Söders geplantes Genderverbot: Das sagen die Kommunen - „Zeichen des Respekts“
Ministerpräsident Markus Söder will das Gendern verbieten – ein kontroverses Thema. Wie nun gehen Gemeinden und Städte mit Söders Ankündigung um – und wie mit dem Thema Gendern als solchem?
Landkreis – Die Gemeinde Maisach wird nicht gendern, sondern ihre Wertschätzung aller Geschlechter etwa durch die Formulierung „Liebe Bürgerinnen und Bürger“ an alle Geschlechter zum Ausdruck bringen. „Wir sind aber auch der Überzeugung, dass das Land andere Probleme hat, dem sich die Politik mit voller Kraft widmen soll“, sagt Bürgermeister Hans Seidl. „Deshalb war es uns in Maisach auch schon vor Monaten wichtig das Thema für unsere Verwaltung klar zu regeln.“ Allein mit der langen Diskussion habe sich die große Politik ein Stück weit mehr von großen Teilen der Bevölkerung entfernt und Unverständnis über die selbst gewählten Prioritäten gemehrt, sagt Seidl. Wegen Söders Ankündigung sieht man keinen akuten Handlungsbedarf.
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Gendern im Landkreis Fürstenfeldbruck: Ein Zeichen des Respekts
In Puchheim steht man dem Gendern dagegen völlig anders gegenüber: „Eine geschlechtersensible Sprache ist kein Luxus, sondern ein Zeichen des Respekts“, sagt eine Sprecherin. Die Sprache gehöre nicht dem Staat, sondern den Menschen in diesem Staat und darüber hinaus. Diese Menschen seien nun einmal unterschiedlichen Geschlechts. „Sprache sollte das abbilden.“ Geschlechtersensible Sprache sei Ausdruck einer Haltung, die Menschen zueinander einnähmen. „Als Stadt wollen wir zu einer sprachlichen Gleichstellung der Geschlechter beitragen. Deswegen werden wir auch weiterhin eine geschlechtersensible Sprache pflegen“, so die Sprecherin. „Eine Gender-Anordnung oder ein Gender-Verbot des Staates brauchen wir dazu nicht.“ In Puchheim stellt man in Richtung Söder eine Frage in dessen eigenen Worten. „Haben wir nicht wichtigere Probleme, denen er sich zuwenden müsste?“
Gendern im Landkreis Fürstenfeldbruck: Das sagt die einzige Bürgermeisterin
Die einzige Frau im Chefsessel eines Rathauses im Landkreis residiert in Landsberied. Beim Bürgerbrief oder sonstigen schriftlichen Texten verwendet Andrea Schweitzer die früher übliche Sprache, etwa „Bürgerinnen und Bürger“, wie sie erzählt. So genannte neue Schreibweisen verwendet sie nicht. „Ich persönlich sehe es relativ unkompliziert und leidenschaftslos.“ Sie habe kein Problem damit, wenn es „Frau Bürgermeister“ heißt anstatt „Bürgermeisterin“ und verlange es auch nicht. „Nur wenn ein Brief mit ,Herr Bürgermeister‘ kommt, habe ich schon öfters zurückgeschrieben“, erzählt Andrea Schweitzer. „Bei der einzigen Bürgermeisterin im Landkreis sollte die Anrede doch stimmen, insbesondere wenn man etwas von der Gemeinde möchte“, sagt sie.
Generell ist sie skeptisch, ob alleine das Gendern die unbedingt notwendige Gleichberechtigung in den anderen Bereichen vorantreibt. „Ich glaube nicht, dass es beispielsweise mehr Bürgermeisterinnen oder Gemeinde- oder Stadträtinnen geben wird, nur weil wir anders schreiben.“ Grundsätzlich erschwere das Gendern für sie die Lesbarkeit von Texten. Und im gesprochenen Wort höre es sich komisch an. „Ist aber vielleicht auch nur Gewöhnungssache.“
Gendern im Landkreis Fürstenfeldbruck: Sonderzeichen sind nicht vorgesehen
Eine Sprecherin der Stadt Olching betont, dass es ja noch kein Genderverbot in Bayern gibt – bisher habe der bayerische Ministerpräsident ja nur ein Vorhaben geäußert. Die Stadt Olching gendere sehr zurückhaltend mit dem Binnen-I und mit der Verwendung beider Geschlechtsformen, also beispielsweise bei „Bürgerinnen und Bürger“. Falls ein Verbot komme, müsste sicherlich noch geklärt werden, für welche Behörden dies konkret gilt, das würde die Stadt dann selbstverständlich umsetzen.
