Wie immer sagten Blicke mehr als Worte, aber die Worte zu den Blicken sagten auch viel.
"Schauen Sie ins Gesicht von Julian Nagelsmann, dann wissen Sie alles über diese erste Hälfte", berichtete RTL-Kommentator Wolff-Christoph Fuss beim WM-Qualifikationsspiel zwischen Luxemburg und Deutschland. Zur Pause stand es 0:0, und das musste die wackeren Luxemburger (Platz 97 der Fifa-Weltrangliste) eigentlich grämen.
Kleiner Spoiler: Auch nach Spielschluss war Nagelsmanns Gesicht nicht aufgehellter. Trotz des 2:0-Erfolgs der Nationalmannschaft, aufgestellt durch zwei Tore von Nick Woltemade (49./69.). In seinen Interviews sprach der Bundestrainer, sonst selten um eine Pointe verlegen, auffallend schmallippig, mitunter wirkte er: dezent konsterniert. Und hatte allen Grund dazu.
Anfällig, konzeptlos, behäbig: DFB-Team zeigt konfuse Vorstellung
Der Aufwärtstrend, der sich mit Siegen über Nordirland (3:1 und 1:0) sowie Luxemburg im Hinspiel (4:0) angedeutet zu haben schien, ist mit einem Mal torpediert. Diese erste Halbzeit am Freitagabend war die vermutlich schlechteste der DFB-Elf unter Nagelsmann, eine bedenklich konfuse Vorstellung, die Sorgen machen muss.
Ja, es gab personelle Ausfälle, zuletzt jener von Kapitän Joshua Kimmich. Aber das kann keine Entschuldigung sein. Deutschland präsentierte sich in der Defensive anfällig (Ausnahme: Torwart Oliver Baumann), im Spielaufbau konzeptlos, im Angriff lange behäbig. Lediglich eine Steigung nach der Pause, besonders von Woltemade und Zuarbeiter Leroy Sané, verhinderte Schlimmeres.
Am Ende zählen die Punkte, das ist korrekt. Aber ehrlicherweise zählen auch immer die Zwischentöne. Wenn morgen WM wäre, bräuchten wir kaum antreten. Zumindest stünde es düster um die deutschen Aussichten.
Slowakei-Spiel wird zum ultimativen Showdown um die WM-Quali
Das Paradoxe ist nun: Es wird eine ausreichend große Aufgabe, überhaupt zur WM zugelassen zu werden. Am Montag kommt's in Leipzig zum ultimativen Showdown mit der Slowakei, ein Remis genügt dem DFB-Team für das Direktticket nach Amerika, Kanada, Mexiko. Aber eine Leistung wie in Luxemburg – oder wie bei der desolaten 0:2-Hinspielpleite von Bratislava – wäre fatal.
Verliert Deutschland gegen die Slowakei, warten die nervenzerfetzenden Playoffs. Zwei Spiele, alles oder nichts. Nur so viel: Eine Fußball-Dynastie wie Italien droht die Weltmeisterschaft nach 2018 und 2022 jetzt zum dritten Mal in Folge zu verpassen. Wir sollten uns also nicht in trügerischer Sicherheit wiegen. Erst recht nicht nach Luxemburg.