"Zu viel gegen Sozialdemokratie": Jusos machen Stimmung gegen Koalitionsvertrag
Jusos in mehreren Bundesländern gegen Koalitionsvertrag
13.25 Uhr: In der Parteijugend der SPD formiert sich Widerstand gegen den Koalitionsvertrag von Union und SPD im Bund. Die Jusos aus Bayern und aus Schleswig-Holstein lehnten die Vorhaben ab und riefen zu einem Nein beim Mitgliederentscheid ihrer Partei auf. Die Befragung der gut 358.000 SPD-Mitglieder zum Koalitionsvertrag beginnt am Dienstag und soll zwei Wochen dauern.
Die bayerischen Jusos erklärten, der Vertrag sei "nicht geeignet, um die zentralen politischen Fragen und die enorme Ungerechtigkeit in unserer Gesellschaft anzugehen." Sie übten Kritik unter anderem an der geplanten Abkehr vom Bürgergeld, einer Aufweichung der Rechte von Arbeitnehmern im Bereich der Arbeitszeit und den Plänen zur Migration. Außerdem fehlten eine Vermögensteuer und eine Erbschaftssteuerreform.
Die Jusos aus Schleswig-Holstein sprachen von "unsolidarischen migrations-, sozial- und gesellschaftspolitischen Vorhaben". Der Koalitionsvertrag sei in dieser Form nicht annehmbar. "Zu viel geht gegen die Ideen der Sozialdemokratie!", argumentierten sie. Vor allem Verschärfungen im Asyl- und Migrationsbereich sowie eine Verschlechterung beim Bürgergeld seien nicht tragbar. Die Jusos aus dem Norden plädierten zudem für eine Neuwahl der Parteispitze durch die Mitglieder statt auf einem Parteitag.
Merz zieht geplante Einkommensteuersenkung in Zweifel: „Die ist nicht fix“
07.49 Uhr: Der voraussichtlich nächste Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat die von Union und SPD geplante Senkung der Einkommensteuer für kleine und mittlere Einkommen in Zweifel gezogen. „Nein, die ist nicht fix“, sagte Merz der BILD am SONNTAG. „Wir hätten das in der Koalition mit den Sozialdemokraten gerne von Anfang an verabredet. Darüber hat es einen Dissens gegeben. Deswegen haben wir es offengelassen.“ Merz fügte hinzu: „Die Einkommenssteuer, die wollen wir senken, wenn es der öffentliche Haushalt hergibt.“
Die Befürchtung, dass viele Arbeitnehmer wegen steigender Sozialbeiträge und ausbleibender Steuersenkungen am Ende seiner Regierungszeit weniger netto in der Tasche haben werden, nannte Merz „aus heutiger Sicht sicherlich nicht unberechtigt“. Er fügte hinzu: „Aber es wird unsere Aufgabe sein, diese Befürchtung zu zerstreuen und das Richtige zu tun, damit am Ende dieser Wahlperiode die Menschen sagen. Es geht uns besser als zu Beginn. Das ist die Aufgabe der Politik.“
Merz kritisierte in diesem Zusammenhang: „Wir haben in den letzten 30 Jahren versäumt, die notwendigen Reformen zu machen. Das gilt für die Rentenversicherung, für die Krankenversicherung und für die Pflegeversicherung. Deswegen haben wir auch verabredet, dass wir zunächst einmal diese sogenannte Rentengarantie nur bis zum Jahr 2031 gelten lassen.“
Merz will Mindestlohn von 15 Euro mit SPD „so nicht verabredet“ haben
Sonntag, 13. April, 07:42 Uhr: Die SPD hat ihren Mitgliedern kommuniziert, dass der Mindestlohn 2026 auf 15 Euro pro Stunde steige. Doch CDU-Chef Friedrich Merz will das so nicht mit der SPD vereinbart haben. „Wir haben verabredet, dass wir davon ausgehen, dass die Mindestlohnkommission in diese Richtung denkt“, so Merz gegenüber der „Bild am Sonntag“. „Es wird keinen gesetzlichen Automatismus geben.“ Die Mindestvergütung könne auch erst 2027 auf den Betrag steigen - in jedem Falle sei es aber Sache der Kommission, dies festzulegen. Die SPD wird dies vermutlich anders sehen. Auch für viele Verbraucher würde ein steigender Mindestlohn wohl zu höheren Kosten führen.
Merz rechnet mit Start der neuen Bundesregierung am 6. Mai
20.22 Uhr: Der wohl künftige Kanzler Friedrich Merz rechnet damit, dass die neue Bundesregierung unter seiner Führung am 6. Mai ins Amt kommt. Das sagte der CDU-Chef dem "Handelsblatt". "Dann haben wir bis zu den Sommerferien gut zwei Monate Zeit, um sehr schnell ein paar Dinge zu beschließen, damit die Menschen spüren, dass sich wirklich etwas ändert."
