Sondervermögen am seidenen Faden: Ausgerechnet Aiwanger kann historisches Finanzpaket platzen lassen

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Union und SPD haben sich auf ein historisches Finanzpaket geeinigt. Ausgerechnet Hubert Aiwanger könnte das Vorhaben entscheidend blockieren. Drohen die Pläne zu scheitern?

München – Bei der Bundestagswahl 2025 erhielten die Freien Wähler mit ihrem Spitzenkandidaten Hubert Aiwanger gerade einmal 1,5 Prozent der Stimmen und verpassten so deutlich den Einzug in das Parlament. Trotzdem könnte Aiwanger in den kommenden Tagen die politische Zukunft Deutschlands stark beeinflussen. Union und SPD haben sich in ihren Sondierungsgesprächen auf ein Sondervermögen für Infrastruktur und eine Ausnahme für Verteidigungsausgaben von der Schuldenbremse geeinigt. Doch bis zur Umsetzung der Vorhaben ist es noch ein langer Weg – auf dem ausgerechnet Aiwanger und seine Freien Wähler als Hindernis warten.

Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger könnte mit Blick auf Sondervermögen und Schuldenbremse zum Spielverderber für Schwarz-Rot werden. © Montage: Armin Weigel/Carsten Koall/dpa

Historische Finanzpläne von Union und SPD – Aiwanger könnte Änderung der Schuldenbremse blockieren

Doch wie kann es sein, dass am Ende eine 1,5-Prozent-Partei über die haushaltspolitische Zukunft der Bundesrepublik entscheiden könnte? Der Reihe nach: Für die Schaffung eines Sondervermögens und eine Anpassung der Schuldenbremse ist eine Änderung des Grundgesetzes nötig. Dafür brauchen Union und SPD zunächst eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag. Nach den alten Mehrheitsverhältnissen wären dazu entweder die Stimmen der FDP- oder Grünen-Fraktion nötig. Eine Zustimmung der Freien Demokraten, die als starker Befürworter der Schuldenbremse gelten, ist unwahrscheinlich. Am Ende hängt es deshalb wohl an den Grünen, die eine Zustimmung zu dem Vorhaben zumindest nicht ausgeschlossen haben. Doch der Bundestag ist nur die erste Hürde.

Im Anschluss müssten das Sondervermögen für Infrastruktur und die Anpassung der Schuldenbremse auch noch den Bundesrat mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit passieren. Dafür bräuchten Union und SPD insgesamt 46 Stimmen aus den Ländern. Wenn man davon ausgeht, dass alle Bundesländer, in denen eine Kombination aus CDU, SPD und Grünen regiert, der Grundgesetzänderung zustimmen werden, kommt man jedoch nur auf 41 Stimmen. 22 weitere Stimmen fallen auf Landesregierungen, denen entweder FDP, BSW oder die Linke angehören. Während die FDP einer Aufweichung der Schuldenbremse generell kritische gegenüber steht, dürften BSW und Linke sich vor allem gegen die Mehrausgaben für Verteidigung stemmen. Eine Zustimmung der Parteien für das Vorhaben in der aktuellen Form gilt deswegen als ausgeschlossen. Somit bleibt nur noch ein Bundesland übrig: Bayern.

„Glaubwürdigkeit eines Heiratsschwindlers“: Aiwanger poltert wegen Sondervermögen und Schuldenbremse gegen Union

Sollte Bayern mit seinen sechs Stimmen für die Grundgesetzänderung votieren, hätten Union und SPD die benötigte Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundesrat. Doch der Haken für Markus Söder, Friedrich Merz und Co hat einen Namen: Hubert Aiwanger. Der bayerische Wirtschaftsminister hatte seit der Bekanntgabe der Schuldenpläne am Dienstag scharfe Kritik an dem Vorhaben geäußert.

CDU und CSU hätten im Wahlkampf auf die Schuldenbremse beharrt, nun werde wenige Tage nach der Wahl quasi als erste Amtshandlung „die Schuldenbremse pulverisiert“, sagte Aiwanger bei der Aschermittwochs-Veranstaltung seiner Partei in Deggendorf. Den Unionsparteien attestierte er deswegen die „Glaubwürdigkeit eines Heiratsschwindlers“. Über den CDU-Chef fügte Aiwanger hinzu: „Dieser Pirouetten-Merz trägt nicht zum Vertrauen in die Politik bei, das dringend nötig ist.“

Sollte Aiwanger sich bei Schuldenbremse und Sondervermögen querstellen, droht das Scheitern des Vorhabens im Bundesrat. Ohne Bayern gäbe es voraussichtlich keine Zwei-Drittel-Mehrheit in der Länderkammer. Der Chef der bayerischen Freien Wähler würde damit die sicherheitspolitische Zukunft für in Deutschland und Europa maßgeblich beeinflussen und darüber hinaus seinem Koalitionspartner Markus Söder und dessen Mitstreitern eine bittere politische Niederlage bescheren.

Was ist die Schuldenbremse?

Die Schuldenbremse sieht vor, dass die Haushalte von Bund und Ländern grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen sind. Diese Regelung ist in Artikel 109 Grundgesetz verankert. Ziel der Schuldenbremse ist es, die langfristige Tragfähigkeit der Haushalte von Bund und Ländern und die finanziellen Handlungsspielräume zur Erfüllung der staatlichen Aufgaben zu sichern.

Quelle: Bundesfinanzministerium

Merz und Söder müssen wegen Aiwanger um Finanzpaket fürchten – Bayern-SPD streckt CSU die Hand aus

Eine Alternative kam ebenfalls am politischen Aschermittwoch aus den Reihen der Bayern-SPD. Holger Grießhammer, Vorsitzender der SPD-Fraktion im bayerischen Landtag, merkte auf einer Veranstaltung an: „Die Zusammenarbeit von CSU und Freien Wählern wird zunehmend frostig.“ Gegenüber der Süddeutschen Zeitung legte der SPD-Politiker am Mittwoch nach. Sollte Söder seinen Juniorpartner in der Koalition loswerden wollen: „Wir wären bereit“. CSU und SPD verfügen im Landtag allerdings nur über eine knappe Mehrheit von einer Stimme.

Ob Aiwanger am Ende tatsächlich die Änderung der Schuldenbremse blockieren würde, werden die kommenden Tage zeigen. Zunächst müssen Union und SPD die Grünen für eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag ins Boot holen. Das Parlament soll laut Plan am 18. März (Dientag) über das Vorhaben abstimmen. Am 21. März (Freitag) ist bereits eine Sitzung der Länderkammer angesetzt. Spätestens dann dürften sich alle Augen auf Aiwanger richten. (fd)

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