Wogen um Wildfütterung schlagen hoch
Der neue Kurs der Jagdgenossenschaft Rottach-Egern in Sachen Wildfütterung sorgt für Aufruhr. Weil Futterstellen abgebaut wurden, hat sich Tierschützerin Johanna Ecker-Schotte ans Ministerium gewandt – und erhält Unterstützung vom ehemaligen Jagdleiter Eduard Maierhofer.
Rottach-Egern – 26 Jahre lang hat der frühere Jagdleiter Eduard Maierhofer von November bis April in Rottach-Egern eine Wildfütterung unterhalten. „Sie wurde immer von 45 bis 50 Stück Rotwild gut angenommen“, schildert er in einem Schreiben an unsere Zeitung. Es handelte sich um eine von insgesamt drei Futterstellen im Bereich der Jagdgenossenschaft Rottach-Egern. Heuer wurde bisher keine von ihnen bestückt.
Johanna Ecker-Schotte, Vorsitzende des Tierschutzvereins Tegernseer Tal, sieht darin ein großes Unrecht. Die an die Fütterung gewöhnten Wildtiere irrten umher, suchten bei Bauernhöfen nach Nahrung. Wie berichtet, hat sie sich an Jagdminister Hubert Aiwanger und Forstministerin Michaela Kaniber gewandt. „Wir warten auf Rückmeldung“, sagt sie. Von der Bevölkerung erhalte sie viel Zuspruch für ihren Kampf um die Winterfütterung.
Ehemaliger Jagdleiter prangert Verhalten der Jagdgenossenschaft an
Maierhofer stärkt ihr ebenfalls den Rücken. Auch wegen anderer Dinge ärgere er sich „maßlos“ über die Jagdgenossenschaft, lässt er wissen. Vor allem schmerzt ihn, dass er sein Revier verloren hat. Aus fadenscheinigen Gründen habe ihn Jagdvorstand Quirin Berghammer einfach abgesetzt, schildert er. Maierhofer hat keinen Begehungsschein mehr, und auch seine Zuständigkeit für die Wildfütterung ist dahin.
Unterdessen setzt die Jagdgenossenschaft, ein Zusammenschluss von Eigentümern bejagbarer Flächen, einen Vorstandsbeschluss um. Der besagt: Eine Fütterung findet nur noch in Notzeiten statt. So schreibe es das Gesetz auch vor, erklärt der Vorsitzende Quirin Berghammer. Wenn das bisherige Fütterungskonzept so gut gewesen wäre, merkt sein Stellvertreter Lorenz Kandlinger an, „dann hätten wir nicht diesen katastrophalen Verbiss“.
Großer Schaden durch Verbiss
Seit vielen Jahren seien die Wildbestände in Rottach-Egern zu hoch, Naturverjüngungen oft ein Totalausfall. „Aber wir sind keine Wildhasser“, versichert Kandlinger. Er verweist auf Studien, die zeigen, dass zu viel Fütterung dem Wild sogar schade. „Da werden Biertreber und Apfeltrester gefüttert, obendrauf liegen Brezen und Semmeln.“ Eine solche Fütterung von Wildtieren sei absolut nicht zielführend, um Wald und Wild in Einklang zu bringen. Kandlinger verweist auf Studien zum sensiblen Gleichgewicht im Wald und Veröffentlichungen von „Tierschutz Austria“.
„Wir füttern in Notzeiten“
„Wir füttern in Notzeiten“, versichert Berghammer. Also dann, wenn Schnee und Eis es dem Wild unmöglich machten, an Äsung zu kommen. Doch in diesem Winter habe es bisher keine Notzeit gegeben. Sollte plötzlich viel Schnee fallen, werde die Jagdgenossenschaft alle drei Futterstellen bestücken: „Wir haben alles da.“ Die Holz-Futtertische an der früher von Maierhofer bestückten Wildfütterung wurden allerdings abgebaut.
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Tierschützerin sieht keine Basis für Gespräch
Gerne hätten Berghammer und Kandlinger ihre Haltung Tierschützerin Ecker-Schotte schon im Vorfeld erklärt. Doch die lehnte ab, als sie vom Abbau der Wildfütterung erfuhr. „Es gab meinerseits keine Basis mehr für ein Gespräch“, meint sie. Ihre Entscheidung, sich an die Ministerien zu wenden, sei da schon gefallen. Die Argumente der Jagdgenossenschaft, die Fütterung sei aus dem Ruder gelaufen, lässt sie nicht gelten. In Bayern sei das Rotwild in seinem Sommerlebensraum eingesperrt. Deshalb sei es in der vegetationsarmen Zeit vom Menschen und einer artgerechten Fütterung abhängig.
Auch Jagdgenossenschaft Kreuth fährt neuen Kurs
Das Fütterungskonzept der Hochwildhegegemeinschaft trage den Ansprüchen des Rotwilds Rechnung, ein Gremium habe es gemeinsam ausgearbeitet, schildert Ecker-Schotte. Auf dieses Konzept verweist auch Bernhard Greinsberger, Vorsitzender der Hochwildhegegemeinschaft. Dessen Leitlinien seien bis zum Beginn dieses Winters von allen Jagdgenossenschaften und Jagdpächtern ohne Ausnahme mitgetragen worden, berichtet Greinsberger. Mit den aktuellen Entscheidungen der Jagdvorstände in Rottach-Egern und auch in Kreuth werde dieser gemeinsame Weg nun verlassen.
In diesem Jahr, so Greinsberger, habe die Hochwildhegegemeinschaft Anfang Dezember mit der Fütterung begonnen – nur leider nicht in Rottach-Egern und auch nicht in Kreuth-West. Ziel der Fütterung sei es, das Wild gezielt und revierübergreifend an Fütterungen zu konzentrieren und dort täglich mit artgerechtem Futter zu versorgen. An manchen Stellen versammele sich das Wild in größeren Stück㈠zahlen: „Dabei handelt es sich aber nicht um Stallhaltung, sondern um eine waldschonende Überwinterungsform des Rotwilds.“
Die Abschusszahlen für Rotwild seien in den vergangenen vier Jahren in Rottach-Egern übrigens um über 70 Prozent gestiegen, führt Greinsberger an. Es gelte, den Dialog wieder aufzunehmen – im Sinne von Wald und Wild.