Als Beispiele nannte Merz einen besseren Grenzschutz und mehr Abschiebungen, die Abschaffung des Lieferkettengesetzes und den Abbau von Bürokratie.
Bevor der Kanzler vom Bundestag gewählt und sein Kabinett ernannt und vereidigt wird, muss allerdings erst der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD unterzeichnet werden. Damit das geschehen kann, müssen CDU und SPD den Vertrag noch intern absegnen lassen. Die CDU beruft dafür einen Kleinen Parteitag ein, die SPD hält ab Dienstag eine Mitgliederbefragung ab, die zwei Wochen dauern soll. Die CSU hat dem Vertrag schon zugestimmt.

Union in Umfrage wieder vor AfD - aber Grund zur Beruhigung ist das noch nicht
17.50 Uhr: Die Union ist in einer aktuellen Umfrage wieder stärkste Kraft. Im Sonntagstrend, den das Meinungsforschungsinstitut INSA wöchentlich für die "Bild am Sonntag" erhebt, legen CDU/CSU im Vergleich zur Vorwoche um einen Prozentpunkt zu. Die Union kommt jetzt auf 25 Prozent – so viel wie keine andere Partei. Die AfD folgt auf Platz 2 mit gleichbleibend 24 Prozent. Es folgen mit unveränderten Werten SPD (16 Prozent) und Grüne (11 Prozent). Die Linke verliert zur Vorwoche einen Prozentpunkt, steht jetzt bei 10 Prozent. 5 Prozent (+1) würden das BSW wählen, 3 Prozent (-1) die FDP. Für eine der sonstigen Parteien würden sich 6 Prozent entscheiden.
Viele Deutsche glauben nicht an gute Regierungsarbeit unter Schwarz-Rot
Samstag, 12. April, 12:44 Uhr: 47 Prozent der Deutschen glauben, dass die kommende Bundesregierung unter einem Kanzler Merz schlechte Arbeit abliefern wird. Das ergab eine Insa-Umfrage im Auftrag von „Bild“. Immerhin 37 Prozent der Befragten trauen Schwarz-Rot zu, einen guten Job abzuliefern. Insgesamt wurden 1001 Menschen im Zeitraum vom 10. und 11.4. befragt.
An die Sparvorhaben der kommenden Regierung zweifelt eine Mehrheit der Umfrageteilnehmer: 52 Prozent sagten, sie würden nicht erwarten, dass Schwarz-Rot sparen würde. 33 Prozent der Befragten glauben, dass dieses Versprechen umgesetzt wird.
SPD feiert laut Bericht Koalitionsvertrag: Für 70 Prozent des Bundeshaushalts verantwortlich
21.55 Uhr: Nach dem abgeschlossenen Koalitionsvertrag ist der Jubel bei der SPD groß. Interne Grafiken, die der "Bild" vorliegen, sollen verdeutlichen, wie stark die SPD künftig in der neuen Bundesregierung mitbestimmen wird. Laut Berechnungen der Partei seien demnach die von der SPD kontrollierten Ministerien für satte 70 Prozent des Bundeshaushalts verantwortlich.
Dies ist vor allem dem enormen Budget des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales sowie des Verteidigungsministeriums geschuldet, ergänzt durch das Bundeswehr-Sondervermögen.
Nun hat die SPD-Spitze ihre Erfolge in einem Argumente-Papier ihren Abgeordneten vorgestellt. Obwohl viele Punkte unter einem "Finanzierungsvorbehalt" stehen, brüstet sich die SPD bereits mit folgenden Errungenschaften:
- "Der Mindestlohn wird bis 2026 auf 15 Euro steigen."
- "Das Tariftreuegesetz bei öffentlichen Aufträgen wird für höhere Löhne sorgen."
- "Die Anschaffung von E-Autos wird mit Kaufanreizen gefördert. Durch Social Leasing auch für Bürgerinnen und Bürger mit kleinen Einkommen."
- "Die Mietpreisbremse wird fortgesetzt und verschärft."
In der Union dürften die Grafiken zusätzlichen Unmut hervorrufen. Denn an der Basis vor allem der CDU rumort es bereits.
Umfrage: Begrenzte Erwartungen an künftige Koalition
09.23 Uhr: Die künftigen Koalitionäre von Union und SPD müssen bei den Menschen noch viel Überzeugungsarbeit leisten, dass sie die Probleme im Land lösen können. 46 Prozent der Befragten im neuen "ZDF-Politbarometer" glauben, dass Schwarz-Rot einen wichtigen Beitrag zur Lösung der Probleme in Deutschland leisten wird, 51 Prozent bezweifeln das.
