Bas will Beamte in Rentenkasse einzahlen lassen – Union ist entsetzt: „Populistischer Unfug“
Die Reaktionen auf den Vorstoß von Arbeitsministerin Bas sind geteilt. Wirtschaftsexperten sind eher skeptisch, es wird sogar eine Mehrbelastung der Rentenkasse erwartet.
Berlin – Die Alterssicherung von Arbeitnehmern und Beamten besteht aus zwei getrennten Systemen. Arbeitnehmer sind über die gesetzliche Rentenversicherung abgesichert, die aus Beiträgen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern finanziert wird. Da diese aber nicht ausreichen, kommen milliardenschwere Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt hinzu. Im Jahr 2022 waren es laut der Deutschen Rentenversicherung (DRV) insgesamt rund 109 Milliarden Euro, im Jahr darauf 112,5 Milliarden Euro.
Beamte, Richter, Berufssoldaten und andere Beschäftigte des öffentlichen Dienstes erhalten dagegen nach dem Ausscheiden aus dem Dienst eine Pension. Diese wird zu 100 Prozent vom Staat finanziert.
Um die gesetzliche Rentenversicherung langfristig zu sichern, will die neue Arbeits- und Sozialministerin Bärbel Bas künftig den Kreis der Beitragszahler erweitern. „In die Rentenversicherung sollten auch Beamte, Abgeordnete und Selbstständige einzahlen. Wir müssen die Einnahmen verbessern,“ sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Bas will Beamte in Rentenkasse einzahlen lassen: Union und Beamtenbund sind strikt dagegen
Die Reaktionen aus der Union auf Bas‘ Vorstoß ließen nicht lange auf sich warten. Christoph Ahlhaus (CDU), Vorsitzender des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW), bezeichnete den Vorschlag als „populistischen Unfug, der kein einziges Problem der Rente langfristig löst“.

„Die Einbeziehung von Selbstständigen und Beamten in die Rente löst weder die Probleme in der Rentenversicherung, noch ist das vom Koalitionsvertrag gedeckt“, sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann der Bild am Sonntag. Widerspruch kommt auch von der FDP. Parteivize Wolfgang Kubicki verwies auf eine notwendige Grundgesetzänderung. „Finanzierbar wäre der Renten-Hammer auch nicht.“
Der Deutsche Beamtenbund (dbb) lehnt den Vorstoß von Bas strikt ab. „Einer Zwangs-Einheitsversicherung erteilen wir eine klare Absage“, sagte der dbb-Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach der Deutschen Presse-Agentur. Er verwies darauf, dass die Dienstherren den Arbeitgeberanteil zur Rentenversicherung zusätzlich zu tragen hätten. Gleichzeitig müssten die Bruttobezüge der Beamtinnen und Beamten im Hinblick auf eine Beitragspflicht angehoben werden. „Somit wäre eine Systemumstellung insgesamt mit enormen Kosten verbunden. Woher das Geld dafür gerade jetzt kommen soll, sagt Frau Bas nicht.“
Bas will Beamte in Rentenkasse einzahlen lassen: Gerechtigkeits- und Finanzierungslücke schließen
Zuspruch kommt dagegen vom BSW. Die gesetzliche Rente sei „über Jahrzehnte kaputtgespart“ worden, sagte Vorsitzende Sahra Wagenknechte der Bild am Sonntag. Deutschland brauche ein Rentensystem, „in das alle“ einzahlten, auch Politiker, Selbstständige und Beamte.
Die Vorsitzende der Linksfraktion, Ines Schwerdtner, begrüßte den Vorstoß. „Der Vorschlag ist ein erster Schritt zu einem Rentensystem für alle“, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Damit könne das gesetzliche Rentenniveau von heute 48 auf 53 Prozent steigen.
Auch der Sozialverband VdK äußert sich positiv. Eine Erwerbstätigenversicherung, in die alle einzahlen, würde nicht nur eine große Gerechtigkeitslücke schließen, „sondern bis in die 2070er Jahre auch eine Finanzierungslücke in der gesetzlichen Rente,“ sagte VdK-Präsidentin Verena Bentele der dpa.
Bas will Beamte in Rentenkasse einzahlen lassen: Wirtschaftsexperte erwartet sogar Mehrbelastung
Wirtschaftsexperten sind dagegen skeptisch. „Immer wieder machen sich Politiker die optische Täuschung zunutze, dass das Rentensystem besser aufgestellt wäre, wenn mehr Leute einzahlen würden“, sagte der Wirtschaftsweise Martin Werding Ende April dem Tagespiegel. Das sei aber nicht der Fall, denn wer nicht einzahle, bekäme auch keine Leistungen. Außerdem hätten Beamte eine höhere Lebenserwartung als Nicht-Beamte. „Streng genommen würde es die Rentenkasse sogar belasten, sie ins System zu holen,“ so Werding.
Ähnlich verhält es sich bei Selbstständigen. „Das ist politisch sinnvoll, für die Rentenkasse aber am Ende ein Nullsummenspiel“, sagte der Ökonom Axel Börsch-Supan von der TU München Ende März dem Tagesspiegel.