„Der Hammer“: Trumps Luftwaffe will erste ferngesteuerte Kampfjets aus den Hangars rollen
„Kollaborative Kampfjets“ heißen sie: Drohnen, die um einen Mutter-Kampfjet herumfliegen. US-Luftwaffe plant einen weitgehend unbemannten Luftkampf.
Washington, DC – „Vielleicht können wir uns eines Tages vollständig auf die Roboterkriegsführung verlassen, aber das wird noch Jahrhunderte dauern“, sagt Doug Wickert. Angesichts der untergeordneten Rolle der Luftwaffen und der Dominanz der Drohnen im Ukraine-Krieg scheint die bemannte militärische Luftfahrt ihrem Ende entgegenzusehen. Jedenfalls behauptet das Magazin Flugrevue, die US-Luftwaffe könnte an einer unbemannten F-35 tüfteln. Brigadegeneral Wickert hält dagegen: Der Kommandeur des 412. Testgeschwaders, äußert gegenüber dem Magazin Defense One, dass das Militär von US-Präsident Donald Trump noch viele Jahre davon entfernt sei, Piloten vollständig zu ersetzen.
Offensichtlich fußt die Meldung der Flugrevue auf einem Wettstreit zwischen den beiden US-Flugzeugschmieden Boeing und Lockheed Martin. Nachdem Lockheed Martin das Rennen um den Kampfjet der sechsten Generation gegen Boeing mit ihrer F-47 verloren hat, habe Firmenchef Jim Taiclet „bereits im April angekündigt, die Lightning II zu ‚einem Ferrari machen‘ zu wollen“, wie Patrick Hoeveler für das Magazin schreibt. Da sich auch die Konstrukteure der F-35 an der Ausschreibung beteiligt hatten, wollen sie nun ihre Technologie in ein Update der F-35 fließen lassen: „Wir könnten den F-35-Piloten in einem relativ bescheidenen Zeitrahmen optional machen, basierend auf einem Großteil der Entwicklung, die wir gemacht haben“, zitiert ihn die Flugrevue.
Trumps Zukunft am Himmel: Die USA schwärmen von ihren Collaborative Combat Aircrafts
Mit der F-47 setzt Donald Trump noch voll auf bemannte Systeme – sehr zum Spott seines bisherigen Beraters und Tech-Milliardärs Elon Musk: Der mokiere sich über Kampfflugzeuge und mache sich über den Jet F-35 lustig, hat der Spiegel Ende November 2024 berichtet: Auf X titulierte Musk die Maschine als „einen teuren und komplexen Tausendsassa, der nichts beherrscht“. Musk hält bemannte Kampfjets inzwischen einzig und allein dazu fähig, ihre Piloten in Lebensgefahr zu bringen. Für ihn liegt die Zukunft in unbemannten Systemen – und Ingenieure, die Kampfjets wie die F-35 bauten, betitelte er als „Idioten“.
„Diese unbemannten Kampfflugzeuge werden der Hammer!“
Wickert arbeitet aber selbst an der Entwicklung unbemannter, durch Künstliche Intelligenz gesteuerte Maschinen: „Sein Testgeschwader experimentiere mit autonomen Piloten auf seiner X-62A VISTA-Plattform, einem modifizierten F-16-Jet mit KI-Software“, berichtet Defense One. „Was KI-Piloten heute leisten können, sei bemerkenswert, sagte Wickert, doch zwischen der digitalen Welt und der Realität bestehe immer noch eine Lücke – und Roboterpiloten träten bei Flugtests immer noch ‚unerwartete‘ Entscheidungen“, zitiert ihn Defense One-Autorin Audrey Decker.
Tatsächlich ist kaum absehbar, ob sich Doug Wickert in einem Jahr korrigieren müsste und die von ihm prognostizierten „Jahrhunderte“ bis zur Roboterkriegsführung zu Lande, zu Wasser und in der Luft doch zusammenschmelzen unter der immer schneller laufenden technischen Entwicklung. Tatsächlich stehen in den USA schon unbemannte Flieger in den Werkshallen von Softwareschmieden; und rollen demnächst aus den Hangars der Luftwaffe. Eigentlich sehen diese Kampfjets aber nur wie eben jene aus; über den Status einer Drohne sind sie aber auch herausgewachsen – die USA schwärmen von ihren Collaborative Combat Aircrafts (CCA).
Ukraine-Krieg macht den USA Beine: „Piloten beginnen bereits in Simulatoren zu lernen“
Diese „Kampfflugzeuge“ werden „Partner“ von – zunächst weiterhin – bemannten Maschinen. Die USA haben quasi zeitgleich mit dem Beginn des Ukraine-Krieges das CCA-Programm vorangetrieben, um „kooperative Kampfflugzeuge“ zu entwickeln und die Möglichkeiten eines bemannten Kampfjets im Rahmen der Entwicklung eines „Next Generation Air Dominance Family of Systems“ zu vervielfachen – tatsächlich liegt ja der Quantensprung der Kampfjets der sechsten Generation darin, dass sie sich mit anderen Systemen vernetzen können, um möglicherweise als Drohnenmutterschiff zu kämpfen, anstatt in einer 1:1-Situation einen Luftkampf auszufechten.