Nur 35 Prozent der Befragten erwarten, dass die künftige Regierung die wirtschaftliche Lage verbessern wird. 19 Prozent befürchten eine Verschlechterung, 44 Prozent glauben, dass sich an der ökonomischen Situation wenig ändern wird.
In der Migrationspolitik begrüßen zwar 70 Prozent die geplanten Verschärfungen, aber nur 30 Prozent erwarten, dass sich die Probleme in dem Bereich besser gelöst werden. 12 Prozent gehen gar von einer Verschlechterung aus, für 54 Prozent wird es mit einer neuen Regierung keine großen Veränderungen geben.
Union und SPD hatten am Mittwoch ihren Koalitionsvertrag vorgelegt. 39 Prozent der Befragten meinen, CDU/CSU hätten sich stärker durchgesetzt. 36 Prozent sehen dies für die SPD. Vor drei Wochen während der Verhandlungen hatten 68 Prozent angegeben, die Union werde mit ihren Positionen stärker punkten, nur 24 Prozent hatten dies der SPD zugetraut.
Trotz der Unterschiede in der Erwartungshaltung stehen die Deutschen der künftigen Koalition mehrheitlich positiv gegenüber. 55 Prozent der Befragten finden es gut, wenn es zum Bündnis von Union und SPD kommt. Nicht gut finden dies 29 Prozent, elf Prozent ist es egal.
In der Sonntagsfrage rückt die AfD an die Union heran. Wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre, lägen CDU/CSU mit 26 Prozent weiter vorn, ein Minus von einem Prozentpunkt zur vorherigen Umfrage. Die AfD kann zwei Punkte auf 24 Prozent zulegen. Die SPD verliert einen Punkt auf 15 Prozent. Grüne (12), Linke (10), BSW (3) und FDP (4) bleiben bei ihren Werten.
Bei der Bewertung von Politikerinnen und Politikern ("Was halten Sie von") liegt auf einer Skala von +5 bis -5 der geschäftsführende Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) mit einem Wert von 1,9 weiter vorn. SPD-Chef Lars Klingbeil liegt in der Top-Ten-Liste mit 0,5 auf Platz 3, CSU-Chef Markus Söder mit minus 0,6 rangiert auf Platz 5. Der künftige Kanzler Friedrich Merz kommt als Siebter mit minus 0,8, laut ZDF ist der CDU-Chef damit auf seinen Tiefstwert gefallen.
Die Frage "Friedrich Merz als Bundeskanzler finde ich..." beantworteten nur 36 Prozent mit gut, 59 Prozent hingegen mit "nicht gut". Noch Anfang März hatten dies 44 Prozent bejaht und 50 Prozent verneint.
*Für das ZDF-Politbarometer befragte die Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen vom 8.-10. April 1.322 Wahlberechtigte. Zusätzlich wurde ein Politbarometer-Extra am 9. und 10. April mit 1.133 Interviews realisiert. Der Fehlerbereich beträgt bei einem Anteilswert von 40 Prozent rund +/- drei Prozentpunkte und bei einem Anteilswert von 10 Prozent rund +/-zwei Prozentpunkte.
Frei: Koalitionsgespräche standen Montag auf der Kippe
Freitag, 11. April, 06.58 Uhr: Nach dem brisanten Bericht vom Donnerstagabend über das Fast-Scheitern der Verhandlungen von Union und SPD bestätigte der Merz-Vertraute Thorsten Frei gegenüber dem "Tagesspiegel" die heikle Zeit. "Es gab tolle Momente. Der vergangene Montag war eher schwierig, da stand die Koalition auf der Kippe", sagte CDU/CSU-Parlamentsgeschäftsführer. CDU, CSU und SPD hatten im Mittwoch eine endgültige Einigung erzielt und ihren Koalitionsvertrag vorgelegt.
Die künftige Bundesregierung will Frei zufolge auf weltpolitische Entwicklungen trotz der Festlegungen des Koalitionsvertrags flexibel reagieren. "Wir haben fest vereinbart, uns nicht sklavisch an den Koalitionsvertrag zu halten, wenn sich die Weltlage dramatisch verändert. Alle drei Parteien wissen, dass wir in ernsten Zeiten leben", sagte der CDU-Politiker. "Wir werden auf weltpolitische Umwälzungen und externe Schocks, die Deutschland berühren, mit der gebotenen Flexibilität reagieren." Das hätten sie sich «versprochen», sagte der CDU-Politiker. "So etwas muss man nicht aufschreiben."