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Das Landratsamt schließt in seiner Kommunikation möglichst alle Geschlechter ein, gleichzeitig hält es sich an die Regeln der deutschen Sprache, wie eine Sprecherin betont. „Dies erreichen wir durch Formulierungen wie ,Bürgerinnen und Bürger‘“. Nur ausnahmsweise werde das generische Maskulinum verwandt, dann in der Regel mit einem Hinweis, dass dies aus Gründen der Lesbarkeit geschieht und alle Geschlechter einschließen soll. „Die dadurch entstehende kleine Unschärfe halten wir zugunsten der Lesbarkeit für vertretbar“, sagt die Sprecherin. Sonderzeichen seien nach den hausinternen Richtlinien nicht vorgesehen. Vermutlich gehe es der Bayerischen Staatsregierung nur um die Benutzung von Sonderzeichen oder besonderen Grammatikformen (Gerundium). Das sei aber noch unklar.
Gendern im Landkreis Fürstenfeldbruck: Bitte keine Sternchen oder Doppelpunkte
In der Stadt Fürstenfeldbruck ist mit Christian Götz ja ein relativ neuer OB im Amt. Die Stelle für Öffentlichkeitsarbeit habe daher nach der Amtseinführung gefragt, „wie wir es künftig handhaben sollen“. Ergebnis sei gewesen, dass der OB ein Gendern mit Sternchen, Doppelpunkt oder ähnliches nicht möchte. Stattdessen soll die weibliche und männliche Form verwendet werden, also etwa „Bürgerinnen und Bürger“. Oder es seien – wenn möglich – geschlechtsneutrale Bezeichnungen heranzuziehen („Besuchende“, „Teilnehmende“). In den Stellenanzeigen wird (w/m/d) genannt. Eine Anweisung für die gesamte Stadtverwaltung gebe es bislang nicht. „Bisher gibt es keine Beschwerden, sodass wir keinen Handlungsbedarf sehen“, sagt eine Sprecherin.
Gendern im Landkreis Fürstenfeldbruck: Großer Zuspruch für Entscheidung
Das Gendern abgeschafft hat in Alling Bürgermeister Stefan Joachimsthaler schon vor einiger Zeit. „Das war mein Bauchgefühl“, sagt er heute. „Ich weiß, dass sich in unserer Gemeinde die allermeisten Menschen auch ohne das Gendern akzeptiert und wertgeschätzt fühlen.“ Bis heute habe er nur positive Rückmeldungen von den Bürgerinnen und Bürgern bekommen. „Nachdem meine Entscheidung, nicht mehr zu Gendern, in der Presse stand, bekam ich hunderte E-Mails, in denen mir zu dieser Entscheidung gratuliert wurde“, erzählt Joachimsthaler. „Meine Verwaltung hat mich sofort unterstützt und ich bekomme, ob in der Gemeinde unterwegs oder auf den Bürgerversammlungen, nur positives Feedback hierfür.“
Joachimsthaler erinnert daran, dass über seine Anti-Gender-Entscheidung regional und überregional in Zeitungen, im Radio und Fernsehen berichtet wurde. „Offensichtlich bewegt dieses Thema uns alle mehr als angenommen sowie jetzt auch wohl unseren Ministerpräsidenten.“ Toleranz, Respekt und Menschlichkeit ließen sich eben nicht am Sprachgebrauch festmachen, sondern zeigten sich im täglichen Umgang miteinander, ist Joachimsthaler überzeugt. „Selbstverständlich verbiete oder schreibe ich niemandem vor, ob er Gendern möchte oder nicht. Und diese Freiheit gestehe ich mir ebenso zu.“
Gendern im Landkreis Fürstenfeldbruck: Was kann man wie verbieten?
In Germering gibt es stadtintern noch keine „offizielle Handhabung“. Bisher habe Ministerpräsident Söder sein Verbot ja nur angekündigt, sagt eine Sprecherin. Persönlich ist sie überzeugt, dass niemand das „Gendern“ verbieten könne. „Es wird sich ein Weg finden, alle Geschlechter gleichermaßen anzusprechen.“ Dann halt ohne „Gendersternchen“, „Binnen-I“ oder „Unterstrich“, sondern ausgeschrieben, was Texte – vor allem in der beliebten „Verwaltungssprache“ – dann leider nicht verständlicher mache. „Ich bin sehr gespannt auf die Kreativität der Menschen und natürlich auch auf das offizielle Verbot unseres Ministerpräsidenten und seines Stellvertreters.“ Erst, wenn der Wortlaut des Verbots bekannt sei, könne auch adäquat reagiert werden. Die Gemeinde Gröbenzell wird die Entwicklung ebenfalls beobachten, sich beraten und dann entsprechend handeln, hieß es.
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