Neue Luftverteidigung für die Bundeswehr: Iris-T SLM soll Deutschland vor Putin schützen
Die Bundeswehr nimmt ihr erstes Luftabwehrsystem IRIS-T SLM überhaupt in Deutschland in Betrieb. Das dokumentiert ein Problem bei der Abschreckung gegen Wladimir Putin.
Todendorf - Die Ukraine hat im Krieg mit Russland mittlerweile vier Stück davon: Luftverteidigungssysteme IRIS-T SLM, von denen Deutschland der ukrainischen Armee bis Ende des Jahres weitere Einheiten liefern will.
Luftabwehr für Deutschland: Bundeswehr erhält ein System IRIS-T SLM
Laut Liste der militärischen Unterstützungsleistungen auf der Website der Ampel-Bundesregierung (SPD, Grüne und FDP) sind die Lieferungen von acht weiteren IRIS-T-SLM-Systemen und von neun IRIS-T-SLS-Systemen (bisher drei geliefert) an Kiew in der Vorbereitung. Deutschland hatte selbst bisher kein einziges dieser Flugabwehr-Systeme. Dabei werden diese vom Rüstungsunternehmen Diehl Defence aus Überlingen am Bodensee gebaut.
An diesem Mittwoch (4. September) hat die Bundeswehr ihr erstes eigenes IRIS-T SLM in den Dienst und offiziell in Betrieb genommen. Und zwar unter den Augen von Bundeskanzler Olaf Scholz sowie von Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (beide SPD). Hohe militärische Vertreter europäischer Armeen verfolgten die Veranstaltung in Todendorf (Schleswig-Holstein) ebenfalls.

IRIS-T SLM für die Bundeswehr: Abschreckung gegen Wladimir Putin und Russland
Der Standort Todendorf an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste werde zum Zukunftsstandort der Flugabwehrraketentruppe, sagte Pistorius laut dpa bei einer Zeremonie zur Meldung der Einsatzbereitschaft des ersten Systems an dem Standort. IRIS-T SLM soll ein zentraler Bestandteil der europäischen Flug- und Raketenabwehr (European Sky Shield) werden und die multinationale Ausbildung in Todendorf eine Schlüsselrolle dabei spielen. Im Ukraine-Krieg hat sich IRIS-T SLM gegen die heimtückischen russischen Luftangriffe oft bewährt.
Die Bundeswehr stärkt durch den Erwerb ihre Flug- und Raketenabwehr, die in den vergangenen Monaten stark dezimiert wurde, weil die deutschen Streitkräfte drei ihrer insgesamt zwölf Patriot-Luftverteidigungs-Batterien mittlerweile an die Ukrainer abgegeben haben. Man muss beachten: Nicht alle Luftabwehrsysteme sind in der Regel gleichzeitig einsatzbereit und müssen hin und wieder auch gewartet werden. So wird die Vorstellung des IRIS-T SLM auch als neuerliches Signal zur Abschreckung gegen das Moskau-Regime von Wladimir Putin gewertet.
IRIS-T-SLM | |
---|---|
Waffentyp: | defensives Luftabwehrsystem |
Indienststellung: | 2022 |
Abschuss-Fahrzeug: | MAN SX45 (in der Regel) |
Abschussbehälter: | 8 Stück je Militär-Fahrzeug |
Geschwindigkeit Lenkflugkörper: | Mach 3 (3704,4 km/h) |
Reichweite Rakete: | bis zu 40 Kilometer |
Dienstgipfelhöhe: | 20 Kilometer |
Gefechtsgewicht einer Rakete: | 110 Kilogramm (inklusive 11,4 kg Splittergefechtskopf) |
Zielortung: | Infrarotsuchkopf |
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Abschreckung gegen Wladimir Putin? Luftabwehr Deutschlands weist Lücken auf
Es gibt jedoch einen erheblichen Haken. Weil der deutsche Rüstungsbauer Diehl Defence zuletzt wohl mit Schwerpunkt im Auftrag der Ampel-Koalition für die Ukraine produziert hat, verzögern sich die Auslieferungen an die Truppe in Deutschland deutlich. So soll die Bundeswehr bis 2027 zwar sechs weitere Luftabwehrsysteme IRIS-T SLM erhalten – aber eben in einem Zeitraum von drei Jahren. Da die 110 Kilogramm schweren und gleichnamigen Boden-Luft-Lenkwaffen IRIS-T zudem eine begrenzte Reichweite von 40 Kilometern haben, lässt sich mit einem Flugabwehrsystem nur ein entsprechender Radius gegen Luftangriffe schützen.
Die Flugabwehrraketen-Systeme MIM-104 Patriot haben je Einheit eine Reichweite von bis zu 160 Kilometern. Es dürfte somit nicht unwesentliche Lücken im Luftverteidigungsnetzwerk Deutschlands und seiner Nachbarn geben, bedenkt man etwa, dass einzig die Bundesrepublik eine Fläche von 357.588 Quadratkilometern hat.
Wenn es einen umfassenden Angriff mit ballistischen Raketen auf eine größere Stadt (...) in Deutschland geben sollte, würden geschätzt zwei Drittel dieser Raketen ihre Ziele erreichen.
Luftverteidigung in Deutschland: Experte sieht „wenige Kapazitäten“
Bezeichnend: „Naja, sagen wir mal so: Wir haben jetzt eine IRIS-T bekommen. Wir sollen sechs bekommen. Das reicht natürlich alles noch lange nicht. Wir sind ja dabei, in EU-Europa ein Luftverteidigungssystem aufzubauen“, erklärte Militärexperte Prof. Carlo Masala von der Universität der Bundeswehr in München dem „Morgenmagazin“ des ZDF: „Das war eine Initiative von Olaf Scholz, relativ schnell nach dem 24.02.2022. Und wenn das alles kommt, dann wird Europa vor Angriffen durch Raketen wesentlich besser geschützt sein, als das gegenwärtig der Fall ist.“
Masala warnte jedoch eindringlich: „Wir wären im Moment blank. Wenn es einen umfassenden Angriff mit ballistischen Raketen auf eine größere Stadt oder auf mehrere große Städte in der Bundesrepublik Deutschland geben sollte, würden geschätzt zwei Drittel dieser Raketen ihre Ziele erreichen, weil wir wesentlich zu wenige Kapazitäten haben, um uns gegen diese Angriffe zu verteidigen.“ (pm)