Kahlschlag bei ZF Friedrichshafen: 12.000 Menschen verlieren ihre Jobs
ZF Friedrichshafen treibt die Umstellung auf Elektromobilität voran. Dabei könnten tausende von Stellen verschwinden. Die Angestellten protestieren.
Friedrichshafen – 12.000 Stellen stehen auf dem Spiel. Im Zuge der Energiewende machen die Autohersteller – und damit auch Zulieferer wie der Branchenriese ZF Friedrichshafen – eine umfangreiche Transformation durch. Statt im Verbrenner sieht die Automobilindustrie ihre Zukunft im Elektroauto. Eine der Konsequenzen ist der Wegfall von Arbeitsplätzen bei ZF. Der Gesamtbetriebsrat des Autozulieferers befürchtet einen über Jahre hinweg andauernden Stellenabbau.
Möglicherweise betroffene Stellen | 12.000 |
Elektroautos weltweit im Verkehr | 26 Millionen |
Unterstützung der Bundesregierung an Autobranche | 8 Milliarden Euro |
ZF baut Stellen ab – „Wir befinden uns knietief in der Transformation“
Bis 2028 könnten bereits bis zu 10.000 Arbeitsplätze wegfallen, teilte der Gesamtbetriebsrat von ZF der Presseagentur dpa mit. Diese Zahlen habe der Vorstand noch im Dezember präsentiert. Vom Unternehmen selbst gibt es dazu keine Kommentare, man werde sich nicht zu Spekulationen äußern. Personalchefin Lea Corzilius warnte vor Panikmache.
Aktuell, so hieß es vonseiten des Unternehmens, sei die Auftragslage schlecht. Dieser Effekt sei jedoch über die ganze Autoindustrie zu beobachten – diese stecke seit Jahren in einer Krise. Seit 2018 sei die Produktion von Pkw weltweit gesunken. „Wir befinden uns knietief in der Transformation“, teilte ZF dazu mit. „Wo wir für die Getriebemontage zwei Mitarbeiter benötigen, ist es für die E-Motoren nur einer.“ Am Donnerstag (18. Januar) war ein Treffen der Geschäftsführung mit den Arbeitnehmervertretern vorgesehen.
Gesamtbetriebsrat kritisiert „Flucht in die Niedriglohnländer“
Von einem solchen Stellenabbau wären neben der Produktion außerdem der Einkauf, die Buchhaltung, die Entwicklung und das Controlling betroffen, teilte der Gesamtbetriebsrat mit. Die Mitarbeiter von ZF reagierten mit einem Protestmarsch und einer Kundgebung vor der Betriebszentrale auf diese Aussichten. Achim Dietrich, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats, verlangte vom Vorstand, die „Flucht in die Niedriglohnländer“ zu beenden.

Ende des Jahres will ZF ein Werk in Gelsenkirchen schließen, das für Lenkungen für Autos und Nutzfahrzeuge zuständig ist. 2025 dann soll außerdem ein Stoßdämpferwerk in Nordrhein-Westfalen den Dienst beenden. Der Grund: Beide Standorte schreiben seit langem Verluste. „Das Unternehmen muss seine Schulden reduzieren und die Transformation finanzieren“, erklärte ein Sprecher. Zum Halbjahr 2023 beliefen sich die Schulden auf elf Milliarden Euro.
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Automobilindustrie ist weltweit betroffen
Die International Organization of Motor Vehicle Manufacturers (OICA) warnt währenddessen vor mehreren Herausforderungen und Hürden, denen sich die Automobilindustrie stellen muss. „Die Umstellung auf Elektroautos verlangt nicht weniger als die komplette Transformation der globalen Automobilindustrie und eine Neuerfindung der Automärkte rund um den Globus“, sagte John Bozzella, Präsident der OICA in Paris.
Es sind zwar bereits 26 Millionen Elektroautos auf den Straßen unterwegs, sie stellen trotzdem nur einen Bruchteil aller Autos. Die größeren Herausforderungen liegen allerdings außerhalb der Branche. Er nennt die Verfügbarkeit von Lade-Infrastruktur, die Herstellung von Strom und die Lieferketten wichtiger Minerale als derzeit noch wacklige Faktoren für einen funktionierenden E-Auto-Markt. Die Verfügbarkeit von entsprechender Infrastruktur hatte auch der Tankstellen-Riese Aral bereits bemängelt.
Bundesregierung fördert Umstellung auf Elektromobilität
Die Bundesregierung unterstützt den Wandel hin zu den Technologien der Mobilität der Zukunft mit einem „breit angelegten Bündel“ an Förderprogrammen. Diese haben einen Gesamtwert von über acht Milliarden Euro und sind auf einen Zeitraum von 2022 bis 2026 hin ausgelegt. Unter anderem gehören Zukunftsinvestitionen für Fahrzeughersteller und die Zulieferindustrie zu den Maßnahmen – die Förderung von Elektroautos fiel jedoch zuletzt aus. Auf Anfrage, inwiefern die Bundesregierung auch die „Verlierer“ der Mobilitätswende berücksichtige, hatte sich das zuständige BMWK noch nicht gemeldet.
Im Falle von ZF plant der Konzern, einen Teil des Stellenabbaus über Ruhestandsregelungen und Fluktuation abzufertigen. Der Anteil der Über-57-Jährigen sei hoch, erklärten die Personalverantwortlichen. Ein „schwieriger und schmerzhafter“ Prozess stehe bevor. Zuletzt sind auch bei den Zulieferern Bosch und Brose umfassende Stellenkürzungen geplant.
mit Material von dpa