Darchinger Paar nimmt als Team „Alpine Rowers“ an Atlantik-Rennen teil

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Regatta „The World‘s Toughest Row – Atlantic“: Mitte Dezember geht‘s für das Team „Alpine Rowers“ mit Claudia Dreibrodt und Ernst Kujer auf große Fahrt. Sie sind das erste deutsche Mixed-Team. © Alpine Rowers

Seit etwas über einem Jahr bereiten sich Claudia Dreibrodt und Ernst Kujer auf ein Abenteuer vor, das eines der größten ihres Lebens werden könnte. Das Paar aus Darching in der Gemeinde Valley möchte den Atlantik überqueren. Doch nicht etwa mittels Motor, Segel oder gar Flugzeug – sondern auf einem Ruderboot. Mitte Dezember fällt der Startschuss für die Regatta „The World‘s Toughest Row – Atlantic“.

Valley – Manchmal reicht ein Funke, um etwas Besonderes entstehen zu lassen. Dieses Feuer flammte 2019 in Claudia Dreibrodt auf, als sie das Buch „Vier Freundinnen, ein Boot: 5500 Kilometer im Ruderboot über den Atlantik“ las. Darin beschreiben Janette Benaddi, Helen Butters, Frances Davies und Niki Doeg, wie sie im Zuge des Rennens „The World‘s Toughest Row – Atlantic“ 2015 in 67 Tagen rudernd den Atlantik überquerten und die Herausforderungen, die die Frauen dabei zu bestehen hatten. „Ich war so inspiriert, ich wusste, ich wollte auch teilnehmen“, sagt Dreibrodt und versprüht eine Idee von der Begeisterung, die die Darchingerin damals gepackt hat und bis dato trägt. Sofort stürzte sich Dreibrodt ins Thema. Sie fasste den Entschluss, ebenfalls über den Atlantik rudern zu wollen. Nach einem Kompagnon für dieses abenteuerliche Unterfangen musste Dreibrodt nicht lange suchen: Partner Ernst Kujer war gleich mit im sprichwörtlichen Boot.

Dreibrodt und Kujer als Neulinge am Ruder

Sport- und freiluftaffin ist das Paar, das in der Outdoorbranche arbeitet, ohnehin. Doch dies beschränkte sich zuvor eher auf den Berg­sport. „Wir hatten gar keine Rudererfahrung. Wir waren mal beim Whale Watching, das war‘s“, gesteht Dreibrodt. Das Unterfangen nahm richtig Fahrt auf, als sie ab Dezember dem Team „RowHHome“ (das zusätzliche H steht für die Heimatstadt Hamburg) als erste Deutsche bei der Atlantic Challenge die Daumen drückte. Nach 42 Tagen und 46 Minuten erreichte RowHHome die Küste La

Gomeras – als erstes Frauenteam im Rennen.

Neben der Atlantic Challenge gibt es auch ein Pendant auf dem Pazifik. Dieses erstreckt sich über mehr als 5000 Kilometer mit Startpunkt in Kalifornien und Ziel auf Kaua‘i. Für die Regatta über den Atlantik sind 4800 Kilometer zu bestehen. Start ist je nach Wetter zwischen dem 8. und 14. Dezember auf Gomera (Kanaren), Ziel ist auf Antigua in der Karibik. 2023 gingen 38 Boote an den Start. Die Renndauer kann zwischen 29 und 90 Tagen liegen, je nachdem, wie viele Mitglieder das jeweilige Team hat. Ein Zweier-Team wie Dreibrodt und Kujer braucht im Schnitt 35 bis 45 Tage. Möglich sind bis zu fünf Plätze auf jedem Boot. Wer die besondere Herausforderung sucht, bestreitet die laut Veranstalter härteste Ruderregatta der Welt allein.

Doch wie bereitet man sich auf ein solches Rennen vor? Als für das Paar 2021 die Zusage für einen Start im Jahre 2024 bekam, stand für das dann offiziell bestehende Team „Alpine Rowers“ nicht, wie zu erwarten wäre, das Training im Vordergrund, sondern der geschäftliche Teil. „Es gibt viel, worüber man Entscheidungen treffen muss“, sagt Dreibrodt. Zunächst hieß es, Sponsoren finden und Gelder sammeln. Schließlich ist ein solches Rennen mit einem erheblichen finanziellen Aufwand verbunden, allein das Boot der Alpine Rowers, die „Hurricane“, kostete gebraucht 70.000 Euro. Dazu kommen für das Rennen zum Beispiel Equipment, Essen, Trinken und der Verdienstausfall. Ein wichtiger Baustein bei „The World‘s Toughest Row“ ist zudem der karitative Gedanke. Jedes Team sammelt während der Überfahrt für einen oder mehrere gemeinnützige Vereine Spenden. Mehr als 12,9 Millionen Euro kamen so über die vergangenen sechs Jahre für den guten Zweck zusammen. Die Alpine Rowers hoffen auf viele Spenden für die Sternstunden, die überwiegend Kinderhilfsprojekte in Bayern und Deutschland unterstützen. Überzeugt hat das Team, dass die Sternstunden Wert auf die nachhaltige Wirkung der Projekte legen, zudem werde jede Geldspende garantiert und ohne Abzug an bedürftige Kinder weitergegeben, erklärt Dreibrodt.

