Rente wie in Österreich: Beamte in die Rentenkasse zahlen lassen „würde endlich Gerechtigkeit bringen“
Der Unterschied zwischen gesetzlicher Rente und einer Beamtenpension sorgt schon lange für Ärger. Eine Reform könnte für mehr Gerechtigkeit sorgen.
München – Die Rente in Deutschland ist reformbedürftig. Das liegt vor allem am demografischen Wandel und der sinkenden Produktivität im Land, bedingt (in Teilen) durch den Fachkräftemangel. Durch das Umlagesystem reichen die Finanzen der Deutschen Rentenversicherung nicht mehr aus, um nach vielen Jahrzehnten im Job Ruheständlern eine ausreichende Rente zu zahlen. Nach 45 Jahren Arbeit erhalten die meisten Menschen nur 1200 Euro an Rente im Monat.
Rente niedriger als Pension: Reform wie in Österreich gefordert
Immer wieder ist in der Debatte daher die Rede von Beamtenpensionen. Die bekommen nämlich im Schnitt deutlich mehr Geld im Alter als gesetzlich Versicherte. Wie viel sie erhalten, hängt von verschiedenen Faktoren ab, unter anderem auch, in welcher Besoldungsgruppe, wie viele Jahre und in welchem Bundesland sie angestellt waren. Ein Bundesbeamter erhält im Durchschnitt nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 3.300 Euro brutto im Monat.
Gefordert wird daher immer wieder, das zweiklassige System zwischen Beamtenversorgung und gesetzlicher Rente abzuschaffen und alle in ein einheitliches System einzahlen zu lassen. Zu den Befürworterinnen gehört die Politikerin Sahra Wagenknecht, die eine Rente nach dem Vorbild Österreichs fordert. Im Nachbarland zahlen nämlich alle Erwerbstätigen in die gleiche Rentenkasse ein.
Im Schnitt erhalten Ruheständler in Österreich auch wesentlich mehr Geld. Die durchschnittliche Rente für Männer liegt bei rund 2000 Euro, die für Frauen bei 1.250 Euro, alle erhalten 14 Rentenauszahlungen im Jahr. Die Erhöhungen richten sich nach der Inflation.
Beamte in die Rentenkasse einzahlen lassen wie in Österreich: „Würde Gerechtigkeit bringen“
Allerdings werden dabei in der Regel zwei Elemente ausgeblendet: Zum einen zahlen die Versicherten in Österreich auch mehr in die Rentenkasse ein. Der Beitragssatz liegt bei 22,8 Prozent (in Deutschland: 18,6 Prozent), wovon 10,25 Prozent die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen tragen, der Rest wird vom Arbeitgeber übernommen. Zweitens erhalten Rentner in Österreich erst nach 15 Jahren Einzahlung auch Anspruch auf eine Rente. In Deutschland ist man bereits nach fünf Jahren rentenberechtigt.
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Doch würde sich eine Reform der Rente nach österreichischem Vorbild lohnen? Nein, sagt zumindest Axel Börsch-Supan, Demografie- und Rentenexperte sowie Professor für „Economics of Aging“. Sie würde nach seinen Berechnungen nicht zu höheren Renten für alle führen und auch keine Entlastung für die Rentenkasse sein. Trotzdem ist er dafür, dass Beamte doch in die gesetzliche Rentenkasse einzahlen: „Denn es würde endlich Gerechtigkeit bringen“, sagt er.
Wenn Beamte in die Rentenkasse einzahlen, würde zwar mehr Geld in die Kassen fließen. „Aber Beamte würden auch sehr viel kosten. Sie leben im Schnitt länger, verdienen im Schnitt relativ viel und sie sind viele“, so der Ökonom bei einer Veranstaltung zum Thema Rente im Haus der Bayerischen Wirtschaft.
Eine Rente für alle: Beamte würden Rentenkasse kaum (oder gar nicht) entlasten
Aktuell gibt es 1,8 Millionen Menschen in Deutschland, die eine Pension erhalten. Weitere 1,9 Millionen werden in den kommenden Jahren dazukommen, so viele Menschen arbeiten nämlich 2024 als Beamte und Richter nach Angaben des Statistischen Bundesamtes. Dem gegenüber stehen im Jahr 2024 rund 22 Millionen Rentner und Rentnerinnen.
Würden alle 1,9 Millionen Beamte theoretisch von jetzt auf gleich anfangen, in die Rentenkassen einzuzahlen, würde das bei einem durchschnittlichen Beamtengehalt von 3.535 Euro im Monat Mehreinnahmen von 1,2 Milliarden Euro im Monat an die Rentenkasse bedeuten (bei einem Rentenbeitrag von 18,6 Prozent). 2023 hat die Rentenkasse 359,6 Milliarden Euro insgesamt ausgegeben. Allerdings muss hier betont werden, dass dies eine Beispielrechnung ist, die sehr stark vereinfacht wird – in der Realität würden die Beiträge je nach Gehältern natürlich anders aussehen.
All diese Menschen müssten aber auch später mit einer Rente versorgt werden – und das im Schnitt sehr lange, wie Professor Börsch-Supan auch betont. Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) hatte 2021 festgestellt, dass Beamte mit 65 Jahren eine Restlebenserwartung von durchschnittlich 21,52 Jahren haben. Arbeiter und Arbeiterinnen hingegen leben im Schnitt nur noch 15,89 Jahre lang, wenn sie das 65. Lebensjahr erreicht haben. Angestellte und Selbstständige leben nach 65 Jahren noch weitere 19 Jahre, wie die Studie ergibt.
Pension vs. Rente: Warum Beamte trotzdem einzahlen sollten
Beamte würden die Rentenkasse also nicht wesentlich entlasten. Gut möglich, dass sie sie sogar eher zusätzlich belasten würden. Dennoch würde eine solche Reform der Rentenkasse vermutlich dem Gerechtigkeitsempfinden der Bürgerinnen und Bürger zuträglich sein.
Denn die Regelung, dass Beamte anders versorgt werden als Angestellte oder Arbeiter, ist wohl nicht mehr zeitgemäß. Ursprünglich diente das System als Anreiz für Beschäftigte, in den Staatsdienst zu gehen, obwohl sie dort weniger Gehalt zu erwarten hatten. Wer sich also 45 Jahre lang verpflichtete, für weniger Geld dem Staat zu dienen, würde im Alter besser versorgt werden, so der Deal.
Doch durch die immer höher werdenden Löhne im öffentlichen Dienst hat sich dieses Verhältnis mit den Jahren verschoben. Viele Beamte verdienen mittlerweile besser oder genauso gut wie Angestellte. Eine Umfrage der Bundesbank im Jahr 2023 hat zum Beispiel ergeben, dass Beamte ein Mediangehalt von 79.900 Euro brutto im Jahr hatten, während Angestellte auf 58.400 Euro brutto im Jahr kamen.