Reibungen am Arbeitsplatz kennen wir doch alle. Ein Kollege, der Informationen für sich behält. Eine Kollegin, die sich ständig in den Vordergrund spielt. Ein Meeting, das zur Bühne für Eitelkeiten wird. Oder dieses subtile Gefühl, dass zwar alle freundlich lächeln – aber keiner wirklich offen miteinander redet.
Emma-Isadora Hagen leitete bereits mit 22 Jahren als General Sales Managerin ein Team von 200 Mitarbeitenden. Ihre Spezialgebiete sind modernes Leadership und New Work. Sie ist Teil unseres EXPERTS Circle. Die Inhalte stellen ihre persönliche Auffassung auf Basis ihrer individuellen Expertise dar.
Reibungen am Arbeitsplatz gehören zum Alltag. Doch wie wir damit umgehen, entscheidet oft darüber, ob unser Job uns Energie gibt oder uns auslaugt und ob wir langfristig erfolgreich sind. Denn hinter jeder funktionierenden Zusammenarbeit steckt ein unsichtbares Prinzip: Wie wir geben, nehmen und teilen.
Der US-Psychologe Adam Grant hat dieses Prinzip genauer untersucht und dabei vier typische Verhaltensmuster entdeckt, die bestimmen, wie wir mit Kolleginnen, Kollegen und Vorgesetzten umgehen:
- Der Nehmende – denkt zuerst an sich selbst, nutzt Chancen, teilt selten Wissen.
- Die Tauschende – hilft, wenn sie dafür etwas zurückbekommt.
- Der fremdbezogene Gebende – unterstützt andere gezielt, achtet aber auch auf die eigenen Grenzen.
- Die selbstlose Gebende – hilft allen, oft bis zur Erschöpfung.
Diese vier Typen begegnen Ihnen in jedem Büro, jedem Projekt und in jeder Videokonferenz. Doch: Einer dieser Typen ist laut Grants Forschung langfristig erfolgreicher als alle anderen.
Nicht, weil er am lautesten ist oder sich am besten verkauft – sondern, weil er verstanden hat, wie Vertrauen, Einfluss und Leistung wirklich zusammenhängen. Welche Haltung das ist und warum sie Ihre Karriere entscheidend verändern kann, erfahren Sie jetzt.
Warum zahlt es sich aus, anderen zu helfen und welche Art des Gebens führt wirklich zum Erfolg?
Adam Grants Forschung zeigt: Erfolg im Job entsteht selten durch reinen Ehrgeiz, sondern durch das richtige Verständnis von Kooperation. Doch das bedeutet nicht, dass man sich aufopfern oder jedem helfen muss. Im Gegenteil: Wer es richtig macht, gewinnt Vertrauen, Einfluss und Respekt, ohne sich selbst zu verlieren.
In einer groß angelegten Studie mit mehr als 30.000 Beschäftigten aus unterschiedlichen Branchen fand Grant heraus, dass Menschen, die anderen regelmäßig helfen, ohne sofort eine Gegenleistung zu erwarten, im Schnitt 26 Prozent häufiger befördert werden als ihre rein leistungsorientierten Kolleginnen und Kollegen. Zudem berichten sie von höherer Arbeitszufriedenheit und geringerer emotionaler Erschöpfung.
Andere Untersuchungen, etwa der Stanford University, bestätigen diesen Effekt: Teams, in denen gegenseitige Unterstützung zum Alltag gehört, sind bis zu 40 Prozent produktiver und zeigen eine um 35 Prozent geringere Fluktuation. Doch Grant betont: Nicht jede Form des Gebens führt zum Erfolg.
„Selbstlose Helferinnen und Helfer brennen häufig aus“, erklärt Organisationsberater Thomas Kottmann, der Grants Theorie in deutsche Unternehmen überträgt.
„Aber wer klug gibt – also mit Sinn, Grenzen und Bewusstsein für die eigene Rolle – wird zu einem der wertvollsten Menschen in jedem Team.“
Genau das unterscheidet die sogenannten fremdbezogenen Geber von den anderen Typen: Sie kombinieren Empathie mit Strategie. Sie helfen, weil sie verstanden haben, dass gemeinsame Erfolge stabiler und nachhaltiger sind als individuelle Siege.
In Zahlen ausgedrückt: Fremdbezogene Geber sind die Gewinner, sie schaffen es häufiger in Führungsrollen, sind kreativer bei der Problemlösung und werden im Durchschnitt von ihren Kolleginnen und Kollegen als doppelt so vertrauenswürdig eingestuft wie andere Typen.
Warum schadet Konkurrenzdenken der Zusammenarbeit?
In vielen Unternehmen hält sich hartnäckig der Glaube, Wettbewerb motiviere. Doch es zeigt sich schon seit Jahren: Wer ständig im Vergleich lebt, verliert das Vertrauen der anderen und blockiert damit den Erfolg des Teams.
Ein gutes Beispiel liefert das Hamburger Softwareunternehmen Nexora, das seit einigen Jahren auf eine völlig neue Form der Zusammenarbeit setzt.
„Früher haben wir Leistung sehr stark über Einzelziele definiert“, erzählt Projektleiterin Sarah Weigand. „Das hat dazu geführt, dass viele nur auf ihre eigenen Kennzahlen geschaut haben und kaum jemand bereit war, Wissen zu teilen.“
Nach einer internen Analyse führte Nexora sogenannte Teamziele und gemeinsame Erfolgsmetriken ein: Statt einzelner Boni werden seitdem ganze Teams ausgezeichnet, wenn sie ihre Ziele erreichen – unabhängig davon, wer welchen Anteil daran hatte.
Das Ergebnis war überraschend deutlich: Innerhalb eines Jahres stieg die Projektgeschwindigkeit um 23 Prozent, die Zahl der freiwilligen Mitarbeitendenwechsel sank spürbar.
„Vor allem aber hat sich die Atmosphäre verändert“, sagt Weigand. „Man gönnt sich wieder etwas. Und das fühlt sich nicht nur besser an, es funktioniert auch besser.“
Was bringt kluges Geben im Arbeitsalltag?
Was das für Sie bedeutet?
Ob Sie in der Verwaltung, im Vertrieb oder im Homeoffice arbeiten. Sie müssen kein Chef sein, um Ihr Umfeld zu verändern.
Kluge Kooperation beginnt dort, wo Sie Ihr eigenes Verhalten bewusst steuern.
- Teilen Sie Wissen, statt es zurückzuhalten. Das macht Sie sichtbar und verlässlich.
- Helfen Sie gezielt, aber nicht grenzenlos. Wer Nein sagen kann, bleibt kraftvoll.
- Bitten Sie um Unterstützung, wenn Sie sie brauchen. Das zeigt Vertrauen, nicht Schwäche.
- Anerkennen Sie andere. Ein ehrliches Danke wirkt stärker als jedes Lob von oben.
Langfristig zahlt sich dieses Verhalten doppelt aus: Sie bauen soziale Kredibilität auf und werden zu jemandem, den andere in schwierigen Situationen dabeihaben wollen.
Erfolg ist Teamarbeit.
Ich sag Ihnen: Reibungen im Job lassen sich nie ganz vermeiden. Aber wie Sie mit ihnen umgehen, entscheidet darüber, ob Sie ständig kämpfen oder gestalten.
Wer Wissen teilt, Vertrauen schenkt und Verantwortung annimmt, wird nicht ausgenutzt, sondern anerkannt.
Denn langfristig gilt: Wer klug gibt, arbeitet nicht für Applaus, sondern für Wirkung und genau das macht den Unterschied zwischen Job und Erfolg.