Pflegeversicherung in der Kritik: Wirtschaftsexperte Raffelhüschen spaltet Leser
Große Worte, heftige Reaktionen: Unter dem Artikel "Top-Ökonom: Pflegeversicherung war der größte Fehler der Nachkriegsgeschichte" diskutieren Leser über Pflichtbeiträge, Gerechtigkeit und die Rolle des Staates. Mehrheitlich überwiegt Unzufriedenheit mit der aktuellen Ausgestaltung – viele empfinden das System als unsolidarisch. Doch es gibt auch Kritik an Raffelhüschens Argumenten. Migration, steigende Pflegekosten und Eigenverantwortung sind weitere Streitpunkte. Klar wird: Die Pflegeversicherung bleibt hoch umstritten.

Kritik an Pflichtversicherung und Belastung
Mit 27 Prozent dominieren kritische Stimmen zur Pflichtversicherung. Viele Leser empfinden die Pflegeversicherung als unsolidarisch und sehen vor allem die Mittelschicht überfordert: Sie müsse sowohl für Gutverdiener als auch für Sozialleistungsbezieher mitzahlen. Häufig fällt der Vorwurf, es handle sich um eine verdeckte Steuer, die soziale Ungleichheiten verstärkt und am Ende selbst hohe Beitragszahler nicht ausreichend absichert.
"Die Pflegeversicherung ist – gut für Reiche: unsolidarisch, entziehen ihre Einkünfte, übertragen Solidarlasten auf Arbeitnehmer – gut für schuldhaft Bedürftige: unsolidarisch, abgesichert ohne Arbeit, ohne Einzahlung, ohne Gegenseitigkeit – schlecht für die mittlere Mittelschicht: solidarisch, ersetzt fehlende Einzahlung der Reichen, muss für 'Arme' zahlen, ..." Zum Originalkommentar
"Wenn man eine Versicherung wie andere bezahlt und dann noch mehr Beitrag, weil man mehr verdient, dann ist man zu Recht sauer, wenn man im Leistungsfall auch noch draufzahlen muss." Zum Originalkommentar
"Wer Bürgergeld bezieht, zahlt keinen Euro in die Pflegeversicherung ein. Im Pflegefall trägt auch das Sozialamt die Zuzahlung. Wer Maximal-Beiträge in die Pflegeversicherung gezahlt hat, bleibt trotzdem auf tausenden von Euro pro Monat sitzen. Wo ist hier die Verteilung von unten nach oben?" Zum Originalkommentar
Kritik an Raffelhüschen
Einige Leser nehmen den Ökonomen Bernd Raffelhüschen ins Visier. Sie stellen seine persönliche und fachliche Eignung infrage. Viele lehnen seine Thesen klar ab.
"Raffelhüschen hält die Pflegeversicherung für einen Fehler, und ich halte es für einen Fehler, diesem 'Experten' eine Plattform zu geben." Zum Originalkommentar
Sozialstaat und Eigenverantwortung
14 Prozent der Leser sehen im deutschen Sozialstaat eine Schieflage. Sie warnen, dass fleißige Beitragszahler am Ende schlechter dastehen als Bürger, die kaum oder gar nichts einzahlen. Hinter vielen Kommentaren steht die Sorge, dass Eigenverantwortung verloren geht und sich Arbeit immer weniger lohnt.
"Frage mich wirklich langsam, ob man nicht deutlich ruhiger lebt, wenn man einfach nichts tut und sich vom Staat versorgen lässt. Bürgergeld, Miete und Krankenversicherung wird übernommen, danach Grundsicherung und als Pflegefall springt auch der Staat ein. Klar, tolles Auto und Fernreisen sind dann nicht drin, aber sonst? Wer nichts hat, dem kann man auch nichts ..." Zum Originalkommentar
"Sorry, es ist und bleibt eine Versicherung, ggf. hätte man diese wie auch viele andere Versicherungen als Angebot und nicht als Pflicht einführen müssen. Das Einzige wozu der Top-Ökonom auffordert, ist wieder einmal die Fragestellung, ob sich Arbeit überhaupt noch lohnt ..." Zum Originalkommentar
"Nun, die, die sich schon immer sozial verhalten und viele Steuern zahlen, sich weiterbilden, Überstunden schaffen und Risiken eingehen, um natürlich auch selbst für sich etwas tun/ erarbeiten, sollen dann alles verlieren, wenn es ihnen schlecht geht, damit sie am Ende mit denen gleich auf sind, welche sie durchfinanziert haben...." Zum Originalkommentar
Migration und Belastung für die Pflegeversicherung
Manche machen Migration für steigende Belastungen in der Pflegeversicherung verantwortlich. Sie sprechen von "unkontrollierter Einwanderung" und zusätzlichen Kosten. Einordnung: Fachlich gilt das als zu kurz gegriffen. Haupttreiber sind die Alterung der Gesellschaft, steigende Pflegekosten und der Mangel an Pflegekräften. Dass die Migration mit diesen Problemen verknüpft wird, zeigt die Unsicherheit in der Debatte um Finanzierung und Gerechtigkeit im Pflegesystem.
