Ernährungs-Doc Riedl verrät, wie Sie Ihr Hunger-Zentrums im Gehirn austricksen

Heißhunger ist ein heimtückisches Biest. Aber glücklicherweise recht simpel und leicht zu überrumpeln. Dreh- und Angelpunkt dieser Stopp-Tricks ist eine direkte oder indirekte Beeinflussung des Hunger-Zentrums im Gehirn:

1. Schnell mal nixen

Nach dem niederländischen Entspannungs-Trend „Nixen“ einfach mal nix tun. 10 Minuten die Welt ausblenden. In der trägen Tiefenentspannung alles wegschieben, sogar Heißhunger. Relaxt herrlich den angefixten Knurr-Magen.

2. Bitte bitter

Einfach eine halbe Grapefruit löffeln. Ihre Bitterstoffe senken die Insulin-Ausschüttung und hemmen das Hunger-Hormon Ghrelin, zügeln so die Heißhunger-Lust. Auch diese Rohkost hilft mit Bitterstoffen: Chicorée-, Rucola-, Radicchio-, Endivienblätter, Kumquat knabbern.

3. Putzig werden

Zahnpasta mit Minz-Aroma hemmt wirksam Heißhunger-Attacken. Also beim Jieper auf Snacks Zähne putzen. Oft reicht es auch, schon am zerdrückten Pfefferminzblatt zu schnuppern oder es ganz langsam zu kauen.

Matthias Riedl ist bekannt als Ernährungs-Doc aus dem NDR-Fernsehen. Der Facharzt für Innere Medizin und Diabetologe leitet das medicum Hamburg, Deutschlands größtes Zentrum für Ernährungsmedizin und Diabetologie (medicum-hamburg.de).

4. Gummiband-Flitsche

Unwiderstehliche Heißhunger-Lust auf einen Snack? Da hilft der Gummiband-Trick aus der kognitiven Verhaltenstherapie: Schon beim ersten Gedanken daran ein Gummiband am Handgelenk spannen, flitschen lassen. 5-mal. Autsch!

5. So hot

Uralter Ayurveda-Trick mit enormer Wirkung: Ein großes Glas heißes Wasser langsam trinken. Das füllt den Magen laut einer Studie der japanischen Waseda University herrlich. Und täuscht dem Hunger-Zentrum im Gehirn ein wohliges Satt-Gefühl vor wie nach einem guten Teller Suppe.

6. Hunger unter Druck

Den Akupressur-Punkt in der Vertiefung zwischen Nase und Oberlippe mit dem Zeigefinger 15 Sekunden drücken, tief durchatmen, entspannen. 3-mal. Der Druckreiz meldet dem Appetit-Zentrum im Gehirn: „Kein Hunger mehr!“

7. In die Knie gehen

Super Ablenkungs-Manöver: 15 bis 20 Kniebeugen, Liegestütze, 30-mal Hantelbeugen fördern die Ausschüttung von selig machenden Endorphinen. Eine harte Konkurrenz für unser Belohnungssystem im limbischen Gehirnareal.

8. Die 4711-Atmung

Nicht befriedigter Heißhunger stresst durch das Hormon Cortisol. Noch mehr Ess-Lust. Perfekter Stopper ist die altindische Yoga-Atmung 4711: 4 Sekunden tief durch die Nase einatmen. Atem kurz anhalten. 7 Sekunden durch den Mund ausatmen. Atem anhalten. 11-mal wiederholen. Das fördert die Bauchatmung, beruhigt den Heißhunger hibbeligen Magen, auch den Darm.

9. Schön scharf

Trick 17 aus der effektiven kognitiven Verhaltens-Therapie: Bei hochkalorischem Verlangen auf eine scharfe Chili-Schote beißen. Der blitzartige Scharf-Effekt überlagert den „Futter-Impuls“ (Studie der Purdue University).

10. Duftes Vanille-Öl

Das süße Aroma von Vanille stimuliert die Freisetzung des Neurotransmitters Serotonin, bremst Heißhunger-Gefühle vor allem auf Schokolade aus (St. George’s Hospital). Öl unter die Nase tupfen.

Zum Weiterlesen

Genuss statt Verzicht, Sättigung statt Heißhunger. Ernährungsmediziner Dr. Matthias Riedl erklärt, was ein perfektes Anti-Heißhunger-Rezept ausmacht. Und wie jeder mit der richtigen Kombi von Nährstoffen den Insulinspiegel in Schach hält, so Heißhunger-Attacken vorbeugt. Ob mit mediterranen Frühstücks-Wraps, Zucchinipasta mit Lachs oder Rindfleischpfanne mit Quinoa: Im Buch „Anti Heißhunger“ gibt ́s eine bunte Auswahl an Hauptgerichten für jeden Geschmack („Anti-Heißhunger – gesunde Sattmacher“, GU, 64 Seiten, 12,99 Euro).

Von Matthias Riedl

Klartext beim Begriffs-Wirrwarr

Appetit, Hunger, Heißhunger – was denn nun? Fragezeichen auch bei der Trennschärfe zwischen Sättigung und Sattheit. Diese Hunger-Sättigungs-Mechanismen sind filigran, komplex miteinander verwoben. Hier ein kleiner Erklärungs-Versuch:

Appetit: Die pure Lust

Diese oft unwiderstehliche Lust ist ein psychologisches Verlangen, das im limbischen System, dem Teil im Gehirn, der für Emotionen verantwortlich ist, entsteht. Häufigste Auslöser: Gerüche, Optik des Essens.

Heißhunger: Der unwiderstehliche Drang

Er ist ein kaum zu kontrollierendes, extrem starkes Hungergefühl mit einem heftigen Verlangen vor allem nach Süßem, Salzigem oder Fettigem. Im Gegensatz zum normalen Hunger ist er nur schwer zu unterdrücken.

Hunger: Das physiologische Nährstoff-Verlangen

Ist der Magen leer, und sinkt der Blutzuckerspiegel, hungert der Körper nach Nährstoff-Nachschub. Der Magen knurrt, produziert das Hunger-Hormon Ghrelin. Es sendet Ess-Signale ans Hungerzentrum im Hypothalamus – der wichtigsten Schaltzentrale im Gehirn.

Sättigung: Das Stopp-Signal fürs Essen

Rutscht Food in den Verdauungstrakt, dehnt sich die Magenwand. Diese Ausdehnung löst Sättigungs-Signale aus, die über eine Art Nerven-Autobahn ans Gehirn gesendet werden. Das bewusste Gefühl, satt zu sein, setzt rund 20 Minuten nach dem ersten Bissen ein.

Sattheit: Die volle Zufriedenheit danach

Sie beschreibt fast einen Glückszustand (Endorphin-Ausschüttung) nach dem Essen. Der hält an bis zu einem neuen Hungergefühl.

Das Original zu diesem Beitrag "Dr. Riedl: „Es gibt so starke Heißhunger-Blocker“" stammt von vital.de.