„Wie ein Schwertschlucker“: So macht der Kormoran den Fischbeständen und Angelvereinen zu schaffen

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Federvieh mit großem Hunger: Ein Kormoran frisst bis zu einem halben Kilogramm Fisch pro Tag. © Lino Mirgeler/dpa

Der Kormoran und dessen immenser Nahrungsbedarf beschäftigt Fischzüchter und Angelvereine im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen.

Bad Tölz-Wolfratshausen – Zu Beginn des 20. Jahrhunderts galt er in Deutschland als fast ausgestorben. Doch inzwischen hat sich die Population des Kormorans erholt. Mehr noch: Der 80 bis 100 Zentimeter große Vogel vermehrt sich prächtig – und sorgt im Freistaat zunehmend für Probleme. Denn er ist ein echter Vielfraß. Bis zu einem halben Kilogramm Fisch braucht ein Tier pro Tag – und es bedient sich gerne aus den Teichen, Seen und Flüssen.

Florian Willibald, Vorsitzender des Geretsrieder Fischervereins, hat die fliegenden Fischfresser im Visier. Wortwörtlich. Im Umkreis von 200 Metern von stehenden Gewässern dürfen die Vögel explizit bejagt werden. „Und das tue ich auch“, sagt Willibald, dessen Jagdrevier den Schaberer Weiher bei Eurasburg, eines der drei Vereinsgewässer, umfasst. Sobald er ein bis zwei Tiere dort erlegt hat, „fliehen die anderen schon beim ersten Anzeichen von Menschen“. Alternativ zum Abschuss gebe es noch die Möglichkeit, die Tiere zu verscheuchen. Willibalds Strategie: „Dort, wo ich darf, schieße ich mit einer Schrotflinte in die Luft.“

Leider sei das nicht bei allen Vereinsgewässern möglich. Beispielsweise am Stallauer Weiher zwischen Bad Tölz und Bad Heilbrunn – eingeklemmt zwischen einem Campingplatz und einer Landstraße. Willibald: „Die Jagd auf den Kormoran steht beim dortigen Jäger nicht weit oben auf der Liste. Die Örtlichkeit macht es ihm allerdings auch nicht einfach.“

„Kormorane sind ein massives Problem“, sagt Florian Herzinger, Vorsitzender des Bezirksfischereivereins Bad Tölz. Besonders schlimm sei es im Winter, wenn die Seen zufrieren. „Die Kormorane haben natürlich Hunger, und dann gehen sie an die Isar.“ Für die Fischereivereine werden sie damit zu einer echten Bedrohung. Rund ein halbes Kilo Fisch verspeist ein Kormoran täglich, „da kann man sich denken, was das jedes Jahr ausmacht“, gibt Herzinger zu Bedenken.

„Massives Aufkommen“ in den letzten Jahren – Gefahr für heimische Fische

Der Kormoran habe in den vergangenen Jahren ein „massives Aufkommen“ erreicht, das nicht natürlich sein könne. Dadurch werde er vor allem für die heimischen Fische zu einer echten Gefahr. „Jedes Tier“, betont Herzinger, „hat seine Berichtigung zu leben, das muss man klar sagen.“ Aber momentan seien es einfach zu viele Kormorane. Das Verhältnis zwischen fischfressenden Räubern, den sogenannten Prädatoren, zu denen laut Herzinger neben dem Kormoran auch der Gänsesäger und der Fischotter zählen, und den Fischen sei nicht mehr ausgewogen.

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Derweil kämpft Herzinger auch gegen ein Imageproblem. „Fische sind unter Wasser und werden darum in der Öffentlichkeit anders wahrgenommen“, meint er. Vögel wie der Kormoran oder der Gänsesäger hätten es da leichter.

Rund um die 43 Teiche der Eglinger Fischzucht Aumühle ist der Kormoran selten unterwegs. Doch der Graureiher – ebenso fischliebend, aber weniger aggressiv – ist nach Angaben von Büromanagerin Monika Holzer ein ständiger Gast. „Wir haben schon vieles probiert. Beispielsweise aufklappbare Männchen, die die Vögel verscheuchen sollten. Aber dafür sind sie zu schlau.“ Inzwischen haben sie alle Teiche mit Drahtnetzen überspannt. „Ein großer Aufwand war das“, erinnert sich Holzer. Immer wieder müssen Mitarbeiter die Netze kontrollieren. „Wenn sich ein paar Vögel bedienen, ist das nicht schlimm. Zum wirklichen Problem wird es aber, wenn wir ihnen freien Lauf lassen.“

Was passiert, wenn ein Kormoran tun und lassen kann, was er will, erfuhr der Fischereiverein Ammerland erst kürzlich. Vor knapp fünf Wochen hat Vorsitzender Richard Nüßlein den Sonderhamer Weiher mit grob 220 Bachforellen besetzt, „viele davon zwischen 40 und 50 Zentimeter lang“. Ein einziger Kormoran ließ es sich im Anschluss schmecken. Nüßlein schätzt, dass das Tier seither 30 bis 40 Fische entweder getötet oder tödlich verletzt hat. „Die Vögel sind ja leider unheimlich gute Taucher.“

Und während der Graureiher sich nur an kleinen Fischen gütlich tut, schreckt der Kormoran auch vor größeren Exemplaren nicht zurück. Nüßlein: „Einmal habe ich das beobachten können. Wie ein Schwertschlucker hat der Vogel eine 45 Zentimeter lange Bachforelle runtergewürgt – am Stück.“

Aktiv werden musste der Fischereiverein selbst bis dato noch nicht. „Einen Kormoran unfreiwillig durchzufüttern, ist noch okay. Aber sobald es ein zweites Tier gibt – oder sogar ein Brutpaar –, dann rufen wir den Jäger.“

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