Mit dem Kartoffelpflug durch den Lech: Wie Fischer heimischen Arten beim Laichen helfen
Im Lech legen Fische ihre Eier am liebsten in den kiesigen Grund. Im Laufe der Zeit hat sich der Boden aber so verändert, dass ein Laichen kaum noch möglich ist. Beim Kreisfischereiverein Schongau hat man sich daher etwas einfallen lassen.
Epfach – Der Pflug von Armin Schelkle ist ein stattliches Gerät. Mindestens einmal im Jahr packt es der Landwirt auf seinen Hänger, bringt es ans Lechufer und schiebt es in den Fluss. Denn anstatt mit dem alten Kartoffelpflug den Ackerboden umzugraben, nutzt der Epfacher das schwere Stück, um das kiesige Flussbett zu durchfurchen. Was ungewöhnlich ausschaut, ist vor allem eines: pragmatischer Naturschutz.
Denn der Boden im Lech ist schon lange nicht mehr in dem Zustand, in den ihn die Natur vor vielen tausend Jahren geformt hatte. Menschen bauten Wasserkraftwerke, begradigten den Flusslauf – und brachten damit das Strömungsverhalten gewaltig aus dem Gleichgewicht.
Mit Pflug durch den Lech: Wie Fischer heimischen Arten beim Laichen helfen
„Es gibt kein Geschiebe und Hochwasser mehr, was dazu führt, dass der Kiesboden versandet und verbackt“, erklärt Erik Bohl, Diplom-Biologe und Vorstandsmitglied im Kreisfischereiverein Schongau. Er steht neben seinem Vereinskollegen Armin Schelkle nahe der Lechstaustufe 11 bei Epfach und zeigt auf den Kies im Uferbereich, der, wie die meisten Flussabschnitte, immer wieder auf diese Weise verstopft. Kolmatierung nenne man das, sagt Bohl.
Für die heimischen Fischarten, die angesichts des Klimawandels und steigender Wassertemperaturen ohnehin gefährdet sind, hat das ernsthafte Konsequenzen. Denn in einem verfestigten Boden könne kein Kieslückensystem bestehen, erklärt der Biologe. Ein solches brauche es aber, damit Fische ihre Eier ablegen können. „Ein Lückensystem ist unverzichtbar für Fischlaich und andere Kleintiere.“

An dieser Stelle kommt Schelkles Pflug ins Spiel: Der Epfacher kam 2017 auf die Idee, den Kiesboden im Lech einfach umzupflügen. Wie einen verkrusteten Ackerboden, den man wieder auflockert. Wie er und Bohl berichten, habe man diesen Vorschlag seitens der Behörden aber erst einmal kritisch gesehen. „Man hatte Angst, dass wir mit dem Schlepper Schadstoffe in den Lech bringen.“
Der Schlepper bleibt während des Pflügens aber fest am Ufer stehen, während der Pflug mittels Umlenk-Rolle und Stahlseil gezogen und von zwei Personen durch den Lech geführt wird. Mit Diesel oder Öl kommt das Lechwasser also nicht in Kontakt. So erteilten das Landratsamt Landsberg, das Wasserwirtschaftsamt und der Wasserrechtsinhaber Uniper die Genehmigung für die ungewöhnliche Aktion – zunächst nur einmalig und unter strengen Auflagen. „Inzwischen müssen wir nur noch den Termin nennen, wenn wir wieder pflügen wollen“, freut sich Bohl über die gute Zusammenarbeit.
Zwischen 100 und 200 Quadratmetern bearbeiten die Fischer jedes Jahr auf diese Weise. „In der Regel machen wir das im Herbst, vor der Laichzeit der Bachforelle“, sagt Schelkle. Eine andere Technik ist das Auflockern des Kieses per Wasserdruck – also mit einem Feuerwehrschlauch. „Das ist an Stellen sinnvoll, an die man mit dem Schlepper nicht kommt.“
Brutkästen für Fischnachwuchs
Was die Fischer besonders freut, ist, dass sie schon kurz nach Bearbeitung des Bodens beobachten können, wie die ersten Fische heraneilen und ihre potenziellen Laichflächen begutachten: „Darunter sind Bachforellen, Mühlkoppen und Barben“, erzählt Erik Bohl begeistert. Auch Äschen habe man schon gesehen. Insgesamt habe man bereits „erstaunliche Erfolge“ machen können, seit der Kies im Lech regelmäßig aufbereitet wird, so die Fischer.
Um in Sachen Fischbestand zusätzlich nachzuhelfen, greift man beim Kreisfischereiverein Schongau auch auf sogenannte WV-Boxen zurück: Brutboxen, in denen Fischbabys heranwachsen. Darüber hinaus probiert man immer wieder Neues aus; vor kurzem hat Schelkle etwa eine Art Floß gebaut, in das er die Brutboxen einhängt. Und auch direkt in aufgeschütteten Kies hat er schon Fischeier gesetzt: „Das hat super funktioniert.“
Den Lechpflug im Einsatz hat der Fischer und Youtuber Dennis Mall dieses Jahr gefilmt. Zu sehen ist das Video unter anderem auf der Seite des Kreisfischereivereins Schongau unter dem Reiter „Naturschutz“.