Zehn Kinder und 200 Angestellte: Johann Auer gründete vor fast 140 Jahren erfolgreiches Baugeschäft

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Große Firmen wie McDonald‘s oder Media Markt sind an der Johann-Auer-Straße im Westpark Erding angesiedelt. Sie liegt gegenüber des heutigen Firmensitzes an der Dachauer Straße, wo bereits die fünfte Generation der Auers tätig ist. © Peter Gebel

In unserer Serie über verdiente Persönlichkeiten, denen in Erding eine Straße gewidmet wurde, stellen wir heute Johann Auer vor, den Gründer des Baustoffhandels Auer. Die Johann-Auer-Straße führt in das Industriegebiet Erding Westpark und erhielt 2006 ihren Namen.

Erding – Johann Auer wurde am 16. Oktober 1857 in Erding geboren und wurde wie sein Vater Maurermeister. Schon bald machte sich der tüchtige Handwerker mit einem Baugeschäft selbstständig, das sich bis heute als Bauzentrum in den Händen seiner Nachkommen befindet.

Das Geschäft an der Dorfener Straße wurde 1885 gegründet und kann somit im nächsten Jahr schon sein 140-jähriges Bestehen feiern. Daneben betrieben die Auers eine große Landwirtschaft am Firmensitz.

Häftlinge im selbst gebauten Gefängnis

Auer erkannte die Vorteile eines Baugeschäftes, das auch zugleich die benötigten Materialien aus einer Hand liefern konnte, und so nahm der Baustoffhandel seinen Anfang. Wichtig war dem Unternehmer der Besitz von eigenen Ziegelbrennereien, deshalb erwarb er die Trindl-Ziegelei in Altenerding, genannt Ziegelstatt, zu der auch der große Gersthof gehörte. Später erwarb er außerdem die Aufkirchener Ziegelei im Westen der Stadt an der Dachauer Straße.

Begeistert war Auer darüber hinaus von der neuen Technik der Elektrizität, und so ersteigerte er im Jahr 1911 die beiden Elektrizitätswerke in Pretzen und Singlding, zusammen mit dem Altenerdinger Pfarrer Felix Fischer. Später wurde Auer alleiniger Besitzer und übergab die Sempt-Elektrizitätswerke an seinen Sohn Michael.

Die Baufirma vergrößerte sich schnell, übernahm mit 200 Beschäftigten zahlreiche Großbaustellen im Landkreis und war unter anderem beim Bau des Mittlere-Isar-Kanals und des Militärflughafens beteiligt.

Auch privat war der Firmengründer sehr produktiv. Mit seiner Gattin Ursula, geb. Biller, hatte Auer zehn Kinder, von denen zwei schon früh starben. Der Patriarch selbst starb am 25. August 1941 im Alter von 83 Jahren, das Baugeschäft führte sein Sohn Max (I) weiter.

Johann Auer Gründer Erding
Gründer Johann Auer († 1941) beschäftigte 200 Leute. © Peter Gebel

Als die Nazis in den Schulen die Kreuze entfernen ließen, protestierten zahlreiche Erdinger Frauen gegen diese Maßnahme. Auch Max Auer kritisierte beim Stammtisch im Hirschwirt den Gauleiter deswegen als „Hanswurst“. Wegen dieser Äußerung wurde Auer verhaftet und musste ins Gefängnis.

Ausgerechnet in den Gebäudekomplex im Heilig-Geist-Hof, der gerade von der Baufirma Auer als Behelfsgefängnis umgebaut wurde, zog nun der Bauunternehmer als erster Häftling ein. Immerhin konnte er so von der Zelle aus die Bauarbeiten beaufsichtigen. Kurze Zeit später wurde auch sein 17-jähriger Sohn Max inhaftiert, weil der die Appelle der Hitlerjugend geschwänzt hatte.

Max (I), (1890 – 1957) übergab später die Geschäfte an seinen Sohn Max (II), der das Unternehmen mit seiner Schwester Irmgard bis in die 90er Jahre führte. Der Baustoffhandel expandierte laufend weiter, der Firmensitz wurde 1995 an die ehemalige Ziegelei an der Dachauer Straße verlegt, dazu entstanden mehrere Filialen.

Seit 1994 ist Maximilian Auer (61), der Urenkel des Gründers, Geschäftsführer zusammen mit den beiden Mitgeschäftsführern Anton Stimmer und Thomas Keil. Als Gesellschafterinnen sind bereits seine Töchter Eva (28) und Sophia (22) als fünfte Generation im laufenden Betrieb tätig, in dem derzeit 180 Mitarbeiter beschäftigt sind.

Verein 100 Jahre unter Leitung der Auers

Eng mit dem Namen Auer ist auch der Erdinger Maurerunterstützungsverein verbunden. Ziel des Vereins war es, bei sozialen Notlagen einzelner Mitglieder den Lohnausfall bei Krankheiten durch finanzielle Unterstützung abzumildern. Er war dadurch vergleichbar mit einer privaten Krankenversicherung. Johann Auer trat dem Verein 1885 bei und war von 1911 bis 1941 als Vorsitzender des Vereins tätig, ebenso sein Sohn Max(I) und dessen Sohn Max (II). Der Verein stand also nahezu 100 Jahre unter der Leitung der Auers.

Max Auer mit Fahne Maurerunterstützungsverein
Mit der Fahne des Maurerunterstützungsvereins: Max Auer II. © Peter Gebel

Mit Einführung der gesetzlichen Krankenversicherung wurde die Solidaritätsverpflichtung des Vereins zwar überflüssig, doch das Zusammengehörigkeitsgefühl blieb erhalten. Die Mitglieder beteiligten sich jedes Jahr an der Fronleichnamsprozession mit ihrer traditionellen Vereinsfahne. Wichtiges Datum im Jahr war auch der „Maurer-Jahrtag“, der am ersten Sonntag im Juli gefeiert wurde.

An der Johann-Auer-Straße gegenüber dem heutigen Sitz der Baufirma an der Dachauer Straße haben sich viele bekannte Firmen angesiedelt, von McDonald‘s über Body & Soul, Burger King, Ibis-Hotel bis zum Media Markt und DM-Drogeriemarkt.

Das Stadtbild von Erding weist bis heute noch viele alte Gebäude auf, die von der Firma Auer erbaut wurden, wie der Bahnhof und das alte Postamt, das Finanzamt und das Amtsgericht. Auch das Schulhaus am Grünen Markt, die Wohnanlage am Holzgarten und an der Prielmayerstraße sowie die Oberrealschule (heute Anne-Frank-Gymnasium) sind Werke der Baufirma Auer.

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