57 Jahre lang hat er den Kirchenchor Gernlinden geleitet - jetzt ist Schluss
57 Jahre, das ist weit mehr als ein halbes Leben. So lange hat Alfons Strähhuber den Kirchenchor von Gernlinden geleitet. Jetzt soll Schluss sein – zum Ende des Jahres will er den Taktstock niederlegen. Als Sänger bleibt Strähhuber dem Chor aber erhalten.
Gernlinden – „Ich gehe nicht im Groll oder weil ich mich über etwas geärgert hätte“, betont der ehemalige Gymnasiallehrer. „Aber ich werde demnächst 79. Es ist Zeit für einen Generationswechsel.“ Zwar gehe es ihm gesundheitlich gut, aber das Multitasking und die Verantwortung der Leitungsfunktion werden ihm allmählich zu viel. Außerdem wollte Strähhuber die Entscheidung aus freien Stücken treffen und nicht darauf warten, dass ihn das Alter eines Tages zum Aufhören zwingt. Oder, schlimmer noch, dass es irgendwann hinter seinem Rücken heißt, so allmählich könnte er sich doch zurückziehen.
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In die Chorleitung ist er 1966 so hineingerutscht, mit gerade einmal 21 Jahren. „Ich bin dazu gekommen wie die Jungfrau zum Kind“, sagt Strähhuber rückblickend und schmunzelt. Er war Mitglied im Chor, zusammen mit anderen Studenten und jungen Berufsanfängern. Als der damalige Dirigent wegzog, musste jemand übernehmen, sonst wäre der Chor aufgelöst worden. Auf Strähhuber fiel die Wahl, weil er Latein konnte. „Du machst das“, beschied ihm seinerzeit der Pfarrer.
Musikalische Vorbildung brachte Strähhuber mit, hatte er doch als Schüler in Freising im Chor des Domkapellmeisters Max Eham gesungen. Das Dirigieren lernte er nun in Fortbildungen. Und die Fähigkeit, gut mit Menschen umzugehen, brachte er ebenfalls mit. Die brauchte er schließlich auch jeden Tag im Klassenzimmer. „Für die Chorleitung ist Freundlichkeit mindestens so wichtig wie Musikalität“, sagt der 78-Jährige. Jedes Chormitglied muss sich wertgeschätzt fühlen. Kritik muss diplomatisch verpackt werden und auf keinen Fall darf jemals jemand ausgelacht werden. Das waren Strähhubers Grundsätze, und damit ist er gut gefahren.
Mit rund 40 Mitgliedern ist der Chor bis heute so stark besetzt, dass sogar achtstimmige orthodoxe Kirchengesänge zum Repertoire gehören. Bei großen Messen und dem jährlichen Adventssingen bewies der Chor immer wieder ein hohes musikalisches Niveau.
Auch hat Alfons Strähhuber den Chor immer als soziale Gruppe wahrgenommen und gepflegt. Er weiß, welche Bedeutung die wöchentlichen Proben für die Mitglieder haben können, die mit ihm zusammen älter geworden sind. Welchen Halt der Chor Menschen geben kann, die ihren Partner verloren haben.
Die Gemeinschaft wird jedes Jahr auch mit einem Ausflug gepflegt. Manchmal gehen die Fahrten über mehrere Tage und beinhalten Auftritte in anderen Kirchen. So kommt man mit erfrischenden neuen Eindrücken und Impulsen zurück nach Gernlinden.
„Ich habe es gern gemacht“, sagt Strähhuber. „Es tut mir schon auch leid, aufzuhören. Aber gegen Ende meines Lebens hätte ich gern ein bisschen mehr Freiheit.“ Auch ohne die Chorleitung wird er genug Beschäftigung haben, zum Beispiel als „Stallknecht“ – wie er sagt – in der Pferdehaltung seiner Tochter Ruth. Hier ist der 78-Jährige für Füttern, Mähen und die nie abreißenden Reparaturen zuständig. „Ich bin handwerklich nicht ungeschickt und mache das sehr gerne.“ Manchmal bringen ihm Freunde und Bekannte alte Möbel, die er liebevoll herrichtet.
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Jeden Winter veranstaltet Strähhuber mit seiner Frau Annemarie zusammen das beliebte Literaturcafé im Pfarrsaal der Kirche Bruder Konrad. Zeit zum Wandern im Gebirge soll auch noch bleiben. Und dann werden da ja weiterhin die Chorproben sein – auch, wenn Strähhuber nur noch als Sänger daran teilnimmt.
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