Vogelgrippe und humanes Influenza-Virus: Fachmann spricht von pandemischer Gefahr durch Virus-Kombination
Die Vogelgrippe existiert bereits als 'stille Pandemie' in Europa. Ein Fachmann prognostiziert eine neue mögliche Pandemie durch eine Virus-Mischung.
Innsbruck – Günter Weiss, Infektiologe und Direktor der Uni-Klinik für Innere Medizin Innsbruck, äußert Bedenken hinsichtlich einer möglichen neuen Epidemie oder sogar Pandemie in Europa. Er prognostiziert, dass diese durch eine Kombination aus einem „humanen Influenzavirus“ und einem Vogelgrippevirus ausgelöst werden könnte. Auch der Virologe Drosten warnt vor neuer Pandemie durch das Vogelgrippevirus.
Neue Epidemie in Europa durch Vogelgrippe? Infektiologe warnt vor Viren-Kombination
Über das Interview von der Nachrichtenagentur APA berichteten mehrere österreichische Medien. Weiss zufolge könnte die erwartete Kombination aus einem humanen Influenzavirus und einem Vogelgrippevirus „eine neue, schwere Epidemie beziehungsweise ein neues Virus mit pandemischem Potenzial zur Folge haben“. Er betonte jedoch, dass er keine Panik schüren möchte, da eine neue Epidemie oder Pandemie nicht zwangsläufig mit schweren Folgen wie bei der Corona-Pandemie verbunden sein muss. Als Beispiel nannte der renommierte Experte die Schweinegrippe-Pandemie, die „relativ milde“ verlief.

„Aber man muss wissen, was auf uns zukommen könnte, um im Eventualfall dann auch vorbereitet zu sein“, sagte Weiss weiter. Er wies darauf hin, dass das neue Influenza-Virus verschiedene Spezies betreffen könnte, darunter „Vögel, Schweine, Mensch“.
Neue Epidemie durch Virus-Kombination mit Vogelgrippe passiert laut Experten „in absehbarer Zeit“
Die Erfahrung mit dem Coronavirus hat gezeigt, dass Viren sich ständig verändern und an ihre Umgebung anpassen können. So „kann (es) sein, dass ein neues Virus entsteht, das Bestandteile von verschiedenen Influenzaviren verschiedener Tierspezies enthält, für Menschen ansteckend ist und vom Immunsystem nicht erkannt wird“, erläutert der Infektiologe.
Weiss ist der Ansicht, „dass so etwas in absehbarer Zukunft passieren wird“. In den letzten Jahren hat es vermehrt Fälle gegeben, in denen das Virus zwischen Menschen und Tieren übertragen wurde.
Influenza Vogelgrippe kursiert in Europa und Deutschland bereits seit geraumer Zeit
Eine „Art der Influenza“ ist die Vogelgrippe, die Weiss als „stille Pandemie“ bezeichnet, die vor allem in Europa verbreitet ist und „primär Vögel betrifft.“ Es gab auch „einzelne“ bzw. „ein paar hundert Fälle“ bei Menschen, die durch „engen Kontakt“ mit den Tieren infiziert wurden. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurden seit 2003 weltweit über 2.600 humane Erkrankungen und 1.100 Todesfälle durch aviäre Influenza registriert. Die Sterblichkeitsrate unter den Betroffenen ist damit hoch.

Bisher gab es keine direkte Übertragung von Mensch zu Mensch. Weiss weist jedoch auf vier Fälle in den USA hin, in denen Landwirte durch Kontakt mit infizierten Kühen angesteckt wurden. In einem Bericht im Mai schrieb die Behörde US Centres for Disease Control and Prevention (CDC): „Am 1. April bestätigte das CDC eine Infektion mit dem HPAI A(H5N1)-Virus (Vogelgrippe) bei einer Person, die mit Milchkühen in Texas in Kontakt gekommen war, bei denen eine Infektion mit dem Virus vermutet wurde.“ In den USA erkrankte zuletzt auch ein Mensch an der Vogelgrippe, ohne Kontakt zu infizierten Tieren gehabt zu haben.
Vogelgrippe-Infektionen über Kühe offenbar die erste Übertragung zwischen Säugetieren
Die CDC vermutete damals, dass dies der erste Fall einer wahrscheinlichen Übertragung des Virus von einem Säugetier auf einen Menschen war. Im Mai wurden weitere Fälle bei Menschen festgestellt, die mit infizierten Milchkühen in Kontakt gekommen waren. Diese waren zwar nicht schwer erkrankt, aber dennoch betroffen. Eine Studie untersuchte daraufhin, inwiefern sich das Vogelgrippe-Virus bereits an den Menschen angepasst hat.
Der CDC zufolge ist es sehr selten, dass sich Säugetiere mit hoch pathogenen Vogelgrippeviren infizieren. Die jüngsten Infektionen wurden bei Seelöwen in Peru und Chile, Seeelefanten in Argentinien und Füchsen in Kanada, Frankreich und anderen Ländern festgestellt. Im Fall der infizierten Farmer in den USA wurden die Infektionen laut Weiss durch direkten Kontakt mit den Kühen und auch mit der Milch übertragen. „Das zeigt das Potenzial, dass sich das Virus verändert“, so Weiss in seinem Fazit im APA-Interview. (nz)