Wirtschaft auf Talfahrt: Firmenchefs voller Sorgen – Stellenabbau droht

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Die hohen Energiepreise machen Unternehmern im Oberland zu schaffen: Wohin die Reise 2025 geht, steht noch nicht fest. (Symbolfoto) © Ralf Hirschberger

Die Wirtschaft in Deutschland befindet sich auf Talfahrt. Die Betriebe im Landkreis sind von der Rezession betroffen. Das sind die Herausforderungen.

Bad Tölz-Wolfratshausen – Die wirtschaftliche Stimmung im Oberland befindet sich nach Angaben der jüngsten Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) auf Talfahrt. Die Geschäfte laufen vielfach schlecht, die Aussichten sind trüb und viele Unternehmer sind verunsichert aufgrund der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen – so lässt sich die Umfrage zusammenfassen. Weitere Belastungen sind hohe Energiepreise und der Fachkräftemangel. Jedes vierte Unternehmen im Oberland – gemeint sind damit die Landkreise Bad Tölz-Wolfratshausen, Miesbach, Weilheim-Schongau und Garmisch-Partenkirchen – denkt sogar über Stellenstreichungen nach, und 19 Prozent wollen Investitionen zurückfahren.

„Doppelt so viel wie in den vergangenen Jahren“: Bäckermeister berichtet von steigenden Butterpreisen

Im Handwerksbereich liegen die Problemfelder ähnlich. „Die hohen Energiekosten und die gestiegenen Rohstoffpreise sind ein Riesenthema“, sagt Bäckermeister Toni Lugauer aus Benediktbeuern in seiner Funktion als stellvertretender Kreishandwerksmeister. In seinem Betrieb läuft jetzt die Weihnachtsproduktion an. Für zehn Kilo Butter musste er nun fast 100 Euro bezahlen, für das Kilo Schokoladenkuvertüre zwölf Euro. „Das ist doppelt so viel wie in den vergangenen Jahren“, sagt Lugauer. „Aber ich kann doch nicht für 100 Gramm Gebäck 8 Euro verlangen.“ Trotzdem, die Preise werden angehoben. Für 100 Gramm Vanillekipferl muss der Kunde heuer 6,80 Euro bezahlen, zwei Euro mehr als 2023.

Anton Lugauer
Anton Lugauer, Bäckermeister aus Benediktbeuern und stellvertretender Kreishandwerksmeister. © THOMAS PLETTENBERG

Spricht man mit Firmenchefs, kommt die Rede schnell auf Bürokratie. „Wenn eine Vorschrift wegfällt, kommt drei neue hinzu“, sagt Lugauer und findet: „Den überregionalen Politikern fehlt der Bezug zum Handwerk.“ Ins gleiche Horn stößt Josef Oswald, Obermeister der Schreinerinnung für Bad Tölz-Wolfratshausen und Miesbach. Die Schreiner müssten jetzt einen Fragebogen der Gesundheitsbehörde ausfüllen, weil sie Waren in Verkehr bringen, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen. „Ein Irrsinn“, sagt der Arzbacher.

„Das interessiert die nicht in Berlin“: Handwerker kritisieren Ampel-Regierung für Bürokratie

Was den Verkauf anbelange, so seien die Kunden derzeit zurückhaltender als vor einem Jahr, sagt Oswald. „Keiner weiß, was morgen kommt. Und niemand investiert, wenn die Lage so unsicher ist.“ Die Politik der Ampel-Regierung sei schlimm. „Der Mittelstand und das Handwerk sind der Motor der Wirtschaft. Aber das interessiert die nicht in Berlin.“

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Dass Wirtschaftsminister Robert Habeck vor Kurzem Investitionszuschüsse angekündigt habe, sei ja im Prinzip gut, sagt Andreas Ross in seiner Funktion als Vorstand des Vereins „Wirtschaftsforum Oberland“. Aber es gebe noch keine Details. „Unternehmer brauchen planbare Verlässlichkeit und einen klaren wirtschaftspolitischen Kurs.“

Nur wenige Gewerbeflächen im Landkreis: Betriebe können an ihrem Standort nicht mehr wachsen

Mit Blick auf den Landkreis berichtet Ross von der Herausforderung, dass es nur wenige bis gar keine Gewerbeflächen gebe. „Es stehen keine nennenswert großen, zusammenhängenden Gewerbegrundstücke zur Verfügung.“ Das sei bedenklich. Schließlich gebe es im Landkreis Betriebe, die am jetzigen Standort nicht mehr wachsen könnten. Gut findet Ross, der hauptberuflich Wirtschaftsförderer des Landkreises ist, kommunale Initiativen wie beispielsweise den neuen Handwerkerhof in Gaißach. „Gerade für Gründer sind solche kleinen Flächen sehr wichtig.“

Alarmierende Entwicklung: Stellenabbau im Oberland droht

Grundsätzlich, sagt Renate Waßmer, sei die riesige Branchenvielfalt im Landkreis dessen Stärke, so die Sparkassen-Chefin in ihrer Funktion als Vize-Präsident der IHK und Vorsitzende des Regionalausschusses. „Man darf auch die Wertschöpfung durch den Tourismus nicht vergessen.“ Mit einer Arbeitslosenquote von 2,3 Prozent stehe man eigentlich sehr gut da. Aber: „Allein schon aus demografischen Gründen wird der Anteil der Erwerbstätigen in den kommenden zehn Jahren zurückgehen.“ Die Rezession und fehlende Planungssicherheit von Seiten der Regierung brächten weiteren Sand ins Getriebe. Dass ein Viertel der Betriebe im Oberland, vor allem im Industriebereich, Stellen streichen möchte, bezeichnet Waßmer als alarmierend.

Renate Wassmer
Renate Waßmer, Vorsitzende des IHK-Regionalausschusses. © Sparkasse

„In Zeiten einer schwächelnden Konjunktur wäre es wichtig, dass die öffentliche Hand investiert“, sagt Waßmer. Und sie hat noch eine weitere Forderung: „Wir brauchen dringend wettbewerbsfähige Stromkosten.“ Der Fachkräftemangel, prophezeit Waßmer, werde sich durch den demografischen Wandel noch verstärken. „Wir sind zwar hier eine Zuzugs-Region, aber es gibt leider keinen bezahlbaren Wohnraum.“ Die Diskussion drehe sich immer wieder um dieselben Themen, bedauert Waßmer. Das Wachstumschancengesetz der Regierung sei ja ein guter Ansatz – aber eben nur ein Ansatz. „Es bräuchte aber einen wirtschaftlichen Befreiungsschlag, der wirtschaftliche Dynamik auslöst.“ (müh)

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