Grünen-internes Entsetzen über Habecks Asyl-Plan – jetzt fällt brisante Umformulierung auf

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Robert Habeck hat seinen eigenen Plan für die Asylwende in Deutschland vorgestellt. Grünen-intern gibt es Kritik. Nun fällt eine brisante Formulierung auf.

Berlin – Spätestens seit den denkwürdigen Bundestags-Sitzungen aus der vergangenen Woche ist klar: Die Migration wird das bestimmende Thema vor der Bundestagswahl 2025 bleiben. Die Parteien kämpfen um einen Kurs für das Land, um die Wählerinnen und Wähler zu überzeugen. CDU-Kandidat Friedrich Merz preschte bekanntlich bereits mit seinen Migrations-Ideen vor, Robert Habeck legte erst kürzlich nach.

Der Kanzlerkandidat der Grünen stellte am Montag in der Bild seinen eigenen Zehn-Punkte-Plan zur Migrationspolitik in Deutschland vor. Dass Habeck dies ausgerechnet tat, als parallel dazu der CDU-Parteitag lief, auf dem ein Sofortprogramm mit Punkten zur Rente, der Migration oder Energiepolitik für Merz‘ mögliche erste Tage als Kanzler beschlossen wurde, dürfte wohl kaum Zufall sein.

Habeck veröffentlicht Zehn-Punkte-Plan zur Asyl-Wende – Entsetzen in eigenen Reihen

Von einer „Vollstreckungsoffensive“ für Haftbefehle sprach Habeck, mit „Schwerpunkt auf Islamisten und andere Extremisten“. Sicherheitsbehörden sollen mehr Befugnisse erhalten. Auch die Streichung von Sozialleistungen für ausreisepflichtige Dublin-Flüchtlinge steht im Plan. Konsequente Abschiebungen ebenfalls. Das klingt alles ähnlich zu den Plänen der Union. Nur in einem Punkt unterscheiden sich die Pläne von Merz und Habeck fundamental.

Um Robert Habecks Asyl-Plan gibt es auch in seiner eigenen Partei Ärger.
Um Robert Habecks Asyl-Plan gibt es auch in seiner eigenen Partei Ärger. © Andreas Arnold / dpa

Dass die Vorschläge von Habeck und Merz für eine Wende in der deutschen Asylpolitik sich derart ähneln, kommt parteiintern allerdings nur bedingt gut an. Die Grüne Jugend Niedersachsen ging ihren Kanzlerkandidaten nun heftig dafür an. Der Landesverband der traditionell eher linksgerichteten Nachwuchsorganisation griff Habecks „Ein Mann ein Wort“-Wahlplakate auf, veröffentlichte in den sozialen Medien eine Parodie davon und schrieb stattdessen „Wortbruch statt Wort“.

„Habeck oder Merz, wo ist der Unterschied?“ – Grüne Jugend wegen Asyl-Punkten sauer

„Habeck oder Merz, wo ist der Unterschied?“, hieß es weiter. In einer weiteren Kachel wird Habeck „eine menschenfeindliche Abschiebepolitik, die sich an rechten Narrativen orientiert“, vorgehalten. Ein entsprechender Instagram-Post wurde gelöscht, auf Facebook waren die Bilder am Dienstagabend noch zu sehen. Zuvor hatte die Bild darüber berichtet.

Die Landesführung der Grünen sah sich daraufhin zu einem Statement gezwungen und distanzierte sich von den Äußerungen der Jugend-Organisation. „Die Kommentierung der Grünen Jugend Niedersachsen entspricht nicht unserer Haltung. Wortwahl und Inhalt halten wir für inakzeptabel“, sagten die dortigen Spitzenkandidaten der Deutschen Presse-Agentur. Habecks Vorschläge müssten sachlich diskutiert werden.

Habecks Zehn-Punkte-Plan zur Asylwende – Zeitpunkt höchst umstritten

Dennoch scheinen die Pläne Habecks hochumstritten zu sein. Unter einem Instagram-Post von Grünen-Chefin Franziska Brantner, in dem sie Punkte des Plans transportierte, hagelte es wütende und entsetzte Kommentare, über die ebenfalls die Bild berichtete. Der Post ist inzwischen nicht mehr online.

