Neues Landratsamtsgebäude in Weilheim: „Das wird ein Jahrzehnte-Projekt“

  1. Startseite
  2. Lokales
  3. Weilheim
  4. Weilheim

Kommentare

So könnte der Landratsamtskomplex an der Pütrichstraße nach seiner Fertigstellung aussehen. Links vorne das Bestandsgebäude an der B 2. © LANDRATSAMT

Am geplanten Neubau eines Landratsamtsgebäudes an der Pütrichstraße in Weilheim scheiden sich die Geister.

Auch wenn die Rede immer von „dem“ Landratsamt ist: Eigentlich gibt es im Landkreis Weilheim-Schongau 15 Landratsämter. Während in Bad Tölz bereits vor etlichen Jahren eine ehemalige Kaserne so umgebaut wurde, dass sämtliche Mitarbeiter des Landratsamtes in einem einzigen Gebäudekomplex untergebracht werden können, verteilt sich das Landratsamt Weilheim-Schongau auf 15 Gebäude in Weilheim und Schongau.

Das sei nicht nur für die Mitarbeiter schwierig, weil man eben nicht so einfach ein paar Türen weitergehen und nachfragen kann, sondern immer anrufen oder chatten müsste, um sich abzustimmen, so Georg Leis, der Geschäftsleiter des Landratsamtes. Auch für die Bürger berge die Struktur Probleme. So muss man vorher genau nachschlagen, wo das Amt angesiedelt ist, das man gerade aufsuchen möchte. Nicht eben besser werde die Situation dadurch, dass sich längst nicht alle Gebäude, die das Landratsamt nutzt, auch im Besitz des Landkreises befinden, so Leis weiter.

Der Landkreis Landsberg hat ein ganz ähnliches Problem. Dort entschied man sich für die „große“ Lösung. Nach einem Wettbewerb fertigte ein Stararchitekt einen schicken Entwurf an, dessen Umsetzung geschätzt 120 Millionen Euro gekostet hätte. Das Projekt erlitt bei einem Bürgerentscheid massiv Schiffbruch: Nur 23,9 Prozent der Bürger stimmten für den Neubau. Nun sitzt Landrat Thomas Eichinger ohne Zukunftsplan da, muss dafür aber nach Medienberichten in Landsberg erklären, warum 120 000 Euro für eine Werbekampagne im Vorfeld des Bürgerentscheids ausgegeben wurden.

Modular und Stück für Stück

Sicher auch angesichts dieser Erfahrungen der Landsberger hat das Landratsamt Weilheim-Schongau einen grundlegend anderen Ansatz gewählt. Ausgetüftelt haben ihn der Leiter des Bauverwaltungsamtes, Philipp Rehm, und seine Kollegen. Sie präsentierten ein modulares Modell – und das gleich in doppelter Hinsicht. Zum einen besteht der Neubau tatsächlich aus quadratischen Modulen, die beliebig angeordnet werden können. Jedes Modul ist fünfeinhalb mal fünfeinhalb Meter groß und kann ganz unterschiedlich genutzt werden: Für vier oder zwei Arbeitsplätze, Neben- und Besprechungsräume.

Modular ist aber auch das Gebäude als solches. Denn im Gegensatz zum Landsberger Modell muss und soll nicht alles auf einmal gebaut werden. Denkbar seien insgesamt fünf Bauabschnitte, so Rehm im Ausschuss. Derzeit diskutiere man nur über den ersten Bauabschnitt, der auch der kleinste sein soll.

Viele Fragen aus dem Schongauer Raum

Viele Befürchtungen drehten sich darum, ob durch den geplanten Neubau in Weilheim in Schongau weitere Einrichtungen und Jobs im Landratsamt verloren gehen. Der Geschäftsleiter des Landratsamtes, Georg Leis, stellte daraufhin im Gespräch mit der Heimatzeitung klar: „An den Standorten in Schongau wird sich durch den Neubau in Weilheim gar nichts ändern.“

Das liege nicht zuletzt daran, dass das Landratsamt in Schongau keine Immobilien für die Verwaltung angemietet habe. In Weilheim sei das anders, weswegen man jetzt schrittweise den Standort an der Pütrichstraße, in dem auch Landrätin Andrea Jochner-Weiß ihr Büro hat, ausbauen möchte.

