Frankreichs Atomschirm für Europa: Macrons Angebot, Putins Ärger

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Die USA wenden sich von Europa ab. Mit Blick auf Russland sich die EU wohl bald auf einen Atomschild aus Frankreich verlassen. Ein Kommentar von Georg Anastasiadis.

Zu den schwerwiegendsten Versäumnissen der Kanzlerschaft von Olaf Scholz wird man einst gewiss dessen fast demonstratives Desinteresse an der deutsch-französischen Achse zählen. Angesichts der Zeitenwende nicht früh den Schulterschluss mit Paris gesucht zu haben, war ein grober Fehler der Ampel, erst recht, seit sich die Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus abzeichnete. Friedrich Merz hat mehrfach seine Entschlossenheit bekundet, diesen Fehler zu korrigieren, und Präsident Macron nimmt ihn jetzt beim Wort.

Sein ausdrücklich als Antwort auf Merz vorgetragenes Angebot, Frankreichs Schutzschirm auch über andere europäische Staaten zu spannen, ist ein Signal an Putin. Die unwirsche Reaktion des Kremls – Macron sei ein „Geschichtenerzähler“, Außenminister Lawrow macht ihn gleich zum neuen „Hitler“ – verrät Putins Ärger darüber, dass das lange schlafwandelnde Europa jetzt offenbar wirklich aufgewacht ist und Ernst machen will mit seinen Plänen für eine gemeinsame Verteidigung.

Frankreichs Atomschild ist ein Signal an Putin – kann den Schutz der USA aber nicht ersetzen

Natürlich kann die „Force de frappe“ den viel mächtigeren US-Schutzschirm nicht ersetzen, schon gar nicht auf kurze Sicht. Und was, wenn in Paris einst Marine Le Pen regieren sollte, die erklärtermaßen gar nichts davon hält, Frankreichs Atomstreitmacht auch in den Dienst anderer Länder zu stellen?

Bis auf Weiteres bleibt Deutschland auf die USA angewiesen, doch ist es wichtig, sich mit den beiden europäischen Nuklearmächten Frankreich und Großbritannien Gedanken über eine künftig gemeinsame atomare Abschreckung zu machen.

Der Vorschlag Frankreichs, den atomaren Schutz auf die EU auszuweiten, sorgt für Ärger im Kreml. © Ludovic Marin/dpa (Montage)

Europa rüstet auf und Deutschland macht mit – Das wird sich Trump auf die Fahne schreiben

Auf Sicht der nächsten Jahre zentral ist allerdings die konventionelle Aufrüstung Europas, die EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen in den Mittelpunkt ihrer zweiten Amtszeit gestellt hat. Ihre gestern auf dem Brüsseler Gipfel gestartete Aufrüstungsagenda ist das europäische Äquivalent zum deutschen „Whatever it takes“ von Friedrich Merz.

Sie soll sicherstellen, dass Putin, wenn er mit der Ukraine fertig ist und seine Kriegsarsenale in einigen Jahren wieder gefüllt sind, nicht andere Länder unter Gewaltandrohung oder zunächst niederschwelligen Aggressionsakten gefügig machen kann, ohne mit einer entschlossenen Antwort rechnen zu müssen. Trump mag die EU nicht. Trotzdem wird er schon bald überall damit prahlen, wie er den parasitären Europäern Beine gemacht hat. Andere Erfolge hat er bisher ja auch nicht vorzuweisen.

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