„Links der Mitte“ – Studie übt Kritik an Berichterstattung in ARD und ZDF

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Eine Untersuchung aus Mainz kritisiert die negative Berichterstattung von ARD und ZDF über Parteien in Deutschland – und gibt Verbesserungsvorschläge.

München – „Lügenpresse“, „Mainstreammedien“, „linksversifft“ – harte Vorwürfe, denen sich der Journalismus vor allem des öffentlich-rechtlichen Rundfunks seit einigen Jahren ausgesetzt sieht. Umfrageergebnisse scheinen das zu belegen. Demnach halten nach einer Insa-Studie aus dem vergangenen Jahr nur 34 Prozent der Deutschen die Berichterstattung von ARD, ZDF und Deutschlandradio für „ideologisch ausgewogen“, nur noch 62 Prozent vertrauen den Öffentlich-Rechtlichen „eher“ oder „sehr“ – der niedrigste Wert seit der Erfassung dieser Zahlen.

Eine Untersuchung der Universität Mainz kommt jetzt zu dem Ergebnis, dass sich Nachrichtenformate wie „Tagesschau“ (ARD) oder „heute“ tatsächlich in ihrer Grundhaltung „auf der Seite der Gesellschaft positionieren, die man vereinfacht ausgedrückt als politisch links der Mitte bezeichnen kann“. Allerdings konnten die Autoren in dieser Grundhaltung keinen signifikanten Unterschied zu anderen Medien wie Nachrichten der Privatsender sowie Zeitungen und Zeitschriften feststellen.

Welche Parteien und Politiker bei ARD und ZDF zu Wort kommen

Für ihre Untersuchung zur „Perspektivenvielfalt in den öffentlich-rechtlichen Nachrichtenformaten“ verglichen Marcus Maurer, Simon Kruschinski und Pablo Jost außer den schon genannten ARD- und ZDF-Flaggschiffen Regionalnachrichten von BR, MDR, RBB und WDR sowie die News des Deutschlandfunks zur Hauptsendezeit auf der einen mit Sendungen wie „RTL aktuell“ und „Newstime“ (Sat.1) sowie ausgewählten Printprodukten wie „FAZ“, „SZ“, „Bild“, „Spiegel“, „Focus“ und „Zeit“ auf der anderen Seite.

Mit im Pool auch reichweitenstarke Regionalzeitungen, darunter der „Münchner Merkur“, und wenige „Extremmedien“ wie das „Neue Deutschland“ und die „Junge Freiheit“. Im Mittelpunkt standen dabei eine Analyse der Themen- und Akteursvielfalt – welcher Politiker welcher Partei kommt wie oft zu Wort – sowie die Frage, welche Medien eher sozialstaats- oder eher marktorientiert berichten und welche eine überwiegend „liberal-progressive“ oder eine überwiegend „konservativ-autoritäre Grundhaltung haben.

links ist das ARD Logo; rechts sehen wir das ZDF Logo
ARD und ZDF knacken am Dienstagabend (10. Oktober) gleich mehrfach die 4-Millionen-Marke und hängen die Privatsender beim Kampf um die Quote ab. © IMAGO / mix1 & IMAGO / Michael Gstettenbauer

Öffentlich-rechtliche Formate haben hohe Themen- und Akteursvielfalt

Die Autoren bescheinigen den untersuchten neun öffentlich-rechtlichen Formaten prinzipiell eine hohe Themen- und Akteursvielfalt, monierten jedoch den „sehr deutlichen Sichtbarkeitsvorsprung der Regierungs- gegenüber den Oppositionsparteien“. Darin unterschieden sie sich jedoch nicht von der Berichterstattung der 34 beziehungsweise 38 Vergleichsmedien. Das sei auch „nicht erstaunlich“, denn „die Ereignislage führt mehr oder weniger automatisch dazu, dass bestimmte Themen und Akteure stärker in den Fokus geraten als andere“. Unter einer von der Union angeführten Bundesregierung würden Politiker von CDU und CSU „fraglos deutlich häufiger“ in den Nachrichtenbeiträgen auftreten, räumen die Kommunikationswissenschaftler ein.

Allerdings, so Maurer, Kruschinski und Jost, berichteten die Nachrichtenmacher von ARD und ZDF weniger kritisch über die aktuellen Regierungsparteien als die Vergleichsmedien, im dreimonatigen Untersuchungszeitraum wäre „in den meisten Formaten ausreichend Raum für konservative und marktliberale Positionen gewesen“. Ein Teil des Publikums vertrete solche Positionen und wolle sie auch in den Fernsehnachrichten der Öffentlich-Rechtlichen wiederfinden. Hier gehe es auch um das Vertrauen in den beitragsfinanzierten Rundfunk. Gleichwohl gebe es auch in der Berichterstattung der privat organisierten Publikationen eine deutliche Präferenz für die Sozialstaatsorientierung. Ähnlich das Ergebnis beim Gegensatz „liberal-progressiv“ und „konservativ-autoritär“. Erstere Haltung war bei den öffentlich-rechtlichen Formaten sogar etwas weniger dominant als in den Vergleichsmedien.

ARD und ZDF berichten am meisten über die SPD

Bezüglich der Berichterstattung über Parteien und deren Personal gibt es der Studie zufolge kaum Unterschiede zwischen den öffentlich-rechtlichen Formaten und den Vergleichsmedien. So wurde jeweils am häufigsten über die SPD berichtet, es folgen Grüne, CDU/CSU und FDP, weit dahinter AfD und Linke. Es falle auf, „dass alle Parteien in beiden Mediengruppen überwiegend negativ bewertet wurden“, so die Autoren.

Vergleiche man jedoch Regierungs- und Oppositionsarbeit zusammengefasst, so zeige sich, dass die drei Ampel-Parteien bei ARD und ZDF deutlich positiver dargestellt wurden als die drei Oppositionsparteien. In den Vergleichsmedien sei der Unterschied „nur marginal“. Ein besonders gutes Zeugnis stellten die Autoren dem „Münchner Merkur“ aus. Er stelle „beide politischen Lager gleichermaßen nur leicht negativ dar“ und berichte „insgesamt am ausgewogensten“ – zusammen mit der „Augsburger Allgemeinen“.

Kritik an öffentlich-rechtlichen Sendern: „Nur politische Probleme“

Kritisch sehen Maurer, Kruschinski und Jost den Fokus sämtlicher untersuchter Medien auf die negative Darstellung aller Parteien, „die sicher nicht dazu geeignet ist, das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik zu stärken“. Hier, so mahnen die Wissenschaftler, „könnte eine konstruktivere Berichterstattung sinnvoll sein“.

Letztlich gehe es um eine Selbstverständlichkeit: „Die Menschen sollten nicht nur über politische Probleme, sondern auch über Erfolge informiert werden, denn auch diese sind für ihre politische Meinungsbildung relevant.“ Auch wenn dies nicht der einzige Grund für den Erfolg extremer Parteien sei, so „ist doch offensichtlich, dass diesen der Erfolg in einem (medialen, Red.) Umfeld leichter fällt, in dem alle etablierten Parteien als erfolglos und inkompetent charakterisiert werden“.

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