Bundeswehr-Brand: Putin-Propaganda prahlt mit Anschlag – Video kursiert im Netz

In Erfurt brennen mehrere Bundeswehr-Laster aus. Nun sprechen Putins Propagandisten von einem Anschlag – und verweisen auf den Ukraine-Krieg.
Erfurt/Moskau – In der Nacht zum vergangenen Sonntag (22. Juni) fielen in Erfurt sechs Lastwagen der Bundeswehr einem mutmaßlichen Brandanschlag zum Opfer. Vier Fahrzeuge brannten auf dem Gelände des Bundeswehr-Servicepartners MAN vollständig aus, zwei weitere wurden durch die Flammen beschädigt. In Russland lässt man es sich derweil nicht nehmen, den Vorfall zu instrumentalisieren – und als Anschlag zu verkaufen.
Kurz nach Bekanntwerden des Vorfalls begannen Wladimir Putins Propaganda-Kanäle, Bilder und Videos der brennenden Bundeswehr-Lastwagen zu verbreiten. In den sozialen Medien reklamierten sie den Anschlag als russische Aktion. „In Erfurt in Deutschland wird diverses Militärgerät für die ukrainischen Streitkräfte zur Reparatur gebracht. Unsere Leute haben entschieden, dass die ukrainischen Streitkräfte diese Ausrüstung nicht braucht. Also haben wir sie einfach niedergebrannt“, heißt es in einem Telegram-Post.
Erfurt: Video von Bundeswehr-Brand auf Putins Propaganda-Kanälen verbreitet
Brisant: Die geteilten Videoaufnahmen zeigen die brennenden LKW, noch bevor Polizei oder Feuerwehr eintrafen, wie der MDR und t-online als erstes berichteten. Die filmende Person wirkt ruhig und scheint beim Dreh nicht, als hätte sie es eilig. Weitere auf Telegram verbreiteten Fotos zeigen die Bundeswehr-Laster zudem in unversehrtem Zustand, ehe sie – mutmaßlich – in Brand gesteckt wurden. Die Bundeswehr hat bisher nicht bestätigt, dass die beschädigten Lastwagen für die Ukraine bestimmt waren.
Von wem die Aufnahmen stammen, ist völlig unklar. T-online verweist auf eine deutsche Putin-Propagandistin, die das Material ebenfalls verbreitet habe – ebenso wie zahlreiche andere Telegram-Kanäle. Der Begriff „Erfurt“ sei bis zum frühen Donnerstagabend fast 400-mal in Kanälen erwähnt worden, berichtet das Portal.
Das Landeskriminalamt Thüringen selbst prüft derzeit die Echtheit des in russischen Kanälen verbreiteten Bildmaterials, sagte ein Sprecher gegenüber dem MDR. Bislang gebe es keine konkreten Anhaltspunkte für eine tatsächliche Beteiligung Russlands. Die Kriminalpolizei hat allerdings Ermittlungen wegen Brandstiftung aufgenommen, wie das Landeskriminalamt Thüringen mitteilte.
Russischer Anschlag? Bundeswehr-Brand erinnert an Vorfälle in Soltau und Berlin
Der Vorfall in Erfurt reiht sich jedoch in eine besorgniserregende Serie ähnlicher Vorfälle ein. In Erfurt waren an derselben Stelle bereits im Juni vergangenen Jahres Militärfahrzeuge mutmaßlich in Brand gesteckt worden. Zu den Hintergründen machte das LKA bisher keine Angaben.
Auch brannten vor etwa Wochen im niedersächsischen Soltau ebenfalls sechs Bundeswehr-Fahrzeuge auf einem Werkstattgelände. Dort war nach der Tat ein Bekennerschreiben aufgetaucht. Auf der linksextremen Internetplattform Indymedia schrieb eine Gruppe mit dem Namen „Agenda2029“: „Eine weitere Intensivierung eines globalen Krieges wird hier in Deutschland vorbereitet, daher müssen wir die Zentren der Kriegstreibenden sabotieren.“
Bisher gibt es laut Landeskriminalamt Thüringen keine Hinweise auf Verbindungen zwischen den Vorfällen in Erfurt, Soltau und Berlin. Für den mutmaßlichen Brandanschlag in Erfurt lag am Freitagmorgen kein Bekennerschreiben vor. Ob es sich „nur“ um einen weiteren Fall der Putin-Propaganda hält, muss sich noch zeigen.
Pistorius über Putins Strategie: „Wir sehen das aber eben auch tatsächlich am Boden“
Die Serie von Anschlägen auf Bundeswehr-Fahrzeuge wirft Fragen zur Sicherheit militärischer Einrichtungen und Ausrüstung in Deutschland auf. Experten warnen vor einer möglichen Zunahme solcher Vorfälle, sei es durch ausländische Akteure oder inländische Extremisten. Auch Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius warnt immer wieder vor hybriden Angriffen aus Russland.
„Hybride Attacken in allen Formen“, die aus Russland gesteuert würden, staatlicherseits oder durch entsprechende Unterstützung, seien „an der Tagesordnung“, sagte der SPD-Politiker erst Mitte Mai. „Wir sehen das in der Ostsee, wir sehen das im Cyber- und Luftraum, wir sehen das aber eben auch tatsächlich am Boden“, so Pistorius. Die Sicherheitsbehörden seien aber „auf Zack“, um im Vorfeld aufzuklären und Straftaten oder Sabotageakte zu verhindern.
Putins hybride Angriffe: CDU-Experte warnt – „Deutschland dient für die Nato als Logistik-Hub“
CDU-Sicherheitsexperte Roderich Kiesewetter zufolge reagiert Deutschland aber nicht ausreichend auf Russlands hybride Angriffe, die verstärkt mit den sogenannten „Wegwerf-Agenten“ durchgeführt würden. Geheimdienste werben dabei Menschen ohne geheimdienstliche Ausbildung gegen Bezahlung etwa für Sabotageaktionen an. Dass diese oft dabei auffliegen, ist Teil des Kalküls. Diese zielten insbesondere auf militärisch relevante und kritische Infrastruktur ab.
„Deutschland dient in Europa für die Nato als Logistik-Hub – und ist dabei besonders wichtig für die Logistik der Ukraine-Unterstützung. Deshalb sind wir im Fokus russischer Sabotage“, sagte Kiesewetter dem Münchner Merkur von IPPEN.MEDIA. Auch Grünen-Sicherheitsexperte Konstantin von Notz warnte im Gespräch mit dem Spiegel: „Leider nehmen viele noch immer nicht wahr, wie ernst die Lage ist. Im Kanzleramt hat man sich jahrelang die Situation schöngeredet und die Bedrohung nicht wahrhaben wollen.“