Zwei US-Firmen hätten jetzt Prototypen aufgelegt und würden wahrscheinlich in diesem Jahr noch deren Jungfernflüge absolvieren, schreibt aktuell das Magazin The War Zone. Wie die US-Luftwaffe mitteilt, ziele das Programm weniger auf die Überlebensfähigkeiten ihrer Piloten ab als auch gleichzeitige Massenproduktion von Luftfahrzeugen zu stark reduzierten Kosten. Anders als Lockheed Martin möglicherweise plant, will die Luftwaffe keine wenigen günstigeren Jets ohne Piloten, sondern eine riesige Flotte noch günstigerer kampfflugzeugähnlicher Drohnen, die im Schwarm um einen Kampfjet herumfliegen.
„Piloten beginnen bereits in Simulatoren zu lernen, wie sie eine große Anzahl von CCAs verwalten können, während sie weiterhin ihren eigenen Jet steuern“, sagte im Dezember 2024 Frank Kendall – der Luftwaffenminister unter Präsident Joe Biden äußerte gegenüber dem Magazin Defense News, dass die US-Piloten ihre künftigen neuen Möglichkeiten zu schätzen wüssten. Allerdings widersprach er den Thesen von Elon Musk, dass auf bemannte Kampfjets in Kürze zu verzichten sein würde. Die These Musks, dass die Ära der Kampfjets vorbei sei, wie sich der Tech-Milliardär geäußert hatte, bezeichnete Kendall gegenüber dem Magazin als „provokant und interessant“, hält aber die Realität für langsamer als Musks Vision:
„Ich kann mir vorstellen, dass irgendwann – ich glaube übrigens nicht, dass es Jahrhunderte dauert, sondern eher Jahrzehnte – etwas passieren kann, wie er es sich vorstellt. Aber so weit sind wir noch nicht, und es wird noch eine Weile dauern“, zitiert ihn Defense News. Die US-Navy scheint aber in Gedanken schon weiter zu sein: F/A-XX ist die Bezeichnung für den kommenden trägertauglichen Stealth-Kampfjet der Teilstreitkraft, der möglicherweise tatsächlich eine Ära beendet: Ihm zufolge könnte diese Maschine die letzte sein, die die Marine bemannt betreibe, sagte Michael Donnelly auf der Sea Air Space-Konferenz der Navy League Anfang April.
Joker gegen China: „Kollaborative Kampfjets“ sollen der Bedrohung immer einen Schritt voraus sein
„Wir werden dann an einem Punkt angelangt sein, an dem wir mehr auf Man-on-the-Loop als auf Man-in-the-Loop setzen und die Brücke zur vollständigen Integration in die Hybridfliegerstaffel (Kombination bemannter und unbemannter Plattformen) in der Zukunft, in den 2040er Jahren, bilden“, zitiert Defense News den Konteradmiral. Die Unterscheidung liegt darin, dass dann Menschen statt zu entscheiden, wie Maschinen funktionieren sollen, die Rolle eines Beobachters von autonom handelnden Maschinen einnehmen, um gegebenenfalls einzugreifen.
In und on the loop
„Human in the loop“ bezeichnet Szenarien, in denen immer ein Mensch entscheidet, ob eine Maschine tatsächlich handeln soll. Das heißt, die Maschine ist für die Beobachtung und Erfassung der Umwelt und auch die Ausführung einer Handlung zuständig, nie für die Entscheidung selbst. „Human on the loop“ bezeichnet Szenarien, in denen eine Maschine selbstständig die Umwelt erfasst und beobachtet, aufgrund der erfassten beziehungsweise beobachteten Situation dann entscheidet zu handeln und schließlich auch tatsächlich handelt. Einem Menschen kommt hier nur mehr die Rolle eines Überwachers zu, der die Maschine beobachtet und gegebenenfalls eingreifen kann.
Quelle: Bela Mutschler, „Ereignishorizont Digitalisierung“ (Blog)
Wie die US-Luftwaffe am 1. Mai über soziale Medien mitgeteilt hat, seien die beiden CCA-Prototypen YFQ-44A von Anduril und YFQ-42A von General Atomics soweit entwickelt, dass Tests am Boden anlaufen könnten. Die Streitkräfte versprechen sich von den teilautonomen Kampfflugzeugen, dass sie den Luftkampf grundlegend verändern, wie das Magazin The War Zone schreibt. Sie sollen die erforderliche Geschwindigkeit und Größe bieten, um der Bedrohung immer einen Schritt voraus zu sein, so das Firmenversprechen des Herstellers Anduril.
David Allvin äußert sich auf X jedenfalls überschwänglich und sprach von den Bodentests als wichtiger Meilenstein und als ein weiterer Schritt auf dem Weg zum Erstflug sowie zur schnellen Auslieferung an die Soldaten, so der Generalstabschef der US Air Force. „Diese unbemannten Kampfflugzeuge werden der Hammer!“