Diskutiert wurde in Schongau auch intensiv die Frage, warum nicht Teile des ehemaligen Krankenhauses für die Verwaltung des Landkreises genutzt werden können. Schließlich hatte man im Vorfeld der Ansiedlung des Technologietransferzentrums in Weilheim den Verantwortlichen von der Hochschule München auch die leerstehenden Räumlichkeit im heutigen „SOGesund“ gezeigt.

Konkret wurde die Frage gestellt, warum Gesundheits- und Veterinäramt nicht dort einziehen können. Stattdessen könnten die Räumlichkeiten, in denen die Ämter jetzt in Weilheim sitzen, genutzt werden, um die Mitarbeiter unterzubringen, für die bislang kein Platz ist. Konkret handelt es sich dabei um 14 Mitarbeiter, die bislang im Gebäude der Agentur für Arbeit in Weilheim eingemietet sind.

Für Georg Leis ist die Nutzung des SOGesund für Abteilungen des Landratsamtes keine ernsthafte Option. Es handele sich beim ehemaligen Schongauer Krankenhaus um ein „relativ komplexes Gebäude mit weiten Wegen“, weswegen die Gefahr bestehe, dass die Bürger die Verwaltung nicht finden. Ein Umbau der früheren Patientenzimmer zu Büros sei „grundsätzlich sicher möglich“, würde aber wie ein Neubau in Weilheim auch Kosten verursachen. Zudem habe der Neubau in Weilheim das Ziel, die Zersplitterung des Landratsamtes auf derzeit 15 Standorte zu reduzieren. Mit der Nutzung des Ex-Krankenhauses würde allerdings sogar noch ein weiterer Standort hinzukommen, so Leis.

Nachdem die Agentur für Arbeit angekündigt hat, den Mietvertrag für die Mitarbeiter des Landratsamtes zu kündigen, müssen beim Landratsamt 14 weitere Mitarbeiter untergebracht werden. Die Agentur braucht den zusätzlichen Platz, weil die Filiale in Schongau geschlossen werden könnte. Dann müssten die Mitarbeiter von dort in Weilheim untergebracht werden (wir berichteten).

Übergangsweise könne man die 14 Mitarbeiter schon irgendwo mit reinquetschen, meinte Landrätin Andrea Jochner-Weiß dazu, aber eine dauerhafte Lösung sei das keinesfalls. Zum Glück habe man bereits vor einiger Zeit das Haus an der Pütrichstraße 6, das direkt neben dem Amtssitz der Landrätin steht, erworben. Früher befand sich dort unter anderem ein Friseurgeschäft. Das Haus soll nun, wie der Kreisausschuss einstimmig beschloss, abgerissen werden.

Dadurch würde Baufreiheit für die erste Ausbaustufe des neuen Landratsamtsgebäudes entstehen, erklärte Philipp Rehm. Der Neubau soll durch ein Treppenhaus mit Aufzug an den Altbau angeschlossen werden. Damit würde man gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, so der Chef des Bauverwaltungsamtes. Denn der Altbau sei derzeit nicht barrierefrei und habe keinen Aufzug.

Miete sparen, Rate zahlen

An den Verbindungsbau soll ein Neubau mit dreimal drei Modulen angesetzt werden. Genug Platz, um die 14 Mitarbeiter unterzubringen. Als erste Kostenschätzung für den ersten Bauabschnitt nannte Rehn die Summe von 2,275 Millionen Euro. 700 000 Euro dafür seien im aktuellen Haushalt veranschlagt, weitere 1,6 Millionen Euro müssten dann in die Haushalte 2026/2027 untergebracht werden, so Kreiskämmerer Matthias Brugger. Im Gegenzug würde man die Miete, die bislang bezahlt wurde, einsparen.

Mit diesem Argument soll der Kreistag dazu bewegt werden, „immer dann, wenn Geld da ist“, wie es Geschäftsleiter Leis formuliert, weitere Bauabschnitte auf den Weg zu bringen. Die Mietverträge für mindestens zwei Gebäude in Weilheim seien auf zehn Jahre abgeschlossen, berichtet er. Wenn sie auslaufen, sei das Ziel, nicht zu verlängern, sondern rechtzeitig weitere Ausbaustufen des Neubaus zu realisieren und die Mitarbeiter aus den Mietobjekten ins neue Haus zu holen.

