Russen-Flugzeug selbst abgeschossen? Ukraine soll russische Flugabwehr ausgetrickst haben
Schoss Russland seine eigenen Flugzeuge ab? Ukraine soll russische Flugabwehr ausgetrickst haben
Die Lage an der Front ist angespannt, doch in der Luft gelang der Ukraine nun offenbar ein wichtiger Schlag. Russische Militärblogger spekulieren indes über „Friendly Fire“.
Krasnodar – Im Ukraine-Krieg gelangen Kiews Truppen zuletzt mehrfach Schläge gegen russische Flugzeuge. Darunter war am Freitag (23. Februar) offenbar auch ein Spionageflugzeug des Typs A-50. Der Luftaufklärer überwacht feindliche Flugzeuge und Raketen und ist eine zentrale Komponente in der Koordination der russischen Luftstreitkräfte und Flugabwehr. Die ukrainische Flugabwehr verbucht den Erfolg für sich, russische Militärblogger spekulieren indes über „Friendly Fire“.
Zerstörung eines Aufklärungsflugzeugs A-50: Abschuss oder „Friendly Fire“?
Am vergangenen Freitag meldete die Ukraine, ein weiteres russisches Aufklärungsflugzeug des Typs A-50 abgeschossen zu haben. „Ich danke der Hauptaufklärung des Verteidigungsministeriums und allen, die dieses Ergebnis gewährleistet haben“, hieß es dazu von Luftwaffenchef Mykola Oleschtschuk auf der Plattform Telegram. Die Maschine sei über dem südrussischen Gebiet Krasnodar abgestürzt. Russland bestätigte den Vorfall indes nicht offiziell, die staatliche Nachrichtenagentur Tass berichtete lediglich von einem Brand bei Krasnodar – wegen eines „herabstürzenden Flugobjekts“. Die Angaben beider Seiten ließen sich nicht unabhängig verifizieren.
Offenbar gibt es bei russischen Militärbloggern nun Zweifel, ob es sich bei dem Beschuss am Freitag um technische Störungen oder „Friendly Fire“ – also Feuer aus den eigenen Reihen – gehandelt haben könnte. Denn Patriot-Flugabwehrsysteme US-amerikanischer Produktion können Luftziele in einer Entfernung von bis zu 160 Kilometern bekämpfen. Der Abschuss geschah aber offenbar außerhalb dieser Reichweite. In der Vergangenheit hatte es mehrfach solche Fälle gegeben. Über dem Gebiet Saporischschja hatte die russische Flugabwehr etwa im vergangenen Oktober ein eigenes Flugzeug vom Himmel geholt.
Der ukrainische Telegram-Kanal „Spionagedossier“ äußerte laut Bild-Zeitung gar die nicht unabhängig belegbare Annahme, dass es zu einem „Fehler im Freund-Feind System“ Russlands kam. Die Ukraine hätte einen Weg gefunden, die Freund-Feind-Kennung zu überlisten und eigene Flugzeuge als ukrainische Angreifer zu markieren, so die Behauptung. Ein Abschuss der A-50 durch die eigenen Truppen wäre demnach eine Möglichkeit. Andererseits handelt es sich bei der Luftabwehr um mobile Systeme, die von den ukrainischen Truppen immer wieder bewegt werden, um ihren aktuellen Standort zu verschleiern und so vor Gegenangriffen zu schützen. Eine solche Verlagerung steckte bereits hinter anderen Erfolgen gegen russische Flugzeuge.
Ukraine schießt mehrere Su-34 Kampfflugzeuge ab: „Russischen Flugzeugen eine Falle gestellt“
Zuletzt häuften sich die ukrainischen Erfolge in der Luft: Die Ukraine habe in den vergangenen Tagen sieben Kampfflugzeuge des Typs Su-34 zerstört, fasste der frühere Nato-General Erhard Bühler in seinem am vergangenen Freitag veröffentlichten Podcast „Was tun, Herr General?“ zusammen, noch bevor der Abschuss der A-50 bekannt wurde. Der Militärexperte sieht eine Verlagerung der Luftabwehr als einen Grund für diesen „Augenblickserfolg der Ukrainer“, wie er sagte. Das ukrainische Militär habe weitreichende Luftverteidigungssysteme wie Patriot und andere weiter nach Osten verlegt „und den russischen Flugzeugen eine Falle gestellt.“
Wegen dieser Abschüsse würden die russischen Kommandeure sogar von den eigenen Kriegsberichterstattern heftig kritisiert, so der Militär. „Ich will das nicht kleinreden, das ist ein taktischer Erfolg der Ukrainer“, so Bühler weiter. Allerdings sei der Erfolg nur damit zu erklären, dass man die Luftverteidigung nach vorne gebracht habe, zulasten des Schutzes der Städte. Doch man glaubte sich das „leisten zu können und leisten zu müssen, wegen der Erfolge, die die Russen hatten, gerade im Bereich Awdijiwka – mit genau diesem Angriffsmittel: der Su-34 mit Gleitbomben.“
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Bereits zweiter Verlust eines A-50 innerhalb weniger Wochen: „Höchst bedeutsam und peinlich“
Schon Mitte Januar hatte die Ukraine eigenen Angaben zufolge eine A-50 und ein weiteres Aufklärungsflugzeug des Typs Iljuschin Il-22 über dem Asowschen Meer abgeschossen. Auch damals waren in Russland Spekulationen zu einem Abschuss durch „Friendly Fire“ laut geworden. „Operativ höchst bedeutsam und peinlich“ für die russische Luftwaffe kommentierte etwa Justin Bronk, Luftkampf-Experte beim Thinktank Rusi, den Abschuss der A-50 im Januar.
Russland besitzt nur über gut ein halbes Dutzend einsatzfähiger Flugzeuge des Typs A-50, wie die Deutsche Presse-Agentur unter Berufung auf Militärexperten berichtete. Insgesamt verlor das russische Militär laut geoverifizierten Angaben der Datenbank Oryx seit Beginn des Krieges 105 Flugzeuge. Der ukrainische Generalstab gibt indes an, 340 Flugzeuge zerstört oder beschädigt zu haben (Stand 26. Februar 2024). Die wahren Zahlen liegen laut Militärexperten wohl in der Mitte dieser beiden Angaben.