Nächster Vorstoß: Erst Kursk, dann Belgorod – Ukraine dringt in weitere Grenzregion vor

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Zivilisten aus der Region Kursk evakuiert. (Archivbild) © Uncredited/Acting Governor of Kursk region Alexei Smirnov telegram channel/AP/dpa

Die ukrainische Armee dringt im Gebiet Kursk weiter vor. Aber auch in der Region Belgorod scheinen jetzt Truppen unterwegs zu sein.

Kiew, Moskau – Ukrainische Truppen sollen Berichten zufolge eine weitere russische Grenzregion betreten haben. Laut Informationen aus sozialen Medien und Videoaufnahmen könnten ukrainische Einheiten mittlerweile mehr als zehn Kilometer auf russisches Territorium vorgedrungen sein. Die Situation in der Region hat dazu geführt, dass tausende Zivilisten aus den Bezirken um die Stadt Sudzha evakuiert wurden. Am Samstag wurde auf dem Nachrichtendienst Telegram ein Video veröffentlicht, das angeblich ukrainische Truppen in der weiter nördlich gelegenen Region Belgorod zeigt.

Angesichts des Vorstoßes der ukrainischen Armee in der westrussischen Grenzregion Kursk haben die dortigen Behörden nach eigenen Angaben mehr als 76.000 Menschen in Sicherheit gebracht. Russische und ukrainische Truppen lieferten sich am Samstag bereits den fünften Tag in Folge Gefechte. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj äußerte sich erstmals zu der Offensive und sagte, Kiew versuche, den Krieg nach Russland zu „verlagern“. Die russischen Behörden kündigten Anti-Terroreinsätze in drei Grenzregionen an. 

Selenskyj bestätigt Verlagerung des Krieges nach Russland

Kiew hatte mehrere Tage zu dem Vorstoß geschwiegen, am Samstagabend sagte Selenskyj schließlich, Oberbefehlshaber Oleksandr Syrsky habe „Bericht erstattet über die Front, unser Vorgehen und über die Verlagerung des Krieges auf das Territorium des Aggressors“. Die Ukraine beweise damit, dass sie „Gerechtigkeit schaffen und Druck auf den Aggressor ausüben“ könne, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Ansprache und dankte den beteiligten Soldaten.

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Erstmals seit Beginn der Kursk-Offensive meldet sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj über den Vormarsch in Russland zu Wort (Archivbild) © Susan Walsh/AP/dpa

„Mehr als 76.000 Menschen sind vorübergehend an sicheren Orten untergebracht worden“, zitierte die staatliche Nachrichtenagentur Tass einen Vertreter des Katastrophenschutzministeriums der Region. Für die Flüchtenden wurden zusätzliche Züge in die Hauptstadt Moskau eingesetzt, außerdem wurden Hilfsgüter in das Grenzgebiet gebracht.

Die russischen Behörden gaben derweil den Beginn von Anti-Terror-Einsätzen in den drei Grenzregionen Belgorod, Brjansk und Kursk bekannt. Sicherheitskräfte und Armee erhalten damit weitreichende Befugnisse. Die Bewegungsfreiheit der Bürger wird eingeschränkt, Fahrzeuge können beschlagnahmt, Telefongespräche abgehört und bestimmte Gebiete für den Zugang gesperrt werden.

Russland startet Anti-Terror-Operationen in Grenzregionen Belgorod, Kursk und Brjansk

Als Reaktion auf die Entwicklungen im Ukraine-Krieg erklärten die russischen Behörden am Freitag in den Regionen Belgorod, Kursk und Brjansk den Start einer Anti-Terror-Operation. Das russische Anti-Terror-Komitee unter Leitung von FSB-Direktor Alexander Bortnikov gab an, dass diese Maßnahmen auf den „beispiellosen Versuch der Ukraine, die Lage in mehreren Regionen unseres Landes zu destabilisieren“, zurückzuführen seien. Das Verteidigungsministerium in Moskau teilte am Samstag mit, es setze zur Bekämpfung des ukrainischen Militärs auf russischem Territorium Flugzeuge und Artillerie ein. Der russische Generalstab hatte zunächst erklärt, es seien mehr als tausend ukrainische Soldaten, ein Dutzend Panzer und etwa 20 weitere gepanzerte Fahrzeuge in die Region Kursk eingedrungen. Am Samstag gab das russische Militär bekannt, die fünffache Menge an ukrainischen Kriegsgerät zerstört zu haben. 

Ukraine-Krieg: Kämpfe in Kursk fordern Todesopfer – Belarus verstärkt Truppen an ukrainischer Grenze

Nach Angaben der russischen Behörden vom Dienstag wurden bei den Kämpfen in Kursk fünf Menschen getötet und 55 weitere verletzt. Die Ukraine teilte mit, sie habe 20.000 Menschen aus der an Kursk grenzenden Region Sumy evakuiert. In der nordöstlichen Region Charkiw wurden den Behörden zufolge am Samstag drei Menschen getötet. 

Das mit Russland verbündete Belarus gab bekannt, seine Einheiten an der ukrainischen Grenze zu verstärken. Um auf „jede mögliche Provokation“ vorbereitet zu sein, würden zusätzliche Truppen und Raketen in die südliche Grenzregion Gomel entsandt, gab das belarussische Verteidigungsministerium im Online-Dienst Telegram bekannt.

Kursk: Rosatom warnt vor „realer“ Gefahr ukrainischer Angriffe auf Atomkraftwerk

Die russische Atomenergiebehörde Rosatom warnte, die Gefahr von Angriffen der ukrainischen Armee auf das Atomkraftwerk in Kursk sei „real“. „Die Handlungen der ukrainischen Armee stellen eine direkte Bedrohung dar“, erklärte Rosatom laut Staatsmedien mit. Das Akw Kursk befindet sich nahe der Stadt Kurtschatow, die etwa hundert Kilometer von der russischen Grenze zur Ukraine entfernt liegt. Auch der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, hatte vor der Gefahr gewarnt und „alle Parteien zu maximaler Zurückhaltung“ aufgerufen, um einen Atomunfall zu vermeiden. (dpa/jal)

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