"Die europäische Welt nach 1945 ist vorbei - die nächste wird nicht so schön sein"

Mit Spannung erwartet die Welt den Trump-Putin-Gipfel, der im besten Fall Friedensbedingungen hervorbringt, die für die Ukraine und Europa akzeptabel - und im schlechtesten Fall ein einziges Zugeständnis an Putin sind.

Auf Basis der am Mittwoch beim Ukraine-Gipfel vereinbarten Bedingungen für Frieden hat der sehr gut informierte Militäranalyst Phillips O'Brien in einer ausführlichen Analyse dargelegt, was von dem Treffen zu erwarten ist. Und er ist sich sicher: "Die europäische Welt nach 1945/1989 ist vorbei – die europäische Welt nach 2025 wird nicht mehr so schön sein."

Diese "Nach-1945-Welt" begann nach dem Zweiten Weltkrieg und stand auch die Zeit des Kalten Krieges durch. Grenzen waren international anerkannt. Kein europäisches Land konnte mit militärischer Gewalt in das Gebiet eines anderen vordringen und damit durchkommen. Der Beschützer dieser Ordnung: Die USA.

Doch das sei vorbei. "Die Ausgangsposition der Ukraine für einen Waffenstillstand bedeutet das Ende des Europas, wie wir es kennen", analysiert O'Brien. Und der Analyst erwartet, dass Trump nach dem Gipfel mit Putin noch mehr Zugeständnisse von der Ukraine erwarten wird.

Kanzler Friedrich Merz, Ukraine-Präsident Wolodymyr Selenskyj, führende europäische Regierungschefs und Trump haben sich am Mittwoch auf fünf Grundprinzipien für die weiteren Friedensverhandlungen - insbesondere für Trumps Gespräch mit Putin - geeinigt. Alle fünf zeigen dabei laut Experte O'Brien auf, wie schwach die Position der Ukraine (und Europas) ist.

1. Alles, was die Ukraine betrifft, muss ausschließlich unter Beteiligung der Ukraine besprochen werden

Schon das erste Prinzip ist nach Analyse von O'Brien ein "Plädoyer für die Welt von gestern". Er führt aus: "Trump und Putin werden morgen einen Großteil des Schicksals der besetzten Ukraine besprechen, vielleicht sogar bestimmen – und die Ukraine wird auf Distanz gehalten." Laut O'Brien behandeln die USA die Ukraine nicht als vollwertigen Akteur in ihrer eigenen Zukunft.

2. Es muss einen Waffenstillstand geben

Dieser Punkt bedeutet laut dem Analysten "weit mehr als es scheint". Konkret: Die Ukraine (und Europa) sind zu einem Waffenstillstand an der derzeitigen Frontlinie bereit. Was anders ausgedrückt heißt: "Die ukrainische/europäische Ausgangsposition ist nun, dass Putin alles kontrollieren wird, was er illegal erobert hat." Und das ohne Bedingungen.

3. Es muss zuverlässige Sicherheitsgarantien geben

Trump hat am Donnerstag die Bereitschaft der USA zu Sicherheitsgarantien unter bestimmten Bedingungen signalisiert. Für O'Brien ein erster, wichtiger Schritt. Aber: "Trump wird keiner echten Sicherheitsgarantie für die Ukraine zustimmen, also liegt das wirklich bei Europa. Und Selenskyj weiß, dass er derzeit keine echten Garantien von dort hat."

4. Russland darf kein Vetorecht über die europäischen und Nato-Perspektiven der Ukraine haben

Das führt den Analysten zum vierten Punkt. Denn die Chancen auf eine Nato-Mitgliedschaft würden nicht am russischen Veto zerschellen - sondern an der fehlenden Bereitschaft der USA, das Land aufzunehmen.

Und das hat auch Implikationen für Europa. Denn: "Was die EU betrifft, so zeigt die Vorstellung, dass Russland überhaupt ein Veto einlegen könnte, dass die alte europäische Welt zu Ende geht. Weder die EU noch die Nato haben jemals zuvor die Idee eines russischen Vetos anerkannt, und dass sie jetzt überhaupt darüber diskutieren, ist ein Zeichen dafür, wie sehr sich die Lage verändert hat."

5. Schärfere Sanktionen, wenn Russland einem Waffenstillstand in Alaska nicht zustimmt

Ein weiterer Punkt, der Putins Position aus Sicht von O'Brien stärkt. Der Kreml-Chef müsse nur erklären, "dass er den Bedingungen für einen Waffenstillstand zustimmt und schon können die Sanktionen gelockert werden".

Das Fazit fällt dementsprechend ernüchternd aus: Selenskyjs Position und die der Ukraine ist schwach - und alles weitere abhängig von Trump.