"Wie kriege ich meine Frau dazu, mehr Lust auf Sex zu haben?"
Helmut, 54, schrieb mir neulich eine ehrliche Frage: "Wie kriege ich meine Frau dazu, mehr Lust auf Sex zu haben?" Seine Worte klangen nicht fordernd, sondern suchend – nach Nähe, Verständnis und Verbindung. Solche Fragen zeigen, wie sehr Männer oft im Dunkeln tappen, wenn die Lust ihrer Partnerin schwindet. Doch genau hier beginnt ein möglicher Wandel.
Antwort der Sex-Expertin Regina Heckert
Zunächst mal: Bravo, dass Sie überhaupt fragen. Denn viele Männer nehmen sexuelle Unlust bei ihrer Partnerin einfach hin – oder, schlimmer noch, deuten sie als Desinteresse an sich selbst. Aber wenn Sie hier lesen, dann heißt das: Sie interessiert nicht nur Ihr sexuelles Erleben, sondern auch ihr Befinden. Und das ist die beste Voraussetzung dafür, dass sich wirklich etwas verändern kann.
Natürlich klingt die Frage im ersten Moment ein bisschen nach: "Wie kriege ich meine Frau endlich wieder in Fahrt?" Aber statt an der Oberfläche zu kratzen, lohnt sich ein Blick in die Tiefe. Denn weibliche Lust ist oft kein spontaner Funke, sondern eher wie ein zartes Lagerfeuer, das Pflege, Schutz und Zeit braucht. Und vielleicht hat Ihre Partnerin auch längst das Streichholz aus der Hand gelegt – aus Gründen, die es wert sind, behutsam erforscht zu werden.

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- Beziehungsexperte Wieland Stolzenburg: Autor und Psychologe hinter den Kulissen bekannter Reality-TV-Produktionen.
- Sex-Expertin Regina Heckert: Sexualberaterin, Autorin und Leiterin der größten Tantraschule Deutschlands.
- Familien-Expertin Nina Grimm: Familienpsychologin, Verhaltenstherapeutin, Bestseller-Autorin und Mutter.
- Dating-Expertin Wera Aretz: Professorin für Wirtschaftspsychologie, systemische Paartherapeutin und Expertin für Online-Dating.
- Beziehungsexperte 50+ Stefan Woinoff: Facharzt für Psychosomatische Medizin, Psychotherapeut und Experte fürs Dating in der zweiten Lebenshälfte.
Was könnten die Ursachen ihrer Lustlosigkeit sein?
Beginnen wir mit einem ehrlichen, offenen Blick: Gibt es vielleicht Gründe für ihre Zurückhaltung, die bisher unausgesprochen geblieben sind? Es könnten körperliche, emotionale oder sogar gesellschaftlich geprägte Faktoren sein – oft greifen mehrere ineinander.
- Ist der Sex zu zielorientiert? Viele Frauen erleben Frust, wenn der Sex immer auf ein Ziel zusteuert: den männlichen Orgasmus. Wenn sie dabei nicht mitgenommen wird, innerlich abschaltet oder ständig unter "Leistungsdruck" steht, kann sich Lust schnell in Rückzug verwandeln.
- Hat sie Schmerzen beim Sex? Auch das kommt häufiger vor, als viele Männer ahnen. Frauen verschweigen Schmerzen oft, um den Partner nicht zu enttäuschen – und vermeiden Sex dann unbewusst ganz.
- Fühlt sie sich übergangen? Wenn das Tempo, die Stellungen oder die Art der Berührung immer von ihm bestimmt werden, verliert sie das Gefühl, "mitzuspielen" – und wird zur Zuschauerin im eigenen Körper.
- Schämt sie sich für ihren Körper? In einer Welt voller perfekter Körperbilder kann jede Pore zur Unsicherheitszone werden. Viele Frauen vermeiden Intimität, weil sie sich im eigenen Körper nicht wohlfühlen – vor allem, wenn sie nackt im hellen Licht oder unter kritischen Blicken agieren sollen.
- Hormonelle Achterbahn? Besonders in den Wechseljahren kann die Libido Achterbahn fahren – von "völlig lustlos" bis "überraschend wild". Ein Besuch beim Frauenarzt kann helfen, Klarheit zu schaffen.
- Stress, Überlastung, Erschöpfung? Wenn Frauen ständig funktionieren müssen – im Job, im Haushalt, mit Kindern – dann bleibt für Lust oft schlicht keine Energie übrig. Die Libido ist ein empfindlicher Luxusartikel, der sich nur einstellt, wenn Raum für Genuss da ist.
