Unerbittlicher Kampf für Tempo 30: Kirchdorf will unbedingt ein Tempolimit im Ort

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Vom regen Verkehr auf der durch Kirchdorf führenden Staatsstraße machten sich Bürgermeister Uwe Gerlsbeck und die Gäste aus umliegenden Gemeinden selbst ein Bild. © Lorenz

Bürgermeister Uwe Gerlsbeck möchte auf der vielbefahrenen Staatsstraße durch Kirchdorf unbedingt ein Tempolimit von 30 km/h durchsetzen. Ein Jurist dämpfte die Erwartungen jedoch.

Kirchdorf – Neben dem Kirchdorfer Rathaus befindet sich die Grundschule – und ganz in der Nähe geht es verkehrstechnisch teilweise ordentlich zu. Unweit der beiden Gebäude schlängelt sich die vielbefahrene Staatsstraße durch die Gemeinde. Doch trotz relativ neuer Ampelanlage hat Bürgermeister Uwe Gerlsbeck Angst um die Kinder und will deshalb die Novellierung der Straßenverkehrsordnung nutzen, um ein Tempolimit von 30 km/h in diesem Bereich zu forcieren. Sollte ihm das gelingen, würde er einen Präzedenzfall für Bayern schaffen.

Gesetzesnovelle bietet Chancen

„Wir wollen dieses Thema jetzt einfach in die Öffentlichkeit tragen“, erklärte der Kirchdorfer Rathauschef bei diesem ungewöhnlichen Termin, der aufgrund der schlechten Witterung nicht auf dem Rathausplatz, sondern im naheliegenden Bushäuschen stattfinden musste. Zum Hintergrund: Zwei Jahre hat die Innovationsberatung „team red Deutschland“ am „Interkommunalen Mobilitätsmanagement für die Mittlere Isarregion und das Ampertal (MIA-Region)“ gearbeitet. Eines der Fokusthemen des von der EU geförderten LEADER-Projektes war die Verkehrsberuhigung. Gegen Ende dieses Projektes gab es zudem eine interessante Novellierung der Straßenverkehrsordnung.

„Es hat sich damit der Handlungsspielraum für Gemeinden verändert“, so Gerlsbeck weiter. Mit dieser Novellierung könnte seiner Ansicht nach „das Heft des Handelns“ wieder an die Kommunen zurückgehen. Doch warum gibt es in der Nähe der Schule noch kein Tempolimit? Der Ausgang der Schule führt nicht direkt auf die Staatstraße, sondern auf eine Nebenstraße, womit die Forderungen der Gemeinde immer wieder ins Leere liefen. Und das macht Gerlsbeck ziemlich grantig. „Auf dem Mittleren Ring in München geht eine Tempobeschränkung, aber nicht in unserer Dorfstraße – da habe ich schon Fragen“, so der Bürgermeister.

Der Rathauschef hatte sich gut vorbereitet, legte Daten und Fakten vor. Etwa, dass eine Geschwindigkeitsreduzierung auf 30 nur einen Zeitverlust von 48 Sekunden pro Kilometer bedeuten würde. In Richtung der zuständigen Behörden meinte der Kirchdorfer Bürgermeister: „Vielleicht sollten einfach die Straßen draußen besser hergerichtet werden, anstatt immer Schilder aufzustellen, dass die Straße kaputt ist. Dann könnte man außerorts schneller fahren und innerorts langsamer.“ Und weiter: „Ein Unfall mit 50 km/h geht zu 80 Prozent tödlich aus, bei 30 km/h nur noch zu zehn Prozent.“ Deshalb sei für ihn völlig klar: „Es ist nur recht, ein Tempolimit zu gestalten, wenn es die Gemeinde will.“

Der Weg muss wohl vor Gericht führen

Und tatsächlich gibt das die Straßenverordnungsnovellierung her – etwa durch den Punkt „Angemessene Flächen für Fußgänger“, einer gesteigerten Gefahrenlage oder hochfrequentierten Schulwegen. Das wiederum erklärte Jurist Hubertus Baumeister, der auf die Straße blickte und zahlreiche Lastwägen und Autos vorbeibrausen sah, während sich zahlreiche Schulkinder auf den Weg nach Hause machten. Als hochfrequentierter Schulweg gilt übrigens bereits einer, der von zehn Kinder benutzt werde – und das über den gesamten potenziellen Weg und eben nicht nur die bisher immer angeführten 300 Meter im Nahbereich.

Über die Rechtslage sprach Jurist Hubertus Baumeister.
Über die Rechtslage sprach Jurist Hubertus Baumeister. © Lorenz

Was dem Juristen auch auffiel: Durch diese prägnante Durchfahrtsstraße werde die städtebauliche Entwicklung der Kommune „durchschnitten“, weshalb hier durchaus ein Tempolimit gerechtfertigt sei, um etwa Begegnungsräume für die Gemeindebevölkerung an der angrenzenden Straße zu sichern. Aber auch das Thema Lärm sollte nicht außer Acht gelassen werden.

„Vermutlich müssen sie dafür kämpfen, und wir brauchen wahrscheinlich die Gerichte, sonst diskutieren wir noch 30 Jahre“, so der Ausblick des Juristen. „In Baden Württemberg ist das eine Selbstverständlichkeit.“ Gerlsbeck wollte die Veranstaltung nutzen, um dem Staatlichen Bauamt die von 13 Gemeinden unterzeichnete Resolution mit dem Titel „Lebenswerte Städte in der MIA-Region durch angemessene innerörtliche Geschwindigkeit“ zu übergeben, allerdings war niemand vom Amt erschienen. „Dann bringe ich sie ihnen halt vorbei.“

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