Klimagipfel geht in die Verlängerung
22.00 Uhr: Das Update des letzten offiziellen Verhandlungstages auf der Weltklimakonferenz: Es ist weiter keine Einigung in Sicht – vor allem beim zentralen Streitpunkt: dem Ausstieg aus fossilen Energien. Hinter verschlossenen Türen wird hitzig gerungen, doch die Fronten bleiben verhärtet. Die Ölstaaten erklären jede Erwähnung eines fossilen Ausstiegs zum Tabu, während die EU und andere ambitionierte Länder lieber gar keinen Beschluss wollen als einen verwässerten Text. Für die Weltgemeinschaft (und auch für FOCUS online Earth) bedeutet das: Die COP30 geht in die Verlängerung.
Keine Einigung in Sicht
Brasilien, der Gastgeber der Weltklimakonferenz COP30, hat seinen ambitionierten Zeitplan nicht einhalten können: Statt pünktlich am Freitag um 18.00 Uhr (Ortszeit, 22.00 Uhr deutscher Zeit) zu enden, gingen die Verhandlungen der rund 190 Teilnehmerstaaten in Belém in die Verlängerung.
Der Grund: Wegen des Streits um den künftigen Umgang mit fossilen Energieträgern droht bei der Weltklimakonferenz in Belém ein Scheitern. Bundesumweltminister Carsten Schneider (SPD) sagte, der Freitagfrüh vorgelegte neue Beschlussentwurf reiche "bei Weitem nicht" aus. EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra schloss einen Abschluss der Konferenz "ohne Vereinbarung" nicht aus.
Der Fahrplan für eine Abkehr von den klimaschädlichen fossilen Energien, den Brasiliens Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva kurz vor der COP30 ins Spiel gebracht hatte, ist im letzten Entwurf nicht mehr enthalten. Auf keiner der sieben Seiten des Entwurfs ist der Begriff "fossile" zu finden.
Für eine weitere Verzögerung sorgte am Donnerstagnachmittag ein Brand auf dem Konferenzgelände, der die Evakuierung des gesamten Konferenzgeländes nach sich zog. Seit 2003 war keine UN-Klimakonferenz mehr pünktlich zu Ende gegangen. Brasilien hatte zu Beginn der zweiten Konferenzwoche dennoch das Ziel ausgegeben, pünktlich zu einem Abschluss zu kommen.
Und wieder erklären Öl-Staaten das "fossile Aus" zum Tabu
21.30 Uhr: In der Endphase der COP30 spitzt sich die Stimmung bei den Delegierten zu. Streitpunkt ist mal wieder der Ausstieg aus fossilen Energien. Während die EU einen Abschlusstext ohne „fossilen Ausstieg“ ablehnt, betont die arabische Staatengruppe – 22 ölproduzierende Länder –, dass ihre Energieindustrie tabu sei. Jede Erwähnung eines Ausstiegs aus Kohle, Gas oder Öl könnte laut Beobachtern die Verhandlungen zum Scheitern bringen, schreibt der Guardian. Das habe das britische Medium aus Beobachter-Kreisen erfahren. Bereits bei der COP28 in Dubai hatten die Länder rund um Saudi-Arabien jede Formulierung zum fossilen Aus in den Verhandlungstexten blockiert.
Die EU, die Inselstaaten und Teile Lateinamerikas drängen auf einen verbindlichen „Taff-Plan“. Dem stehen nicht nur die ölproduzierenden Länder entgegen, sondern auch Russland, China, Indien und Teile Afrikas. Denn: die Blockade wird von der Afrikagruppe (AGN) unterstützt, die 54 Länder vertritt und jede Bedingung ablehnt, die Anpassungsmaßnahmen an die Reduzierung fossiler Brennstoffe koppelt.
Allerdings ist umstritten, ob die AGN wirklich für ganz Afrika spricht: Einige afrikanische Staaten unterstützen öffentlich den Taff-Plan, andere afrikanische Staaten würden dem fossilen Aussteig ebenfalls unterstützen, äußern sich aber noch nicht öffentlich dazu.
Ohne Einigung droht die Konferenz hinter den Erwartungen der Staatengemeinschaft zurückzubleiben – obwohl Präsident Lula den fossilen Ausstieg zum Gradmesser für den Erfolg erklärt hatte.
Klimagipfel geht in die entscheidende Schlussphase – wer was will
21.04 Uhr: Die COP30 in Belém erreicht die kritische Phase: Seit dem Nachmittag tagen Minister und Delegationschefs hinter verschlossenen Türen, um die größten Streitpunkte zu klären. Ein erster Entwurf des Abschlusstextes sorgte für Aufsehen: 29 Länder, darunter Deutschland, verfassten einen Wutbrief, Klimaaktivisten sprachen von der „tödlichsten Talkshow aller Zeiten“. Viele Delegationen kritisieren die Shuttle-Diplomatie der brasilianischen Präsidentschaft, die den Prozess stark kontrollierte.
Ein Überblick: Was fordern die Ländergruppen?
