Putin-Polizei präpariert schon jetzt Friedhof und Kirche: Russland rüstet sich für Nawalny-Beerdigung

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Störsender, Kameras, Drohungen: Putin-Polizei wird vor Nawalny-Beerdigung aktiv

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Am Freitag wird Alexej Nawalny in Moskau beerdigt. Russlands Behörden werden schon jetzt aktiv. Die Angst vor Gewalt gegen Trauernde steigt.

Moskau – Russland steht ein brisanter Freitag bevor. Am Nachmittag wird der verstorbene Kreml-Kritiker Alexej Nawalny beerdigt. Die Angst vor Gewalt durch Russlands Behörden gegenüber Trauernden ist groß. Und Wladimir Putins Machtapparat bereitet sich schon vor.

Schon einen Tag vor der geplanten Beerdigung von Kremlgegner Alexej Nawalny hat sich die Polizei in Moskau in Stellung gebracht. Rund um den Borissowskoje-Friedhof im Südosten der russischen Hauptstadt wurden am Donnerstag Polizeipatrouillen gesichtet. Unabhängigen Medien zufolge kontrollierten die Beamten auch die Ausweise und Taschen von Passanten, die auf den Friedhof gelangen wollten. Man wolle „terroristische Operationen verhindern“, hätten die Beamten als Begründung angegeben.

Putins Machtapparat rüstet sich für Nawalny-Beerdigung

Zudem wurden zahlreiche Absperrgitter zum Friedhofsgelände gebracht. Daneben seien an jedem Laternenpfahl externe Überwachungskameras angebracht worden, berichtet etwa das Exil-Portal Meduza. Dem Bericht nach seien auch spezielle Antennen angebracht worden, die als Störsender verwendet werden könnten. Auch in der nächsten U-Bahn-Station patrouilliert die Polizei den Berichten nach schon jetzt verstärkt.

Polizisten stehen Wache auf dem Borissowskoje-Friedhof, wo die Beerdigung des russischen Oppositionsführers Alexej Nawalny am 1. März 2024 stattfindet soll.
Polizisten stehen Wache auf dem Borissowskoje-Friedhof, wo die Beerdigung des russischen Oppositionsführers Alexej Nawalny am 1. März 2024 stattfindet soll. © dpa

In der Kirche, in der die Trauerfeier stattfinden soll, werden offenbar ebenfalls Vorkehrungen getroffen. So seien Plakate über das Verbot von Video- und Audio-Aufnahmen aufgehängt und über dem Altar eine Überwachungskamera angebracht worden, heißt es in dem Bericht. Am Zugang zur Kirche seien Polizeiabsperrungen errichtet worden.

Nawalny-Beerdigung heikel für Putin: Offenbar offene Drohungen an Universität

Nach Angaben eines Kirchenmitarbeiters dürfen „höchstwahrscheinlich nur Verwandte und Freunde an der Trauerfeier teilnehmen“. Diese Angaben sind nicht bestätigt und widersprechen den Äußerungen des Nawalny-Teams. Dieses hat die Menschen aufgerufen, an diesem Freitag trotz erwarteter Polizeipräsenz zur Trauerfeier und zur Beerdigung des Oppositionellen in Moskau zu kommen. Kommen sollten alle, denen Nawalnys politische Arbeit etwas bedeutet habe.

Ein Polizeiauto blockiert eine Straße zum Tor des Borissowskoje-Friedhof, auf dem die Beerdigung des russischen Oppositionsführers Nawalny stattfinden soll.
Ein Polizeiauto blockiert eine Straße zum Tor des Borissowskoje-Friedhof, auf dem die Beerdigung des russischen Oppositionsführers Nawalny stattfinden soll. © dpa

Zudem haben die Behörden offenbar an Schulen und Universitäten davor gewarnt, an der Trauerfeier oder Beerdigung für Nawalny teilzunehmen. Studenten der Russischen Akademie für Volkswirtschaft und öffentliche Verwaltung ist nach dem Medzua-Bericht mit „sofortigem Ausschluss“ aus der Universität gedroht worden.

Nawalny-Beerdigung wirft Schatten voraus: Team will live berichten

Nawalnys Team will live im Internet berichten über die Trauerfeier im südöstlichen Bezirk Marjino sowie über die Beerdigung und empfahl Gästen, früh da zu sein. Es wird ein großes Sicherheitsaufgebot erwartet – und befürchtet, dass Uniformierte Nawalnys Anhängern den Zugang versperren könnten. Auch die Witwe Julia Nawalnaja verbreitete den Aufruf, zur Trauerfeier zu kommen. Nawalnys Mutter Ljudmila Nawalnaja hatte den Körper ihres Sohnes nach tagelanger Forderung an die Behörden, ihn ihr auszuhändigen, am Samstag erhalten. Eine von den Behörden zunächst geforderte heimliche Beerdigung lehnte sie ab.

In den vergangenen Tagen hatte Nawalnys Team nach einem Ort für die Trauerfeier gesucht und beklagt, dass sie dabei von den russischen Behörden behindert wurden. Nach russisch-orthodoxem Brauch ist es eigentlich üblich, Tote nach drei Tagen zu beerdigen und ihren Leichnam vorher im offenen Sarg aufzubahren, damit Trauernde sich verabschieden können. Ein Saal für ein solches Abschiedsritual sei aber nicht zur Verfügung gestellt worden, schrieb Iwan Schdanow, der Direktor des von Nawalny gegründeten Anti-Korruptions-Fonds.

Der Friedhof Borissowskoje, wo die Beerdigung des russischen Oppositionsführers Nawalny am 1. März 2024 stattfindet soll
Der Friedhof Borissowskoje, wo die Beerdigung des russischen Oppositionsführers Nawalny am 1. März 2024 stattfindet soll © dpa

Putins Apparat behindert Nawalny-Beerdigung weiter

Nawalny-Sprecherin Kira Jarmysch beklagte zudem auf der Plattform X (früher Twitter), dass die Behörden die Vorbereitungen für die Trauerfeier weiter behinderten. So sei es noch immer nicht gelungen, einen Leichenwagen zu organisieren, um Nawalnys Körper in die Kirche zu Ehren der Gottesmutterikone „Lindere meine Trauer“ im Bezirk Marjino zu bringen. Dort soll der Trauergottesdienst um 14.00 Uhr Ortszeit (12.00 Uhr MEZ) beginnen, bevor die Beisetzung auf dem rund eine halbe Stunde zu Fuß entfernten Friedhof geplant ist. Die Moskauer Bestattungsunternehmen aber erhielten Drohanrufe von Unbekannten, die sie davor warnten, den Leichnam zu transportieren, wie Jarmysch schrieb. 

Nawalny ist offiziellen Angaben zufolge am 16. Februar im Alter von nur 47 Jahren in einem Straflager nördlich des Polarkreises gestorben. Der scharfe Kritiker von Kremlchef Wladimir Putin war durch einen Giftanschlag im Jahr 2020 und ständige Einzelhaft im Lager körperlich sehr geschwächt. Seine Unterstützer und auch viele internationale Beobachter sind sich deshalb einig, dass von einer „natürlichen“ Todesursache, wie es auf dem Totenschein heißen soll, nicht die Rede sein kann. (dpa/rist)

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