"Wenn Deutschland nicht jedem, der ins Land kommt und niemals etwas hier eingezahlt hat, sofort Geld, Unterkunft, ärztliche Betreuung und einfach ein Rundum-Sorglos-Paket geben würde, könnten die eigenen Pflegebedürftigen wahrscheinlich ohne große Sorgen menschenwürdig versorgt werden ..." Zum Originalkommentar
"Als größten Fehler würde ich nicht die Pflegeversicherung, sondern die Grenzöffnung und die unbegrenzte Zuwanderung bezeichnen in unsere Sozialsysteme bezeichnen." Zum Originalkommentar
"Die unkontrollierte Einwanderung in die Sozialsysteme ist für die Top-Experten nie ein Problem. Für mich schon." Zum Originalkommentar
Pflegekosten, Eigentumsschutz und Existenzfragen
Mit 9 Prozent Anteil betonen Leser die explodierenden Pflegekosten und sorgen sich um ihr erspartes Eigentum. Sie kritisieren die unzureichende Abdeckung durch die Pflegeversicherung und schildern Ängste, im Pflegefall das selbst erarbeitete Vermögen oder das Familienhaus zu verlieren.
"Ich habe vor Kurzem bei einer notariellen Beratung zum Übertrag unseres Hauses auf unsere Tochter zu hören bekommen, dass wir also den Sozialstaat ausnutzen wollen, weil später kein Vermögen mehr vorhanden sein wird, welches für eine Pflege im Pflegeheim einzusetzen wäre ..." Zum Originalkommentar
"Das liegt wohl auch daran, dass die Pflegeplätze mittlerweile unbezahlbar geworden sind. 3500 bis 4000 € im Monat sind keine Seltenheit. Außer Pensionären, wie später auch Herr Raffelhüschen, kann sich das kein Rentner leisten. Die Folge ist, dass alle zu Sozialfällen werden, außer man hat ein Haus zu verkaufen ..." Zum Originalkommentar
"Und dann ist das Häuschen auch noch futsch. Deshalb mein Rat: Nehmt Hypotheken auf, damit der liebe Vater Staat nichts mehr holen kann." Zum Originalkommentar
Sozialversicherung und Gerechtigkeit
8 Prozent der Leser fordern, die Sozialversicherung stärker auf eine Grundversorgung zu begrenzen. Sie kritisieren, dass Vorsorgende und Sparer im Pflegefall stärker belastet werden, während andere trotz fehlender Einzahlungen vergleichbare Leistungen erhalten. Hinter den Kommentaren steht die Sorge um fehlende Gerechtigkeit im System.
"In der GKV und PV, BG und Grundsicherung sollten nur Basisversorgung abgedeckt sein, sonst wird es zu teuer und ungerecht denjenigen gegenüber, die sparsam gelebt haben und privat vorgesorgt haben." Zum Originalkommentar
"Wer in Alten- und Pflegeeinrichtungen schaut, wird wie überall sehen, dass es sehr viele Bewohner dort gibt, wo noch nie einen Cent in die Sozialversicherung einbezahlt haben. Der, wo gespart hat, muss sein letztes Hemd geben und die Anderen bekommen auch noch Taschengeld." Zum Originalkommentar
"Wenn ein Ehepartner ins Pflegeheim muss, bleibt dem anderen Ehepartner viel weniger Schonvermögen, als jedem Bürgergeldempfänger. Ist das etwa sozial gerecht?" Zum Originalkommentar
Sonstiges & Ironie
Viele Kommentare fallen aus dem Hauptmuster heraus. Sie reichen von ironischen Bemerkungen über Medienkritik bis hin zu Hinweisen auf das Umlageverfahren der Pflegeversicherung. Vereinzelt finden sich auch positive Stimmen, die gesellschaftlichen Zusammenhalt betonen. Das Spektrum zeigt: Neben harter Kritik mischen sich auch Humor und Nachdenklichkeit in die Debatte.
"Ich schlage der Pflege ein Schnäppchen und werde einfach nicht pflegebedürftig. Alles gut" Zum Originalkommentar
"Eine Versicherung ist dazu da, Risiken abzudecken. Die Pflegeversicherung entsprechend das Pflegerisiko. Eine Pflichtversicherung ist für alle verpflichtend. Eine KFZ-Versicherung ist auch für die verpflichtend, die das Risiko selbst tragen könnten. So ist es auch bei der Pflegeversicherung ..." Zum Originalkommentar
"Bei fast allen sozial(politischen) Maßnahmen gilt: Comes time, comes bicycle." Zum Originalkommentar
"Die Sozialsysteme stehen kurz vor dem Kollaps. Dafür ist die Verwaltung der Sozialsysteme sicher und die Jobs der Beamten, die die da arbeiten." Zum Originalkommentar
Die Kommentare zur Kritik an der Pflegeversicherung zeigen, wie stark das Thema die Gesellschaft bewegt. Diskutieren Sie mit: Welche Lösungen sehen Sie für eine gerechte Finanzierung und Organisation der Pflege in Deutschland — und wer sollte dafür in welchem Umfang aufkommen?
Hinweis: Die in diesem Artikel zitierten Kommentare geben ausschließlich die Meinungen der Nutzerinnen und Nutzer wieder und wurden inhaltlich nicht verändert. Die Analyse, Auswertung und thematische Gruppierung der Kommentare erfolgt automatisiert mithilfe Künstlicher Intelligenz.