- AOSIS (39 Inselstaaten) – z. B. Malediven, Fiji, Marshallinseln
Forderungen: Anpassungsmaßnahmen finanzieren und mangelhafte Klimapläne überarbeiten - Least Developed Countries (44 ärmste Länder) – z. B. Bangladesch, Niger, Kambodscha
Forderungen: Große Emittenten sollen ihre unzureichenden Klimapläne überarbeiten; mehr Mittel für Anpassung - Afrika-Gruppe (AGN, 54 Länder) – z. B. Nigeria, Südafrika, Kenia
Forderungen: Umsetzung des 1,3-Billionen-Dollar-Finanzierungsziels; zusätzliche Mittel für Anpassung - EU (27 Staaten) – z. B. Deutschland, Frankreich, Spanien
Forderungen: Unzureichende Klimaziele verbessern; beschleunigter Ausstieg aus fossilen Brennstoffen - China und Ölstaaten
Forderungen: Nationale Energiepolitik schützen; Widerstand gegen verbindliche Vorgaben zum Ausstieg aus fossilen Brennstoffen
Wenige Stunden vor dem offiziell geplanten Ende der Klimakonferenz ist weiterhin keine Einigung in Sicht. Bis zum offiziellen Schluss bleibt nur noch eine Stunde – dann stehen Überstunden auf der Tagesordnung.
Klima-Verhandlungen dauern an: Teilnehmer kicken auf den Fluren
19.44 Uhr: Während die Delegationen schleppend weiter diskutieren für einen Klima-Deal, haben Teilnehmer auf den Fluren der COP einfach angefangen, Fußball zu spielen.
Jetzt bahnen sich die Überstunden auf der COP an - Taff-Plan spaltet die Lager
19.30 Uhr: Die COP30 droht in die Verlängerung zu gehen: Bei den zentralen Themen – Ausstieg aus fossilen Brennstoffen und CO2-Reduktion – liegen die Länder weit auseinander. Mehr als 80 Staaten fordern einen Fahrplan für den Ausstieg, um eigenständige Maßnahmen und Zeitpläne zu ermöglichen. Doch ein anderer Block, darunter Saudi-Arabien, Russland und öl-abhängige Länder, lehnt dies strikt ab. Auf deren Druck wurde der Fahrplan aus dem aktuellen Entwurf gestrichen. Offiziell soll die Weltklimakonferenz am Freitag um 22 Uhr deutscher Zeit zu Ende sein.
Konferenzpräsident Andre Correa do Lago appelliert an Zusammenarbeit: „Wenn wir das Abkommen nicht stärken, verlieren alle.“ Ein neuer Textentwurf wird erwartet, dürfte aber nur minimale Änderungen enthalten – zur Enttäuschung der Länder, die stärkere Maßnahmen fordern. Ein Teilnehmer kritisierte, dass die brasilianische Präsidentschaft derzeit vor allem auf die Arabische Gruppe höre, berichtet der Guardian.
„Mit Schmerzen im Herzen“: EU-Kommissar Hoekstra lehnt aktuellen COP30-Entwurf ab
18.57 Uhr: In einer scharfen Rede hat EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra bei den „Mutirão“-Konsultationen im brasilianischen Belém gedroht, einen schwachen Abschlusstext der COP30 kategorisch abzulehnen. Den Entwurf, der derzeit auf dem Tisch liegt, werde die EU „auf keinen Fall“ akzeptieren.
„Nichts davon steht drin“, kritisierte der Niederländer. „Keine Wissenschaft. Kein Global Stocktake. Kein Ausstieg aus fossilen Brennstoffen.“ Hoekstra machte deutlich, dass die EU hierbei auch keinerlei Kompromiss akzeptieren werde.
"Nichts, was auch nur annähernd daran herankommt – und ich sage es mit Schmerz im Herzen – entspricht dem, was derzeit auf dem Tisch liegt. Ja, wir haben noch ein paar Stunden Zeit. Sie können darauf vertrauen, dass wir alles in unserer Macht Stehende tun werden, um ein Ergebnis zu erreichen. Nicht für die EU, sondern für uns alle", signalisierte er.
Der Klimakommissar nannte drei zentrale Punkte, die aus seiner Sicht unverhandelbar sind:
- Ambitionierte nationale Klimaziele (NDCs): Statt bloßer Rhetorik brauche es einen verbindlichen, jährlichen Überprüfungs- und Beschleunigungsprozess, damit das 1,5-Grad-Ziel „nicht nur in Reden, sondern in der Praxis“ erhalten bleibe.
- Klarer Ausstieg aus fossilen Brennstoffen: Der Ausstieg und der Übergang zu sauberer Energie müssten explizit im Text verankert werden –
- Ebenso wie alle wesentlichen Elemente des Global Stocktake.
Nur wenn diese Mitigation-Forderungen erfüllt werden, sei die EU bereit, bei der Finanzierung von Anpassungsmaßnahmen in besonders betroffenen Ländern „über ihren Wohlfühlbereich hinauszugehen“.
mit Agenturmaterial
Mehr Informationen zur COP30 erhalten Sie auf der nächsten Seite.
FOCUS online Earth widmet sich der Klimakrise und ihrer Bewältigung.
Faktenzentriert. Fundiert. Konstruktiv. Jeden Freitag als Newsletter.