„Ahnungslos“: Wieder geht Habeck in Migrationsfragen auf Merz und Söder los

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Nach den Landtagswahlen in Ostdeutschland beklagt Habeck einen grundlegenden Wertezerfall bei der CDU. Nach Merkel habe sich die Partei verändert.

Potsdam – Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat der CDU eine „erschreckende“ Bereitwilligkeit zum Populismus vorgeworfen. „Die Union, sie weiß nicht mehr, wo sie hin will“, sagte Habeck bei einer Wahlkampfveranstaltung in Potsdam. Solange „Merkel dort das Heft in der Hand hatte“, habe man in der Partei etwa gewusst, „was sich gehört“. Nun werde die „Merkel-Lücke“ jeden Tag größer. Die CDU versuche, dem Populismus hinterherzulaufen. 

Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Vizekanzler und Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, spricht auf einer Wahlkampfveranstaltung der Partei der Bündnis 90/Die Grünen Thüringen.
In der Migrationsdebatte ziemlich abgekämpft: Wirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne). © Hannes P. Albert/dpa

Habeck nach den Landtagswahlen: „Der Kompass ist komplett durcheinander geraten“

Sein „eigentliches Erschrecken“ nach den Landtagswahlen in Sachsen und in Thüringen sei gewesen, wie politische Parteien mit einer stolzen Tradition dem „scheinbar Populären hinterher bellen“. „Der Kompass ist komplett durcheinander geraten“, betonte Habeck. Wer dem Populismus hinterherrede, der schwäche diesen nicht, sondern stärke ihn. „Das ist die eigentliche Lektion der Wahlen in Sachsen und in Thüringen.“ 

Mit Blick auf den Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU hinsichtlich einer Zusammenarbeit mit den Linken im Landtag sagte der Grünen-Politiker: Der amtierende Linken-Ministerpräsident Bodo Ramelow sei „im Kern eigentlich nur ein Gewerkschaftler“. Das sei linke Sozialdemokratie, die die Linke in Thüringen anbiete. „Aber mit Sahra Wagenknecht und dem BSW soll es gehen?“, so Habeck. Eine Frau, die 1989 noch in die SED eingetreten sei und die Putin hinterherlaufe. Das könne doch keine bessere Allianz sein als mit den Linken oder den Grünen, so Habeck. Die Thüringer CDU hatte angekündigt, erste Gespräche mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht über eine mögliche Zusammenarbeit führen zu wollen.

Union fordert Ausrufung eines „nationalen Notstands“

Zu Forderungen der Union in der Migrationsdebatte sagte Habeck: „Das Irrlichtern macht auch nicht vor Sachthemen halt.“ Über die technische Ebene und über notwendige Instrumente müsse man womöglich reden. Aber Vorschläge wie von CDU-Parteichef Friedrich Merz und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) seien gefährlich und würden Europa beschädigen. „Das ist einfach ahnungslos, was dort gesagt wurde“. 

Die Bundesregierung hatte – auch als Reaktion auf den Anschlag in Solingen – Verschärfungen in der Asyl- und Migrationspolitik angekündigt, die der Union aber nicht weit genug gehen. CDU-Chef Friedrich Merz legte der Regierung stattdessen das Ausrufen einer „nationalen Notlage“ nahe, die es erlauben würde, Geflüchtete an der deutschen Grenze zurückzuweisen. Söder hatte das aktuell geltende Asylrecht infrage gestellt. „Wir müssen das Asylrecht ändern, es ist nicht mehr zeitgemäß. Wir müssen all jene an den deutschen Grenzen zurückweisen können, die klar erkennbar keinen Anspruch auf Schutz haben“, hatte Söder der „Welt am Sonntag“ gesagt.

Prinzipien kann man laut Habeck nicht einfach „auf dem Altar des Populismus opfern“

Laut dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge haben 2023 in den ersten zehn Monaten 183.000 volljährige Personen in Deutschland einen ersten Asylantrag gestellt. Im Lagebericht zur Schleusungskriminalität des Bundeskriminalamts und der Bundespolizei sind für dasselbe Jahr knapp 266.000 Tatverdächtige wegen unerlaubter Einreise und unerlaubten Aufenthalts vermerkt. Insgesamt suchen aktuell circa drei Millionen Menschen in Deutschland Schutz, mehr als ein Drittel davon sind minderjährig oder über 64 Jahre alt. Geflüchtete machen 3,7 Prozent der Bevölkerung der Bundesrepublik aus.

„Was ist da eigentlich los?“, rief Habeck in Potsdam. Die Union wisse jeden Tag weniger, was sie tue. Die Prinzipien – die DNA dieser Republik – hingen daran, dass diejenigen, die verfolgt würden, auch einen Anspruch auf Schutz haben, sagte der Minister aus. „Das kann man nicht einfach auf dem Altar des Populismus opfern, ohne sich an der DNA dieses Landes zu versündigen.“ (ah mit dpa)

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