Training für Körper und Geist

In die eigentliche körperliche Vorbereitung stieg das Paar Anfang 2023 mit einem Ruder-Ergometer, also einem Rudergerät, ein. Seither heißt es trainieren, trainieren, trainieren – sieben Tage die Woche. Doch nicht nur Rudern steht auf dem Programm: An zwei Tagen die Woche gibt es Dehnübungen und Yoga. Zur Abwechslung macht das Paar Krafttraining oder schnürt auch mal die Laufschuhe. Gerade das Laufen bereitet die Sportler nicht nur auf die anhaltende körperliche Belastung auf dem Boot vor, sondern bietet auch für den Geist ein gutes Training. „So bekommt man es in den Kopf, über lange Zeit unterwegs zu sein“, erklärt Dreibrodt.

Denn nicht nur der Körper muss für eine derartige Herausforderung bereit sein, sondern auch der Kopf. Und die Belastung ist enorm. Für ein Team wie die Alpine Rowers heißt das: Rudern in zwei Stunden-Schichten. Wer das über sieben Meter lange und fast zwei Meter breite Boot, ein Rannoch R25 Pairs

Modell, nicht gerade mit eigener Kraft durch den Atlantik pflügen lässt, ruht sich in einer der beiden Kabinen aus. Zwei Stunden rudern, zwei Stunden Ruhe. Bis das Rennen beendet ist. Alles, was für die Überfahrt benötigt wird, befindet sich ebenfalls an Bord. Eine Begleityacht, die den Weg mit den Booten antritt, ist lediglich für Notfälle da, nicht zur Versorgung der Teilnehmer. Diese müssen auf dem Ozean allein Wind und Wellen trotzen. Vor allem die Feuchtigkeit macht den Teilnehmern dabei zu schaffen. „Nässe ist ein großes Problem. Gerade für Hände, Gesäß und Füße“, erklärt Dreibrodt. Auch die Hitze, die im Laufe der Regatta und mit jedem Ruderschlag (1,5 Millionen sind es im Schnitt bei einem Team) weiter zunimmt, wird zum Problem. „Am Ende, wenn wir auf Höhe Antigua sind, haben wir Temperaturen von über 35 Grad.“ In den Kabinen klettert das Thermometer auf sogar bis zu 45 Grad. Eine entspannende Atmosphäre schaut wahrlich anders aus. Die Teilnehmer verbrennen bis zu 5000 Kalorien und brauchen bis zu zehn Liter Wasser – jeden Tag. Neue Kraft geben Trekkingmahlzeiten, Nahrungsergänzungsmittel und gefriergetrocknete, kalorienreiche Expeditionsmahlzeiten, vergleichbar mit einer wirklich sehr großen Portion Fertignudeln. Für die Moral dürfen bei den Alpine Rowers aber auch Schokolade und vor allem Gummibärchen nicht fehlen.

Dreibrodt freute sich vor allem auf die Herausforderung und die Natur­erfahrungen auf hoher See. Vielleicht hat das Team ähnliches Glück wie die Einzelruderin Kelda Wood (Row 2 Raise) bei der Regatta 2018, als sie fast sieben Tage lang von einem Wal begleitet wurde. Fehlen werde Dreibrodt vermutlich die Abwechslung bei Essen und Landschaft, Vogelgesang und ein guter Tee – „Kleinigkeiten, die man im Alltag als normal erachtet“. Mit Partner Ernst Kujer habe Dreibrodt den perfekten Begleiter für dieses große Unterfangen gefunden, schwärmt sie. Seit zwölf Jahren sind die beiden ein Paar. Sie haben viele Abenteuer bestanden und auch brenzlige Situationen überwunden. „Wir wissen, wie der andere reagiert und wie wir ihn auffangen können, wenn er einen schlechten Tag hat“, sagt Dreibrodt. „Ich hätte mir keinen anderen dafür vorstellen können.“

Wer die Alpine Rowers als Sponsor unterstützen will, findet dazu weitere Infos unter www.projekt-abenteuer.de/unterstuetze-uns. Mehr über die Sternstunden gibt es unter www.sternstunden.de.

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