„Renten-Hammer“ von Bas sorgt für Streit: Union kritisiert „Schnellschuss im Ampel-Modus“

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Die neue Arbeitsministerin von der SPD schlägt vor, Pensionen und Renten in ein gemeinsames System zu packen. Aus den anderen Parteien kommt Protest. Vor allem aus der Union.

München – Der Koalitionsvertrag hat 4588 Zeilen, 144 Seiten, drei Dutzend Mal kommt das Wort „Rente“ vor. Den ersten Rumpler in der neuen Koalition gibt es aber nun ausgerechnet über eine Idee, von der kein Pieps im Kontrakt steht: Die SPD verlangt einen radikalen Umbau des Rentensystems. Die neue Arbeitsministerin Bärbel Bas versucht mit diesem Thema ihren ersten großen Aufschlag.

Arbeitsministerin Bas wagt Renten-Vorstoß – „müssen die Einnahmen verbessern“

„Wir müssen mehr Leute an der Finanzierung der Rentenversicherung beteiligen“, sagte die SPD-Politikerin der Mediengruppe „Funke“. „In die Rentenversicherung sollten auch Beamte, Abgeordnete und Selbstständige einzahlen. Wir müssen die Einnahmen verbessern.“ Über die Ausgestaltung werde die von Schwarz-Rot vereinbarte Rentenkommission „zügig“ beraten.

Der Altersabsicherung von Arbeitnehmern und Beamten besteht aus zwei eigenständigen Systemen. Arbeitnehmer sind durch die gesetzliche Rentenversicherung abgesichert. Diese wird durch Beiträge von Arbeitnehmern und Arbeitgebern finanziert. Da diese aber nicht ausreichen, kommen Milliarden-Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt dazu. Beamte, Richter, Berufssoldaten und andere Beschäftigte im öffentlichen Dienst erhalten dagegen nach dem Dienst eine Pension, die ganz vom Staat finanziert wird. Der Staat trägt auch die Altersentschädigung von Abgeordneten.

Bas plant Beamten-Reform bei der Rente – Union spricht von „unüberlegten Schnellschuss“

Das klingt stabil, ist es aber nicht. Die gesetzliche Rentenversicherung befindet sich in einer Demografie-Falle. Durch die niedrigen Geburtenzahlen gibt es immer weniger Beitragszahler. Gleichzeitig steigt die Zahl der Rentenbezieher, weil die geburtenstarken Jahrgänge nach und nach aus dem Berufsleben ausscheiden. Bas weiß zudem, dass die Zahlen auf den ersten Blick ungerecht klingen. Die Durchschnittsrente nach 45 Versicherungsjahren liegt in Deutschland (Stand Ende 2023) bei 1604 Euro; Kranken- und Pflegeversicherung sind hier abgezogen, eventuelle Steuern nicht. Die durchschnittliche Pension (Januar 2024) lag laut offiziellen Angaben aber bei 3240 Euro brutto.

Die neue Arbeitsministerin Bärbel Bas rüttelt am Rentenkonzept. Neben ihr: Parteichef Lars Klingbeil.
Die neue Arbeitsministerin Bärbel Bas rüttelt am Rentenkonzept. Neben ihr: Parteichef Lars Klingbeil. © Matthias Bein/dpa

Realistisch ist der Vorstoß nicht. Die Union blockt sofort ab. Von einem „unüberlegten Schnellschuss im Ampel-Modus“ spricht Klaus Holetschek, Landtagsfraktionschef der CSU und einer der engagierteren Sozialpolitiker der Partei. „Solche Forderungen rütteln nicht nur an den Grundfesten eines attraktiven und leistungsfähigen öffentlichen Dienstes, sondern vor allem bringen sie Rentnerinnen und Rentnern keinen Cent mehr“, sagte er unserer Zeitung. Stattdessen bringe das „immense Mehrbelastungen für die Rentenversicherung und die öffentlichen Haushalte“, Holetschek spricht von Milliarden. Er schickt eine scharfe Warnung an Bas: „In der neuen Koalition ist das Motto ,Verantwortung für Deutschland‘ und nicht ,Ideologieprojekte für Sozialdemokraten‘, daran solle sich Bas halten.

Kubicki kritisiert Bas‘ „Rente-Hammer“ – Zustimmung von Linken und BSW

Ähnlich schroff reagieren mehrere führende Unionspolitiker. Auch die außerparlamentarische FDP meldet Protest an. „Finanzierbar wäre der Renten-Hammer auch nicht“, sagt Parteivize Wolfgang Kubicki. „Was wir stattdessen brauchen, ist eine Kapitaldeckung der gesetzlichen Altersvorsorge durch eine Aktien-Rente.“ Zustimmung erhält Bas von Linken und BSW. Die Politik könne ja mit gutem Beispiel vorangehen und Abgeordnete und Minister in die gesetzliche Rente einzahlen lassen, schlägt Sahra Wagenknecht vor.

Bas denkt offenbar an Parteivorsitz

Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas signalisiert Interesse an einer Bewerbung für den SPD-Vorsitz an der Seite von Parteichef Lars Klingbeil. „Ich habe den Parteivorsitz nicht ausgeschlossen, aber bisher sind beide Vorsitzenden ja im Amt“, sagte Bas. Saskia Esken erklärte jedoch am Sonntagabend, dass sie nicht mehr antreten werde. Auf die Frage, was sie Klingbeil antworte, wenn er sie nach ihrem Interesse an dem Posten frage, antwortete Bas: „Das hat er noch nicht.“

Der Beamtenbund meldet generell Zweifel an. „Einer Zwangs-Einheitsversicherung erteilen wir eine klare Absage“, sagte der dbb-Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach. Die Beamten da einzubeziehen, hätte zur Folge, dass die Dienstherren den Arbeitgeberanteil zur Rentenversicherung zusätzlich zu tragen hätten. Zugleich müssten die Bruttobezüge der Beamten im Hinblick auf eine Beitragspflicht angehoben werden, erläuterte Silberbach.

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