„Dürfen nicht alles verbieten“: Lehrer setzen sich mit KI als Chance und Herausforderung auseinander

  1. Startseite
  2. Lokales
  3. Weilheim
  4. Weilheim

KommentareDrucken

Diskutierten zum Thema KI in der Schule (v.li.): Max Thinius, Dirk von Gehlen, Prof. Dr. Tilman Michaeli, Gerd Nitschke, Matthias Stein und Florian Rampelt. © Ursula Gallmetzer

Rund 300 Lehrer aus der Region setzten sich bei einem Kongress mit dem Thema „Künstliche Intelligenz“ (KI) auseinander. Unter anderem bei einer Podiumsdiskussion.

Weilheim - Unter dem Titel „Die Welt ändert sich – die Bildung auch?“ wurde zur Gesprächsrunde geladen. „Ich glaube nicht, dass KI den Lehrer ersetzt“, sorgte Max Thinius gleich zu Beginn für Erleichterung bei vielen Pädagogen im vollen Theatersaal. Dennoch sei es unerlässlich, sich mit der Sache zu beschäftigen. „Wir wollen nicht vorgeben, was Sie über KI zu denken haben“, stellte der Futurologe, der als Moderator fungierte, klar. Jeder könne sich das Passende für sich heraussuchen und dort einsetzen, wo es möglich und sinnvoll erscheint.

„Es gibt immer die, die noch Angst haben“, wusste Gerd Nitschke, Vize-Präsident des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands, zu berichten. Jedoch, so zeigte er sich erfreut, seien viele Lehrer offen für die sich wandelnden Technologien und würden sie in vielen Bereichen schon einsetzen. KI könnte zum Beispiel Organisatorisches wie Elternbriefe perfekt unterstützen. „Wir müssen ein Repertoire schaffen, mit dem wir dann arbeiten können“, sprach er sich für die Nutzung von KI aus.

Eigene Schulzeit nicht als Maßstab für Kinder nehmen

„Das Thema KI wird die Schule verändern“, war sich Matthias Stein, der am Bayerischen Kultusministerium für digitale Bildung zuständig ist, ebenfalls sicher. Vielmehr sei das Thema aber in der gesamten Gesellschaft relevant. Dem pflichtete Dr. Tilman Michaeli von der „TUM School of Social Sciences and Technology“ bei: „Die KI wird mehr im Leben als im Unterricht verändern.“ Eine „assistive Funktion, die uns vieles erleichtern wird“, prophezeite er dem Einsatz der KI im schulischen Bereich.

Es ist erwünscht, dass Schüler KI verwenden.

„Wir haben gerade angefangen, digitale Transformation zu verstehen“, ergänzte Dirk von Gehlen, der als „Director Think Tank” des SZ-Instituts tätig ist. „Die KI zwingt uns nun, den nächsten Schritt zu gehen“, zeigte der Journalist auf. Dabei sei es besonders wichtig, die „eigene Schulzeit nicht als Maßstab für unsere Kinder zu nehmen“.

Bezüglich der „future skills“ sei es für die Lehrer nicht das Kernthema, neue KI-Kompetenzen zu erwerben, sagte Florian Rampelt, Geschäftsstellenleiter des „KI-Campus“. „Future skills bedeutet anzunehmen, dass Schüler Experten sind in Bereichen, in denen ich das nicht bin“, so sein Rat für alle Lehrkräfte im Umgang mit den neuen Entwicklungen.

Digitalisierung in vielen Klassen bereits angekommen - aber Änderungen erforderlich

„Es gibt einen blinden Fleck“, verdeutlichte von Gehlen. Denn Veränderung geschehe oft ganz nebenbei und unbemerkt. „Wir gucken sehr schnell darauf, was nicht geht und übersehen, dass wir vieles schon gut können“, lobte er, dass die Digitalisierung in vielen Klassen schon längst angekommen sei. In diesem Kontext sei nicht notwendig, dass alles immer richtig gemacht werde, so wie es meist der Anspruch in Schulen sei. „Es wäre schön, wenn wir zum besser werden kommen, statt zum richtig machen“, forderte von Gehlen ein Umdenken. Denn richtig sei oftmals gleichzusetzen mit unauffällig. „Es ist in Ordnung, wenn der Lehrer nicht der Schlauste im Raum ist“, betonte er.

