Deutlicher Rückgang bei Asylanträgen in Deutschland – wohl auch dank Italien
In Deutschland werden 2024 bislang deutlich weniger Asylanträge gestellt als ein Jahr zuvor. Der Trend könnte sich jedoch bald wieder umkehren.
Brüssel – Mit der Migration nach Deutschland geht es abwärts. Zumindest, was die nackten Zahlen betrifft. Ob dies genügt, die seit Monaten köchelnde Debatte etwas abzukühlen, bleibt aber fraglich. Denn auch wenn die Ampel-Parteien und die Union angesichts der jüngsten Entwicklung etwas durchpusten dürften, können sie diese wohl nicht so einfach als Erfolg ihrer Politik verkaufen.
Den vertraulichen Zahlen der EU-Asylagentur (EUAA) zufolge, über die die Welt (Artikel hinter einer Bezahlschranke) berichtet, gingen die Asylanträge in Deutschland von Anfang Januar bis Ende September im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 24 Prozent zurück. Mit 170.574 Anträgen bleibt die Bundesrepublik jedoch Spitzenreiter der untersuchten Länder.
Asylanträge in Europa: Rückgang in Deutschland liegt über dem Durchschnitt
Insgesamt ersuchten in diesen neun Monaten 739.735 Menschen in der EU, in Norwegen und in der Schweiz um Asyl. Dies macht einen Rückgang von acht Prozent. Anders sieht der Trend hingegen in Griechenland aus, wo ein Plus von 39 Prozent zu verzeichnen ist. In Italien sind es ein Viertel mehr als in den ersten neun Monaten 2023.
Der deutliche Anstieg im von den Postfaschisten um Ministerpräsidentin Giorgia Meloni regierten Urlaubsland ist demnach darauf zurückzuführen, dass sich die Migrationsströme von Tunesien nach Libyen verlagern und von dort vor allem Nigerianer, Sudanesen und Ägypter Richtung Süditalien übersetzen. Österreich hat derweil seine Zahlen mehr als halbieren können – 18.984 Asylanträge bedeuten ein Minus von 57 Prozent.
EU und die Migrationsfrage: Griechenland und Italien winken Geflüchtete nicht mehr so einfach durch
Stellt sich die Frage: Worin liegt der Trend begründet? Die seit dem 16. September zumindest für sechs Monate wieder an allen deutschen Grenzübergängen durchgeführten Kontrollen können sich natürlich nicht so schnell niederschlagen. Zumal von Experten ohnehin infrage gestellt wird, wie wirkungsvoll diese Maßnahmen sind. Denn Optionen, ins Land zu kommen, gibt es noch immer: etwa abseits der großen Verkehrswege oder versteckt in Fahrzeugen, die nicht so genau überprüft werden.
Dem Bericht zufolge soll vielmehr entscheidend sein, dass die Regierungen in Athen oder Rom aufgrund neuer europäischer Absprachen nicht mehr so viele Migranten in andere Länder durchwinken. Das klingt nach einer Umsetzung des sogenannten Dublin-Verfahrens, wonach in der Regel das EU-Land für einen Asylantrag zuständig sein soll, in dem der Geflüchtete erstmals das Territorium des Staatenbundes betritt.
Zudem sollen die Grenzkontrollen auf dem Balkan immer besser funktionieren. Hier werden die Migranten demnach frühzeitig abgewiesen und können somit nicht mehr in Richtung Norden ziehen. Über die sogenannte Balkan-Route kommen vor allem Flüchtlinge aus dem Nahen Osten nach Europa.
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Migration nach Deutschland: Große Anziehungskraft für Geflüchtete aus Syrien und Afghanistan
Deutschland scheint jedoch weiterhin eine große Anziehungskraft für Geflüchtete aus Syrien und Afghanistan zu haben. Fast jeder zweite Asylantrag in der EU aus diesen beiden Ländern wird in der Bundesrepublik gestellt. Unter allen Antragstellern hierzulande machen jene aus Syrien 30 Prozent aus, Menschen aus Afghanistan folgen mit 15 Prozent, vor Personen aus der Türkei mit 13 Prozent.
Auch EU-weit liegen Schutzsuchende aus Syrien mit 14 Prozent vorne, vor jenen aus Afghanistan mit 8,6 Prozent und Menschen aus Venezuela mit sieben Prozent.

Flucht nach Europa: Deutschland verzeichnet im ersten Halbjahr 24 Prozent aller Asylanträge
Die letzten offiziellen Zahlen der EUAA stammen von Mitte September und umfassen die ersten sechs Monate des Jahres. Demnach wurden 512.989 Asylanträge in der EU, in Norwegen und in der Schweiz gestellt. Das ist ein Rückgang von 1,35 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und der zweithöchste Wert seit 2016.
Deutschland macht mit 124.319 Anträgen 24 Prozent aus. 57 Prozent aller Asylanträge von Schutzsuchenden aus der Türkei wurden in Deutschland gestellt, es folgen Syrien mit 51 Prozent, der Irak mit 48 Prozent und Afghanistan mit 42 Prozent.
Dagegen suchten Ukrainer vor allem in Frankreich Asyl (50 Prozent). Italien lag unter anderem bei Bangladesch (80 Prozent), Tunesien (69 Prozent), Ägypten (59 Prozent), Peru und Pakistan (jeweils 53 Prozent) vorn. Spanien dominiert als Ziel vor allem für Geflüchtete aus Venezuela (90 Prozent) und Kolumbien (80 Prozent).
Migration in Europa: EU-Kommission befürchtet neue Flüchtlingswelle aus dem Libanon
Angesichts der Eskalation im Nahen Osten, wo nun auch der Libanon zum Kriegsgebiet wird, befürchtet die EU-Kommission laut der Welt eine weitere Flüchtlingswelle. So wird aus dem aktuellen Lagebericht zur Migration in Europa zitiert: „Vor dem Hintergrund der großen Zahlen an syrischen Flüchtlingen im Libanon (nahezu 1,5 Millionen) und der verschlechterten humanitären Lage für die gesamte Bevölkerung im Libanon, wird sich die Zahl derjenigen, die über die Grenze flüchten, wahrscheinlich erhöhen.“
Noch sei dies in der EU jedoch nicht zu spüren. SPD, Grünen, FDP und auch CDU/CSU dürfte aber angesichts dieser Sätze klar werden, dass sie in der Migrationsdebatte noch lange nicht aufatmen können. Schon bald können sich die Zahlen wieder drehen und der AfD neue Munition für ihr Lieblingsthema verschaffen. (mg)