Legales Gras nicht vor 1. Oktober? Bundesländer wollen Cannabis-Gesetz verzögern
Der Bundesrat will das Cannabis-Gesetz verzögern. Die lauteste Kritik kommt mittlerweile nicht mehr nur von der Union – sondern aus der Ampel selbst. Was bedeutet das für das Gesetz?
Was lange gedauert hat, ist seit vergangenen Freitag fix: Das Cannabis-Gesetz kommt zum 1. April. So ist zumindest der Plan der Ampel-Koalition. Doch nun zeigt sich: Mehrere Bundesländer spielen nicht mit. Sie wollen das Inkrafttreten des Gesetzes zum 1. April verhindern und um sechs Monate verschieben. Brisant: Die Kritik kommt nicht von der ohnehin legalisierungskritischen Union – sondern von Landespolitikern aus den Koalitionsparteien SPD und Grüne.
Cannabis-Kritik von SPD und Grünen: NRW und Niedersachsen machen Druck
So sagte der nordrhein-westfälische Landesjustizminister Benjamin Lambach dem Fachdienst Table.Media, dass die Zeit von fünf Wochen zwischen Verabschiedung und Inkrafttreten des Gesetzes „nicht annähernd“ ausreiche, „damit die Staatsanwaltschaften und Gerichte in Nordrhein-Westfalen die Regelungen zum rückwirkenden Straferlass fristgerecht umsetzen können“.
Allein in Nordrhein-Westfalen müsse „in zehntausenden Fällen geprüft werden, ob verhängte Strafen ganz oder teilweise zu erlassen sind“, erklärte Limbach. Auf diese Problematik habe er früh hingewiesen, Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) habe ihn aber ignoriert.
Der Hintergrund: Durch das Cannabis-Gesetz wird die Droge aus der Liste der verbotenen Substanzen im Betäubungsmittelgesetz gestrichen. Menschen, die nach altem Recht wegen Cannabis-Delikten verurteilt wurden, können nun auf Straffreiheit hoffen. Die Justiz muss deshalb nun alle Strafakten mit Bezug zum Betäubungsmittelgesetz daraufhin auswerten, ob die betroffenen Sachverhalte nach der neuen Rechtslage straflos wären. Ein zu großer Aufwand, kritisieren die Länder. Neben NRW positioniert sich auch Niedersachsen.
So zeigte sich die niedersächsische SPD-Justizministerin Kathrin Wahlmann verärgert, die Ampel überfordere die Länder durch dieses Gesetz. „Wenn der Bund die Justizbehörden der Länder sehenden Auges in eine solche Situation laufen lässt, zeugt das von einer gehörigen Ignoranz gegenüber den tatsächlichen Gegebenheiten“, sagte die Ministerin. Das Mindeste, auf das sich die Bundesregierung nun einlassen müsse, sei eine Verschiebung des Inkrafttretens um sechs Monate. Also bis zum 1. Oktober.
Bundesrat kann Cannabis-Gesetz nicht stoppen – aber bremsen
Das Cannabis-Gesetz ist ein sogenanntes Einspruchsgesetz. Das heißt: Der Bundesrat kann das Gesetz per se nicht verhindern – es allerdings verzögern, in dem er einen Vermittlungsausschuss einberuft. Dieses Gremium aus Mitgliedern von Bundestag und Bundesrat beschäftigt sich mit Gesetzen, die von den im Bundesrat sitzenden Bundesländern abgelehnt werden. Aktuelle Beispiele sind Lauterbachs Krankenhaustransparenzgesetz oder das Wachstumschancengesetz, das momentan von den Unions-Ländern im Bundesrat blockiert wird.
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Die Mitglieder des Vermittlungsausschusses suchen in der Regel nach einem Kompromiss. Gelingt das nicht, kann die Ampel mit ihrer Mehrheit im Bundestag die Bedenken des Bundesrats überstimmen. Das Cannabis-Gesetz steht also nicht vor dem Aus, wird aber vermutlich tatsächlich verzögert.
Söder will gegen Cannabis-Gesetz klagen: „Werden Gesetz extremst restriktiv anwenden“
In den kommenden Tagen werden sich die Ausschüsse des Bundesrats mit dem Gesetz befassen. Die nächste Sitzung steht am 22. März auf der Agenda. Dabei zeichnet sich eine Mehrheit für die Anrufung eines Vermittlungsausschusses ab. Kritik kommt auch aus anderen Ländern, in denen Ampel-Parteien an der Regierung beteiligt sind. Etwa Baden-Württemberg (Grüne/CDU) und Hamburg (SPD/Grüne). Darüber hinaus sind ja auch die CDU/CSU-geführten Länder klar gegen dieses Gesetz.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) prüft momentan sogar eine Klage. „Wir vonseiten des Freistaats Bayern, wir werden uns an allem beteiligen, was dieses Gesetz außer Kraft oder verzögert oder später oder anders in Szene setzen lässt“, sagte Söder am Montag nach einer Sitzung des CSU-Vorstands in München. „Wir prüfen alle Klagen von der Zustimmungspflichtigkeit bis zur generellen Beschädigung. Und ich kann heute schon sagen, wir werden dieses Gesetz extremst restriktiv anwenden.“
Zudem schickte er eine kleine Drohung in Richtung Cannabis-Konsumenten: „Wer mit dem Thema Cannabis glücklicher werden will, der ist woanders besser aufgehoben als in Bayern. Das werden wir garantieren.“