„Wir müssen sicherstellen, dass junge Menschen ihre eigene Rolle reflektieren und Unsicherheiten anerkennen“, ermutigte Rampelt und kritisierte zugleich die derzeitige Prüfungsstruktur, die es zu verändern gelte. „Wir müssen anerkennen, dass wir nicht alles verbieten können“, ermutigte er zum Einsatz der KI. Es müsse darüber nachgedacht werden, wie aus Metastrukturen Individuelles entwickelt werden könne, verdeutlichte auch Michaeli.

Kritisches Hinterfragen von Informationen vermitteln

Dabei müsse die Sicherheit der Schüler jedoch höchste Priorität haben, forderte Nitschke. Lehrer und Schulleitungen, auf die Entscheidungen zum Einsatz mobiler Endgeräte und derer Funktionen abgewälzt würden, bräuchten eine Orientierung. Der KI-Leitfaden des Freistaates soll dies leisten, so Stein. Denn es sei erwünscht, dass Schüler KI verwenden.

Dafür sei es jedoch unerlässlich, ihnen die nötigen Kompetenzen und das technische Basisverständnis zu vermitteln. Dazu gehöre das kritische Hinterfragen der Glaubwürdigkeit von Informationen. „Es ist unser Auftrag, den Schülern das zu vermitteln“, so Nitschke Appell. Angesichts des vollen Raumes sei deutlich, dass sich viele schon auf diesen Weg gemacht hätten, freute er sich.

„Es sind bereits viele innovative Ideen unterwegs“, lobte auch Stein und wandte sich an die Anwesenden: „Ich ermutige dazu, weiter auszuprobieren.“ „Wir müssen uns damit auseinandersetzen“, konstatierte Rampelt gleichermaßen. Dafür sei jedoch viel Offenheit und kritische Distanz nötig. Klar war für ihn: „Wir müssen die Schüler auf die Welt von morgen vorbereiten.“

Digitale Vollausstattung in jedem Zimmer

„Über die Fragen der Digitalisierung ist die Wilhelm-Conrad-Röntgen-Schule längst hinaus“, heißt es auf der Homepage der Weilheimer Mittelschule. Denn hier wurde die Relevanz von neuen Technologien und ihr Einsatz längst erkannt. Die Schule nimmt unter anderem am Pilotprojekt „Digitale Schule der Zukunft“ des Kultusministeriums teil. Der Blick im Unterricht geht daher in Richtung eines Grundverständnisses von IT-Technologie und KI. Vor allem steht aber auch die Vermittlung einer digitalen Ethik, insbesondere in Hinblick auf die sozialen Netzwerke, im Fokus.

Daher gibt es an der Schule digitale Vollausstattung in jedem Klassenzimmer, einen „GreenScreenRoom” einen „Active Floor“, mobile iPad-Koffer, eine weitgehend papierlose Verwaltung, vier moderne Computerräume, programmierbare Roboter und Minicomputer, einen 3D-Drucker und dazu passende Fortbildungen für die Lehrkräfte. Außerdem existieren mehrere iPad-Klassen. Medienscouts und eine Social-Media-Sprechstunde sollen bei Problemen helfen.

Bei einer Abiturfeier im vergangenen Jahr in Penzberg hat der Schulleiter bereits testweise auf eine künstliche Intelligenz zurückgegriffen. Und auch an der Realschule kam ChatGPT für eine Rede zum Einsatz, allerdings mit dem Ergebnis, dass es „nicht die hellste Kerze unter den künstlichen Intelligenzen“ ist.

Auch interessant

Kommentare

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

wir erweitern den Kommentarbereich um viele neue Funktionen. Während des Umbaus ist der Kommentarbereich leider vorübergehend geschlossen. Aber keine Sorge: In Kürze geht es wieder los – mit mehr Komfort und spannenden Diskussionen. Sie können sich aber jetzt schon auf unserer Seite mit unserem Login-Service USER.ID kostenlos registrieren, um demnächst die neue Kommentarfunktion zu nutzen.

Bis dahin bitten wir um etwas Geduld.
Danke für Ihr Verständnis!