Zwei Jahre nach Zugunglück: Erneuter Zwischenfall am Peitinger Bahnhof wirft Fragen auf
Gut zwei Jahre ist das Unglück auf der Pfaffenwinkelbahn her, bei dem vor dem Bahnhof Peiting-Ost ein Zug entgleiste. Die Passagiere kamen damals mit dem Schrecken davon. Nun wirft ein Zwischenfall an gleicher Stelle erneut Fragen nach der Sicherungstechnik auf.
Peiting – Es ist 7.30 Uhr in der Früh, als am 10. Januar 2023 in Peiting die Sirenen ertönen. Die Nachricht, die schnell die Runde macht, lässt zu diesem Zeitpunkt Schlimmes befürchten. Zahlreiche Rettungskräfte eilen zum Bahnhof Ost, wo ein Zug der BRB aus den Gleisen gesprungen ist. Bald ist klar: Die rund 50 Insassen, darunter viele Schüler auf dem Weg zur Schule, hatten Glück im Unglück. Sie blieben unverletzt.
Unfreiwilliger Halt vor dem Bahnhof
Bei den Ermittlungen zur Ursache des Unglücks rückt schnell die Weiche in den Fokus, die der Triebwagen vor Einfahrt in den Bahnhof passiert hatte. Die Rückfallweiche, die sich eigentlich in einer sogenannten Endlage hätte befinden sollen, wies nach ersten Erkenntnissen eine Störung auf und hätte deshalb nicht befahren werden dürfen. Warum es der Lokführer doch tat, erklärte die BRB nach dem Unglück mit den schlechten Sichtverhältnissen. Wegen des herrschenden Schneegestöbers habe dieser das Signal, das eine Störung anzeigte, übersehen.
Fast genau zwei Jahre später hat sich nun erneut ein Zwischenfall an gleicher Stelle ereignet. Bei der abendlichen Fahrt einer BRB-Bahn von Weilheim nach Schongau zeigte das Signal vor dem Peitinger Bahnhof wieder eine Störung an besagter Weiche an. Diesmal hielt der Lokführer den Zug vorschriftsgemäß an.
Weil ein Techniker der Deutschen Bahn, die für die Infrastruktur verantwortlich zeichnet, in Peißenberg greifbar war, konnte das Problem binnen einer halben Stunde behoben werden. Ursache war diesmal nach Informationen der Heimatzeitung nicht die Weiche selbst, sondern eine durchgebrannte Birne im Überwachungssignal. Die vor Peiting verwendete Technik zeigt eine Störung an, indem das Signallicht erlischt und nicht etwa auf Rot schaltet.
In einer Anfrage bestätigt die Bahn den Vorfall. Weil die Weiche keine Endlage gemeldet habe, sei die Weiterfahrt der Züge kurzfristig gestoppt und Techniker mit der Entstörung beauftragt worden. „Unsere Technikteams rücken in solchen Fällen kurzfristig aus.“
Peiting-Ost als Endbahnhof im Störungsfall?
Immer wieder kommt es auch ohne eine Weichenstörung wie zuletzt vor dem Bahnhof Peiting-Ost zu Zugausfällen auf der Pfaffenwinkelbahn. Besonders ärgerlich ist das für Reisende, wenn, wie zuletzt öfters passiert, die Ursache auf der Strecke zwischen Peiting und Schongau liegt. Denn auch in diesen Fällen endet die Fahrt in Peißenberg statt in Peiting. Im Rathaus hat man deshalb bereits Kontakt mit der Bahn aufgenommen. Denn eine solche Lösung hätte laut Bürgermeister Peter Ostenrieder mehrere Vorteile. Zum einen ließe sich ein Schienenersatzverkehr leichter organisieren, weil er nur die Strecke zwischen der Marktgemeinde und der Nachbarstadt beträfe. Zum anderen hätten auch die Reisenden kürzere Wege zum Zug. Bei der Bahn zeigt man sich durchaus offen für eine Änderung der derzeit geltenden Regelungen. „Ob im Störungsfall vorzeitig wendende Züge nicht zumindest bis Peiting-Ost fahren können, statt sie nur bis Peißenberg fahren zu lassen, prüfen wir aktuell.“
Glück für die ausharrenden Fahrgäste: Sie blieben damit von weiteren Unannehmlichkeiten verschont. Denn ohne eine zeitnahe Reparatur hätte der Zug laut Vorschrift in langsamem Tempo nach Peißenberg zurücksetzen müssen.
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Auch wenn der Zwischenfall diesmal für alle Beteiligten glimpflich ablief, stellt sich damit erneut die Frage nach der Sicherheit. Kritisiert wurde von Fachleuten schon nach dem Unglück, dass keine zusätzliche Sicherungstechnik die Weiterfahrt des Zugs verhinderte. Von einer „halbgaren Billig-Lösung“ war die Rede.
Konsequenzen hat man bei der Bahn bislang aber offenbar nicht gezogen. Auf eine entsprechende Anfrage teilt eine Sprecherin lediglich mit, dass die Weiche erneuert wurde und das Unglück sowohl durch den Eisenbahnbetriebsleiter als auch durch die zuständigen Ermittlungsbehörden aufgearbeitet worden sei – mit dem Ergebnis, dass den Fahrdienstleiter keine Schuld treffe. „Weitergehende Änderungen an der Technik vor Ort sind zum aktuellen Zeitpunkt nicht geplant.“
Verfahren gegen Lokführer eingestellt
Das könnte sich allerdings noch ändern: Denn nach dem Zug-Unglück in Peiting hat sich auch die Bundesstelle für Eisenbahnunfalluntersuchung eingeschaltet. Ihr Abschlussbericht steht noch aus. Wann die Ergebnisse vorliegen, könne man noch nicht sagen, teilt man auf Anfrage mit. Ziel der laufenden Untersuchung sei es, „die Ursachen des Ereignisses zu finden und mögliche Verbesserungen für das Eisenbahnsystem abzuleiten“.
Das Verfahren gegen den Triebwagenführer wegen fahrlässiger Körperverletzung ist dagegen zwischenzeitlich eingestellt worden. Das teilt die Staatsanwaltschaft München auf Anfrage mit. „Da insbesondere die entstandenen Verletzungsfolgen im unteren Bereich lagen, war nach einer Gesamtabwägung aller Umstände die Schuld im Vergleich zu ähnlich gelagerten Fällen als gering anzusehen.“