Die zentrale Frage lautet also: Was braucht meine Partnerin, um überhaupt Lust entwickeln zu können? Und nicht: Was mache ich falsch? Denn es geht nicht um Schuld – sondern um Verbindung.
Sechs Wege, wie Sie Ihre Lust sanft wiederbeleben können
1. Zeit für Liebe schaffen
Sex findet oft dann statt, wenn beide eigentlich schon mit einem Bein im Bett sind – also: im "Jetzt-nur-noch-schnell"-Modus. Das ist ungefähr so romantisch wie Steuererklärung bei Kerzenschein.
Schaffen Sie bewusst Gelegenheiten, in denen beide wach, entspannt und offen sind: Ein Sonntagmorgen mit viel Zeit. Ein frühes Abend-Date ohne TV oder Handy. Machen Sie ein echtes Ritual daraus – am besten nicht unter Zeitdruck.
2. Wunschkonzert statt Selbstläufer
Statt "Was willst du denn jetzt schon wieder?" lieber mal: "Was wünschst du dir heute von mir?" Spielen Sie für einen Abend den Diener Ihrer Königin – mit Neugier und liebevoller Hingabe. Was streichelt ihre Seele, was kitzelt ihre Fantasie? Zwei oder drei echte Wünsche (keine Alibifragen) – und Sie lernen Ihre Partnerin neu kennen. Versprochen.
3. Frauenfreundliche Liebeszeiten etablieren
Einmal pro Woche kann eine Art Slow-Sex-Date stattfinden – ganz ohne Ziel, ohne Erwartung. Stattdessen: viel Berührung, liebevolle Aufmerksamkeit, vielleicht ein gemeinsames Bad, sinnliche Musik oder eine erotische Massage.
Wichtig: gedämpftes Licht, keine Eile und kein "Jetzt müsste aber mal was passieren". Lust entsteht oft nach der Erregung – nicht vorher. Und Frauenfreundlichkeit heißt: Sie darf spüren, nicht leisten.
4. Lustmeditation: Sex in Zeitlupe
Vielleicht klingt es esoterisch – aber es wirkt: Lustmeditationen helfen Frauen, wieder in den eigenen Körper zurückzufinden. Alles geschieht langsam, mit Achtsamkeit und viel Zeit zum Spüren. Sie könnten auch gemeinsam eine Anleitung ausprobieren – und sich überraschen lassen, wie erotisch "nichts Müssen" sein kann.
5. Offen fragen – ehrlich zuhören
Stellen Sie beim Sex immer mal wieder sanft die Frage: "Was fühlst du gerade?" oder "Was brauchst du jetzt von mir?" Diese Fragen können wahre Wunder wirken – wenn sie echt gemeint und nicht taktisch gestellt sind. Vielleicht erzählt sie Ihnen, dass etwas wehtut oder sie sich gerade zurückzieht – und plötzlich können Sie miteinander gestalten, statt aneinander vorbei.
6. Der Satz, den Frauen viel öfter hören sollten: "Wir haben Zeit, Liebes."
Es klingt so simpel – und ist doch der Schlüssel zu so vielen Schlafzimmern: Zeit. Frauen brauchen das Gefühl, sich nicht beeilen zu müssen. Nicht funktionieren zu müssen. Nicht leisten zu müssen.
Wenn sie von Ihnen hört: "Wir haben Zeit. Wir müssen nirgendwo hin. Ich will einfach bei dir sein."– dann ist das oft erotischer als jedes Kompliment. Denn Zeit ist das wertvollste Liebesgeschenk überhaupt.
Fazit:
Lust lässt sich nicht befehlen – aber man kann ihr den roten Teppich ausrollen. Und je mehr Raum, Aufmerksamkeit und Zärtlichkeit sie bekommt, desto eher kehrt sie zurück. Nicht als "Pflichtprogramm", sondern als Ausdruck gelebter Nähe.
Also, lieber Leser: Wenn Sie sich auf diesen Weg machen – ohne Erwartungen, aber mit viel Neugier – dann könnte es sein, dass Ihre Frau irgendwann gar nicht mehr muss … sondern vielleicht sogar will. Und das ist dann echtes Lust-Glück. Für beide.
Dieser Beitrag stammt aus dem EXPERTS Circle – einem Netzwerk ausgewählter Fachleute mit fundiertem Wissen und langjähriger Erfahrung. Die Inhalte basieren auf individuellen Einschätzungen und orientieren sich am aktuellen Stand von Wissenschaft und Praxis.