Der bestehende Anbau und das Feuerwehrgerätehaus an der Angerkappellenstraße sollen im Zuge der jeweiligen Abschnitte abgerissen werden und Platz für die Neubauten schaffen. Rehm weigert sich, eine Kostenschätzung für die Gesamtmaßnahme inklusive der letzten Ausbaustufe zu nennen. Das könne man nicht seriös beziffern, auch mit Blick darauf, dass niemand weiß, wie sich die Baupreise entwickeln und wann wieder Geld zum Weiterbauen bereitsteht. „Das wird ein Jahrzehnte-Projekt. Ob ich die Fertigstellung noch miterlebe, ist fraglich“, so Rehm.

Das Haus an der Pütrichstraße 6 neben dem Landratsamt wird abgerissen.
Das Haus an der Pütrichstraße 6 neben dem Landratsamt wird abgerissen. © set

Angesichts der heutigen Haushaltslage mit einer Schuldenlast im dreistelligen Bereich, einer rekordverdächtig hohen Kreisumlage und der Krankenhaus Weilheim-Schongau GmbH als Fass ohne Boden mutet das Vorhaben schon utopisch an. Insbesondere mit Blick darauf, dass es für den Neubau des Landratsamtsgebäudes keinerlei Fördermittel gibt und es zumindest zweifelhaft ist, dass es sich dabei um eine Infrastrukturmaßnahme handelt, die aus dem 500-Milliarden-Euro-Topf der Bundesregierung finanziert werden könnte.

Leis verwies aber auch nochmals auf die erste Stellungnahme von Landrätin Andrea Jochner-Weiß zum Billion-Euro-Schuldenpaket des Bundes. Damals hatte sie ihrer Hoffnung Ausdruck verliehen, dass dadurch die Krankenhäuser wieder auf stabile finanzielle Grundlagen gestellt werden könnten. Wenn die Zuschüsse für die Krankenhaus GmbH, die sich auf bis zu 27 Millionen Euro pro Jahr beliefen, wegfallen würden, sei auch wieder genug Geld im Haushalt für den Neubau, so Leis.

Im ersten Bauabschnitt sind drei mal drei Module und ein Fahrstuhl geplant.
Im ersten Bauabschnitt sind drei mal drei Module und ein Fahrstuhl geplant. © Landratsamt

Auf lange Sicht, sagt er, könnte es sich dennoch als die günstigste Variante herausstellen. Denn auch die Bestandsgebäude seien alt und müssten in absehbarer Zeit saniert werden. Zudem sollen im Neubau neue Büroformen und Arbeitsweisen etabliert werden. Jeder seinen eigenen Schreibtisch mit Motivtasse und Gummibaum – das soll es dann so nicht mehr geben. Schon heute, berichtet Leis, würden etliche Mitarbeiter bis zu 40 Prozent ihrer Arbeitszeit im Homeoffice verbringen. Da können sich mehrere einen Schreibtisch teilen.

Stellt sich die Frage, warum man derartige flexible Raumkonzepte nicht in den vorhandenen Räumlichkeiten umsetzt. Dann könnte man sich den Neubau doch sparen? „Ganz so einfach ist es nicht“, meint Rehm. Das Landratsamt habe verschiedene Abteilungen. „Das sind quasi alles kleine Firmen innerhalb einer großen Firma.“ Und die Mitarbeiter, die zu einer Abteilung gehören, müssten schon in der Nähe zueinander sitzen. Da könne man nicht wahllos die Mitarbeiter irgendwohin setzen, wo gerade Platz ist. Auch die Bürger würden erwarten, dass sie ihre Ansprechpartner zuverlässig telefonisch und persönlich finden können. Der Neubau würde den Vorteil bieten, dass man die Abteilungen so sortieren könne, dass für alle – Bürger und Mitarbeiter – beste Bedingungen herrschen, so Geschäftsführer Leis: leicht und barrierefrei erreichbar die Abteilungen mit hohem Besucheraufkommen, ruhig und abgelegen die, bei denen selten bis nie Bürger vorbeikommen.

Auch interessant

Kommentare