zu bewahren. „Viele ehemalige Bewohner erinnern sich noch an ihre Zeit auf dem alten Sixthof“, so der Großneffe. „Es kommen auch heute noch Menschen vorbei, denen der Hof einst eine Heimat auf Zeit bot.“ Bis 1964 beherbergte der alte Sixthof zudem einen kleinen Kramerladen. Um diesen Laden, den viele ältere Bewohnerinnen und Bewohner Lochens noch kennen, ranken sich zahlreiche Anekdoten.
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