Windenergie: Baustopp im Wald
Der Baustopp ist beschlossen: Der Bayerischen Verwaltungsgerichtshof hat entschieden, dass der Genehmigungsbescheid zum Windradbau im Höhenkirchner Forst rechtswidrig ist.
Landkreis - Das Problem liegt laut Gericht in erster Linie nicht in den Windrädern, die sich drehen, sondern in den eineinhalb Jahren Bauzeit davor. An dem Projekt im Höhenkirchener Forst sind die Gemeinden Oberpframmern und Egmating (Landkreis Ebersberg) und Höhenkirchen-Siegertsbrunn (Landkreis München) beteiligt. Der Kläger, der Verein für Landschaftspflege, Artenschutz und Biodiversität (VLAB), hat im Prinzip Recht bekommen. Das Landratsamt München erhält jetzt allerdings die Chance, ein ergänzendes Verfahren durchzuführen.
Lange Gesichter im Gemeinderat Oberpframmern
Schon am Vorabend der Urteilsverkündung herrschten lange Gesichter im Gemeinderat von Oberpframmern (Kreis Ebersberg). Bürgermeister Andreas Lutz (CSU/Bürgerliche), der die achtstündige Verhandlung verfolgt hatte, brachte die Erkenntnis mit, dass die Windkraft-Fundamentalgegner des VLAB mit ihrer Klage mindestens einen Teilerfolg erzielen würden: Der Genehmigungsbescheid müsse wohl nachgebessert werden, weil die Richter des Verwaltungsgerichtshofs „formelle und materielle Mängel“ anmerken. Sein Fraktionskollege und 3. Bürgermeister Korbinian Heinzeller ist selbst Richter am Münchner Verwaltungsgericht und stimmte das Gremium auf einen Baustopp ein: „Das wird wieder dauern.“
Der absolute Schwerpunkt der richterlichen Entscheidung lag auf dem Wasserrecht. Im Wasserschutzgebiet darf man grundsätzlich mal nicht bauen, wie es der Name schon sagt. Das Wasserwirtschaftsamt hat in seiner Stellungnahme auch sehr klar formuliert: „Das ist ein sehr ungünstiger Standort.“ Aber es gibt laut Gericht die Möglichkeit, sich vom Verbot befreien zu lassen. Das sei dann möglich, wenn der Grundwasserschutz überhaupt nicht beeinträchtigt werde und keinerlei Gefährdung existiere. Alternativ ist eine Ausnahme denkbar, wenn zwar eine Gefährdung vorliegt, aber der Bau im öffentlichen Interesse dennoch erforderlich ist.
Alle drei Windräder stehen in einer Schutzzone
Im Fall des Höhenkirchner Forstes stünde ein Windrad rund 80 Meter vor der hochsensiblen Schutzzone II. Alle drei Windräder stehen zudem in einer sog. Schutzzone IIIa. Ein Gebiet also, in dem ein solcher Bau eigentlich ganz und gar verboten. Für sämtliche Bauarbeiten, so die Argumentation des Betreibers, habe man ein engmaschiges Schutzkonzept erarbeitet. Falls Diesel oder Hydraulikflüssigkeit austritt beim Baukran, wird dies durch eine eingebrachte Kiesschicht aufgefangen. Bei Unfällen auf den Zufahrten könne mit einem Bagger sofort der Boden ausgetauscht werden. Nur die stationären Geräte dürfen auf dem Gelände betankt werden. Darunter kommt eine Schutzfolie, auch eine Auffangwanne ist Pflicht. Alles andere muss außerhalb des Gebietes mit Kraftstoff befüllt werden. Durch alle diese Maßnahmen sei ein Risiko für eine Verunreinigung des Grundwassers so weit wie möglich ausgeschlossen.
An dieser letzten Aussage aber hat das Gericht Zweifel geäußert, da es sich um über 1000 Lkw-Fahrten handelt. Dass ein solches Konzept so weit getrieben werden kann, dass wirklich gar keine Gefahr für das Trinkwasser besteht., das ist für das Gericht nicht überzeugend. Zudem sei der darunter liegende Boden, die Deckschicht, sehr durchlässig und weise einen sehr geringen Schutz auf. Je nach Beschaffenheit könnten schädliche Stoffe binnen weniger Tage ins Grundwasser eindringen. Bei dichteren Bodenverhältnissen kann ein solcher Prozess laut Gerichtssprecher drei bis zehn Jahre dauern. Hier eine Großbaustelle zu schaffen, sei ein Problem.

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Eine Befreiung ist trotzdem möglich, wenn eine Risikominimierung stattgefunden hat. Allerdings gibt es gerade bei der Standortwahl noch offene Fragen. Ist es wirklich nötig, das eine Windrad so nah an die Schutzzone II zu setzen? Diese Frage des Standortes wurde bei den Windrädern in Schutzzone III gar nicht geprüft und muss dort nachgeholt werden. Ursprünglich hatten sich die Investoren bei der Aufstellung der Anlagen auf die 10-H-Regel bezogen, die längst nicht mehr gilt. Auf der eine Seite gebe es die Belange der Wohnbevölkerung, auf der anderen das Recht auf sauberes Trinkwasser. Das alles habe der Bescheid des Landratsamtes nicht sauber herausgearbeitet. Das kann nun durch ein ergänzendes Verfahren gehilt werden. Wie es aber ausgeht, das ist offen. Der Bauherr wird jetzt gefragt, ob er freiwillig eine Pause der Arbeiten einlegt. Falls nicht, wird der Baustopp angeordnet.
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Einen Erfolg für den Umweltschutz und die Trinkwasserversorgung sieht der Verein für Landschaftspflege, Artenschutz und Biodiversität im Urteil des Gerichts. Die Co-Vorsitzende des Vereins, Christina Hauser, betonte in einer Pressemitteilung: „Der Schutz unseres Trinkwassers hat mindestens den gleichen Stellenwert wie der Ausbau der Erneuerbaren Energien, aber die Flächen, die für die Trinkwasserversorgung geeignet sind, sind wesentlich begrenzter als die möglichen Standorte für Windkraftanlagen. Es ist gut, dass der VGH dies mit seinem heutigen Urteil klargestellt hat.“
Auch die Gemeinde Ottobrunn (Lk. München) strengt eine Klage gegen die Baugenehmigung des Landratsamtes zur Aufstellung der drei Windräder im Höhenkirchner Forst an. Bürgermeister Thomas Loderer hatte sich die Verhandlung am Mittwoch angehört und ging bereits mit einem guten Gefühl nach Hause. Mit dem Urteil sieht er die Linie seiner Gemeinde bestätigt. „Wir sind einen guten Schritt vorangekommen.“