Plötzliche EU-Rache im Handelskrieg mit Trump – doch eine Hintertür bleibt offen

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Die EU hofft, einen Handelskrieg mit den USA vermeiden zu können. Vor Vergeltungsmaßnahmen schreckt der Staatenbund aber wohl nicht zurück.

Straßburg – Entscheidende Wochen stehen der EU bevor. Im Handelsstreit mit den USA. Noch besteht die Hoffnung, die Strafzölle abwenden zu können, die US-Präsident Donald Trump erst verhängte, um sie dann für 90 Tage auszusetzen und Raum für Verhandlungen zu schaffen. Doch Europa bereitet sich auch auf den Fall vor, dass die Sonderabgaben von 20 Prozent auf Exporte in die Vereinigten Staaten von Washington wieder in Kraft gesetzt werden.

Bereits zuvor waren ebenfalls Gegenmaßnahmen verabschiedet worden, die jedoch auch auf Eis liegen. Aus den USA werden aktuell allerdings 25 Prozent auf Stahl, Aluminium und Autos verlangt, auf fast alle anderen Produkte werden zehn Prozent erhoben. Verhandlungen über den künftigen Umgang miteinander sind bis zum 8. Juli angesetzt.

EU im Handelsstreit mit Trump: „Wir brauchen jetzt die Bereitschaft der USA“

Alle Optionen bleiben auf dem Tisch“, sagte Handelskommissar Maros Sefcovic bei einer Rede im Europäischen Parlament in Straßburg zur aktuellen Lage. Dem Slowaken zufolge bevorzugen die Europäer eindeutig eine Verhandlungslösung. Er betont aber auch: „Wir brauchen jetzt die Bereitschaft der USA, Fortschritte auf dem Weg zu einer fairen und ausgewogenen Lösung zu machen.“

Setzt auf die Stärke der EU: Handelskommissar Maros Sefcovic muss sich mit den von den USA angedrohten Strafzöllen befassen. © IMAGO / Martin Bertrand, IMAGO / Markus Tischler

In Richtung Washington machte Sefcovic aber auch deutlich: „Wir fühlen uns nicht schwach.“ Dazu passt ein Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg, wonach die EU zusätzliche Zölle auf US-Waren im Wert von rund 100 Milliarden Euro auf den Weg bringen will, enden die Gespräche nicht mit einem zufriedenstellenden Ergebnis. Demnach sollen den Mitgliedsstaaten an diesem Mittwoch (7. Mai) die vorgeschlagenen Vergeltungsmaßnahmen aufgezeigt werden, allerdings sei die Liste nicht final und Änderungen binnen eines Monats möglich.

Gerade erst hatte eine Umfrage unter deutschen Mittelständlern gezeigt, dass viele von ihnen Nachteile infolge möglicher EU-Gegenzölle befürchten. Dabei geht der Blick auch auf Zulieferer und Partner.

EU und die Trump-Zölle: Ausmaß könnte mehr als 500 Milliarden Euro betragen

Sefcovic nutzte seine Rede auch, um vor möglichen weiteren US-Zöllen auf Waren aus der EU zu warnen. Washington würde dazu gerade mehrere Untersuchungen führen und diese mit der nationalen Sicherheit begründen. So könnten zusätzlich Exporte im Wert von 170 Milliarden Euro von Zöllen betroffen werden. Im Fokus stünden etwa Halbleiter, Arzneimittel und Rohstoffe.

Sollten diese zusätzlichen Zölle kommen, wären insgesamt rund 549 Milliarden Euro an EU-Exporten mit Zöllen belegt. Laut Sefcovic „ein gewaltiges Ausmaß“. Nach aktuellem Stand seien 70 Prozent der Ausfuhren in die USA betroffen, der Wert könnte auf 97 Prozent steigen.

Donald Trump sitzt und gestikuliert
Zwingt die Handelspartner an den Verhandlungstisch: Donald Trump vertraut auch in seiner zweiten Amtszeit als US-Präsident auf eine aggressive Zoll-Politik. © IMAGO / ABACAPRESS

Die Folgen für die Wirtschaft Europas wären womöglich verheerend. Denn die USA waren 2024 nach Angaben des Statistischen Bundesamtes der wichtigste Handelspartner der EU. Der Gesamtwert der über den Atlantik hinweg gehandelten Waren lag bei 865 Milliarden Euro. 21 Prozent aller EU-Exporte gingen in die USA – in dieser Statistik folgen das Vereinigte Königreich und China, die zusammen auf den gleichen Wert kommen.

EU und der Handel mit China: Xi wlll sich offenbar mit Spitzenpolitikern treffen

Peking scheint bereit zu sein, in eine mögliche von Trump hinterlassene Lücke vorzustoßen. Lin Jian, Sprecher des chinesischen Außenministeriums, erklärte angesichts des 50. Jahrestags der Aufnahme der Beziehungen zur EU auf einer Pressekonferenz: „In diesem Jahr stehen viele wichtige Themen zwischen China und der EU auf der Agenda.“

Zudem kündigte er Besuche von EU-Ratspräsident Antonio Costa und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in China an. „Dialoge zu den Themen Strategie, Wirtschaft und Handel, Umwelt und Klima sowie Digitalisierung auf hohen Ebenen“ seien zu führen.

Die staatliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua berichtet passend dazu, Präsident Xi Jinping sei bereit für ein Treffen mit den EU-Spitzen. Das Staatsoberhaupt erklärte demnach: „Gesunde und stabile Beziehungen zwischen China und der EU fördern nicht nur die beidseitigen Errungenschaften, sondern werfen auch ein Licht auf die Welt.“ Von der EU forderte der 71-Jährige zugleich, sich gegen aggressives Verhalten einzelner Länder zu stemmen.

Handelskrieg zwischen USA und China: Treffen am Wochenende in Europa

Mit Washington befindet sich Peking derzeit in einem ausgewachsenen Handelskrieg. Dabei überziehen sich beide Weltmächte mit immer höheren Zöllen, die bereits weit jenseits der 100 Prozent liegen.

Verhandlungen erscheinen da weitaus schwieriger zu werden als zwischen den USA und der EU. Doch für das Wochenende sind Gespräche in Genf angesetzt. Trump schickt Finanzminister Scott Bessent und seinen Handelsbeauftragten Jamieson Greer, für China reist der stellvertretende Premier He Lifeng an. Auch für Europa wird interessant sein, ob die Wogen dabei geglättet werden können oder die Zeichen danach erst recht auf Konfrontation stehen. Das könnte schließlich auch Folgen für den Ton bei den eigenen Gesprächen haben. (mg)

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