Ein Grüner vom linken Flügel glaubt, dass der Widerstand sich weniger an den Inhalten von Habecks Plan entzündete, von denen sich etliche auch im Parteiprogramm finden. Es gehe vielmehr um den Zeitpunkt von Habecks Vorstoß in der Bild. Nach den großen Demonstrationen gegen einen Rechtsruck setze ein solcher Schritt die falschen Prioritäten. „Es braucht jetzt nicht die Asylwende von Friedrich Merz, sondern eine hin zu mehr Humanität“, sagte das Parteimitglied, das nicht namentlich genannt werden wollte.

Habeck-Ärger nach Asyl-Plan: Plötzlich klingt Migrations-Passus ganz anders

Dafür spricht auch die Art und Weise der Kommunikation der Pläne. Hierzu kommen brisante Details durch. Die Partei bekräftigte den Forderungskatalog ihres Kanzlerkandidaten am Dienstag ausdrücklich, stellte das Papier auf ihre Internetseite und wies per X-Post darauf hin. „Es war uns wichtig, das Thema in der nötigen Vielschichtigkeit darzustellen, darum haben wir den ausführlichen Text auf der Homepage veröffentlicht“, sagte eine Sprecherin. Interessant ist aber die Form, die man als Reaktion auf die Empörung begreifen kann. 

In einer am Montag an Journalisten verschickten Version wurde der Plan noch von Sätzen wie diesem eingeleitet: „Die Sicherheitsbehörden brauchen das Personal, die Technik und die Befugnisse, um Gewalttäter dingfest und Terroristen rechtzeitig ausfindig zu machen und Anschlagspläne aufzudecken. Zu einer Sicherheitsoffensive gehören auch Schritte, die die irreguläre Migration weiter reduzieren und begrenzen.“

In dem ausführlichen Forderungskatalog, den die Grünen dann auf ihrer Homepage veröffentlichten, liest sich das nun aber anders. Dort stellen die Grünen dem Plan eine Abgrenzung zu Unionskanzlerkandidat und CDU-Chef Merz voraus, der „entgegen seinem Versprechen im Bundestag gemeinsame Sache mit den Rechtsextremist*innen gemacht hat“. Zur Aufnahme Geflüchteter heißt es: „Wir stehen zu dieser humanitären Verpflichtung.“

Brisante Änderung in Formulierung bei Habecks Asyl-Plan – bewusst umformuliert?

Wurde für die Homepage bewusst umformuliert als Reaktion auf den heftigen Gegenwind? Das blieb zunächst unklar. Parteichefin Brantner und ihr Co-Chef Felix Banaszak betonten jedenfalls öffentlich die klare Abgrenzung zur AfD und warnten die CDU nach den Bundestagssitzungen der vergangenen Woche vor einer „faktischen Zusammenarbeit mit Rechtsextremen“, so Brantner. Beide Parteichefs machten darauf aufmerksam, dass es eine Debatte um die Asyl-Politik geben muss.

Ein wenig Wahlkampf-Taktik dürfte in dem Ganzen dennoch drinstecken. Denn für ein gutes Ergebnis bei der Bundestagswahl zielt Robert Habeck auf die Stimmen der Mitte der Gesellschaft ab. Von Merz enttäuschte einstige Merkel-Wähler könnten da wichtig werden – auch wenn sein Kurs zur Mitte der Gesellschaft parteiintern für Ärger sorgt. Zudem ist der Spagat zwischen Abgrenzung von Merz und dem Offenhalten einer möglichen schwarz-grünen Koalition nicht allzu leicht. Allgemein ist man sich in der Habeck-Partei zuletzt hin und wieder uneinig. Ex-Parteivorsitzende Ricarda Lang ging mit den Grünen wegen deren Merz-Häme nun hart ins Gericht. (han/dpa)

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