Viele enthalten zu wenig Wirkstoff! So entlarven Sie schlechte Vitaminpillen

Nahrungsergänzungsmittel erleben seit Jahren einen wahren Höhenflug. Ob im Drogeriemarkt, in der Apotheke oder online – Vitaminpräparate, Mineralstoffkapseln und Pflanzenextrakte gehören längst zum Alltag vieler Menschen. Der Markt wächst stetig, getrieben von dem Wunsch, Körper und Geist optimal zu versorgen. 

Doch nicht jedes Produkt hält, was es verspricht. Untersuchungen unabhängiger Labore zeigen regelmäßig: Viele Kapseln enthalten zu wenig Wirkstoff oder setzen auf Verbindungen, die der Körper kaum aufnehmen kann. Das zentrale Stichwort lautet Bioverfügbarkeit.

Was Bioverfügbarkeit wirklich bedeutet

Bioverfügbarkeit beschreibt den Anteil eines Nährstoffs, der nach der Einnahme tatsächlich in den Blutkreislauf gelangt und somit wirksam werden kann. Sie ist das entscheidende Qualitätsmerkmal eines Nahrungsergänzungsmittels – und sie unterscheidet hochwertige Produkte von wirkungslosen Kapseln.

Die Aufnahme hängt von zahlreichen Faktoren ab: der chemischen Struktur des Wirkstoffs, seiner Löslichkeit, der Zusammensetzung des Präparats und der individuellen Verdauung. Beispiel Magnesium: Magnesiumoxid gilt als günstig, wird aber nur wenig aufgenommen. Magnesiumcitrat oder -bisglycinat dagegen erreicht eine deutlich höhere Bioverfügbarkeit.

Warum Laboranalysen unverzichtbar sind

Viele Produkte werben mit Begriffen wie "hochwertig", "rein" oder "premium". Doch diese Bezeichnungen sind marketinggetrieben und rechtlich nicht geschützt. Ein objektives Qualitätsmerkmal liefern nur unabhängige Laboranalysen.

Solche Prüfungen untersuchen, ob die angegebene Wirkstoffmenge tatsächlich enthalten ist, ob das Produkt frei von Schadstoffen ist und ob es mikrobiologisch unbedenklich ist. Zudem prüfen seriöse Labore, in welcher Form die Inhaltsstoffe vorliegen – ein entscheidender Hinweis auf die mögliche Bioverfügbarkeit.

Hersteller, die Wert auf Qualität legen, veröffentlichen aktuelle Analysezertifikate (Certificates of Analysis) oder stellen sie auf Anfrage zur Verfügung. Ein solches Zertifikat sollte Angaben zur Charge, zu geprüften Inhaltsstoffen und zu eventuellen Rückständen enthalten. Transparenz ist hier das beste Gütesiegel.

Fünf Merkmale, an denen Sie hochwertige Präparate erkennen

  1. Veröffentlichte Laborberichte: Seriöse Anbieter belegen ihre Angaben mit unabhängigen Analysen und halten diese aktuell.
  2. Exakte Deklaration: Gute Produkte nennen die exakte Verbindung – etwa "Magnesiumcitrat" statt nur "Magnesium".
  3. Sinnvolle Dosierung: Eine hohe Zahl auf der Packung ist kein Qualitätsmerkmal. Entscheidend sind wissenschaftlich belegte Bedarfsmengen.
  4. Saubere Rezeptur: Weniger ist mehr. Vermeiden Sie Produkte mit unnötigen Farb-, Aroma- oder Füllstoffen.
  5. Nachvollziehbare Herkunft: Präparate aus EU-Produktion mit kontrollierten Chargen und GMP-Zertifizierung (Good Manufacturing Practice) bieten Sicherheit.

Was unabhängige Tests über Kapseln verraten

Verbraucherschutzorganisationen wie Stiftung Warentest oder Öko-Test prüfen regelmäßig Nahrungsergänzungsmittel. Dabei zeigt sich: Nicht selten enthalten Produkte weniger Wirkstoff als angegeben, sind falsch deklariert oder zeigen nur geringe Bioverfügbarkeit. Manche Präparate weisen sogar Rückstände von Schwermetallen oder Pestiziden auf – ein Risiko, das sich durch geprüfte Qualität vermeiden lässt.

Solche Testergebnisse sind für Verbraucher wertvolle Orientierungshilfen, ersetzen aber keine individuelle Beratung. Besonders bei bestehenden Krankheiten, Schwangerschaft oder regelmäßiger Medikamenteneinnahme sollte die Auswahl von Nahrungsergänzungsmitteln immer mit Ärztinnen, Ernährungswissenschaftlern oder Apothekerinnen abgestimmt werden.

Fazit: Qualität entscheidet über Wirkung

Nahrungsergänzungsmittel können sinnvoll sein – etwa bei nachgewiesenem Nährstoffmangel, erhöhtem Bedarf oder speziellen Ernährungsformen wie Veganismus. Doch die Wirksamkeit hängt nicht allein von der Dosierung ab, sondern von der tatsächlichen Aufnahme im Körper. Nur wenn ein Präparat eine hohe Bioverfügbarkeit bietet und seine Qualität durch Laboranalysen belegt ist, lohnt sich die Investition.

Wer auf geprüfte Zusammensetzung, transparente Herstellerangaben und sinnvolle Kombinationen achtet, schützt sich vor teuren, wirkungslosen Kapseln – und gibt seinem Körper das, was er wirklich braucht: Nährstoffe, die ankommen.

Prof. Dr. Klaus Günther, Lebensmittelwissenschaftler und Biochemiker, forscht und lehrt an der Universität Bonn zu Mikronährstoffen und innovativer Ernährungsforschung und ist international als Honorarprofessor und Gutachter tätig. Er ist Teil unseres EXPERTS Circle. Die Inhalte stellen seine persönliche Auffassung auf Basis seiner individuellen Expertise dar.