Trump schmiedet neuen Nato-Plan für zweite Amtszeit: Artikel 5 soll für einzelne Länder ausgesetzt werden

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Trump droht den Nato-Staaten mit extremen Maßnahmen. In privaten Treffen erhöht er den Druck. Diplomaten aus Europa versuchen, zu ihm durchzudringen.

Washington, D.C. – Wenn Nato-Mitgliedsstaaten das Zweiprozentziel nicht erfüllen, will Donald Trump Russland erlauben, zu „tun, was immer sie wollen“. Das sagte der voraussichtliche Republikaner-Kandidat bei einer Rallye für die Vorwahlen in den USA, nachdem der Nato-Generalsekretär bei einer Rede zum 75. Jahrestag der Nato auch auf Probleme an der US-Grenze hingewiesen hatte. Trumps Pläne, durch die der Nato-Bündnisfall für die Mitgliedsstaaten an finanzielle Bedingungen geknüpft wäre, löste einen Ansturm von Diplomaten auf den Republikaner aus.

„Wir bekommen eine Menge Anrufe von Botschaftern, wir wissen, was sie tun, sie bitten uns um Informationen und versuchen herauszufinden, was passieren wird, wenn Trump zurückkommt“, erklärte ein ehemaliger Beamter aus der Trump-Administration, der sich bereits dreißig Mal mit europäischen Diplomaten getroffen hat, laut CNN. „Die signalisierte Nachfrage ging durch die Decke. Die Leute grasen den gesamten republikanischen Raum ab und versuchen, mit allen zu sprechen, um herauszufinden, was los ist“, sagte der Vize-Präsident der Heritage Foundation, James Carafano. Stoltenberg hielt entlang der Tradition seine Jahrestagsrede bei dem Think-Tank. So kommt es, dass auch bei den zur US-Wahl gehäuft stattfindenden Vernetzungen mit Republikanern oder mit Trump selbst die Nato eine große Rolle spielt.

Trump scheint es ernst zu meinen und beharrt auf NATO-Zweiprozentziel: Warnung an Diplomaten

Bei den Gesprächen mit Diplomaten sagte Trump durchweg, die Einhaltung des Zweiprozentziels sei nicht verhandelbar. Einige der Anwesenden wurden drastisch vor der Nichteinhaltung des Ziels gewarnt. „Das ist nur Wahlkampfgerede, es ist nicht das, was er wirklich denkt“, sagte einer der von CNN befragten europäischen Diplomaten.

Victoria Coates, die stellvertretende nationale Sicherheitsberaterin des ehemaligen Präsidenten Trump war und nun Vizepräsidenten der Heritage Foundation ist, erklärte laut CNN: „Wenn sie sich Sorgen darüber machen, wie Präsident Trump auf sie reagieren wird, haben sie es selbst in der Hand, etwas dagegen zu tun.“ Ihren Aussagen nach würden Personen lügen, die einen anderen Ausweg als die Erfüllung des Zweiprozentziels sehen würden. „Er hat immer über die Finanzkrise der Nato gesprochen“, sagte ein zweiter ehemaliger Trump-Beamter. „Er wird das weiterhin ernst nehmen, und das sagen wir ihnen auch“.

Möglicher NATO-Austritt schafft Druck für Zweiprozentziel – Charta-Änderung durch Trump quasi unmöglich

Trump könnte vor allem den Druck des Nato-Austritts der USA nutzen, um die anderen Länder zum Zweiprozentziel zu erzwingen. Die USA standen 2023 auf dem zweiten Platz der Nato-Verteidigungsausgaben, nachdem Polen das landesinterne Prozentziel auf vier Prozent verdoppelt hat. Mit insgesamt fast 900 Milliarden US-Dollar an Ausgaben liegen die USA in absoluten Zahlen dennoch weit vorne. Insgesamt lagen die Ausgaben im Jahr 2023 bei etwa 1,3 Billionen US-Dollar, sodass die USA mehr als doppelt so viel ausgab als alle anderen Länder zusammen.

Eine Änderung der Nato-Charta, die den Bündnisfall tatsächlich für Mitgliedsstaaten aussetzt, die nicht genug bezahlen, ist jedoch höchst unwahrscheinlich. In der Nato herrscht das Einstimmigkeitsprinzip, da bei dem Eintritt keine Hoheitsrechte abgegeben wurden. Vor allem angesichts des internationalen Aufschreis nach Trumps Äußerungen würden sich voraussichtlich die wenigsten Staaten bei einem solchen Änderungsantrag auf die Seite Trumps stellen.

Europäische Diplomaten ringen um Beziehung zu Trump – und kämpfen gegen Wut und fehlende Informationen

Aufgrund der Druckposition der USA bemühen sich die Staatsvertretungen aus Europa dennoch schon jetzt um ein gutes Verhältnis. Dass das zum Teil gar nicht so einfach ist, zeigen die Erfahrungsberichte der Anwesenden. Ein Diplomat kritisierte die Wutausbrüche und die wenig informierten Stellungnahmen Trumps. Vor allem während seiner ersten Amtszeit war der Republikaner bekannt für seine Twitter-Politik. Große politische Fragen und Konflikte wurden dort schnell und für alle sichtbar in unter 140 Zeichen beantwortet oder hervorgehoben – bei vielen Emotionen komplett großgeschrieben. Mittlerweile ist der 77-jährige zum Großteil auf die konservative Plattform „Truth Social“ umgezogen, wo die Texte zwar länger, aber nicht minder emotionsgeladen sind. Bei den Diplomatentreffen würden die Gäste oft nur Trump zuhören, auch dort nicht ohne extreme Meinungen und Emotionalität.

Der ehemalige Präsident Donald Trump (Republikaner) mit einer „Make America Great Again“-Kappe.
Der Republikaner Donald Trump ist bekannt für gewagte und emotionale Aussagen. © Megan Varner / GETTY IMAGES NORTH AMERICA / Getty Images via AFP

Vor allem Diplomaten und Vertretungen von Staaten, die noch nicht so lange im Amt sind, würden laut Berichten in Treffen oft weniger ernst genommen werden. Vertretungen von größeren Ländern oder Personen, die schon länger im Amt sind, hätten es da einfacher. Vor allem dem niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte, den Stoltenberg oft den „Trump-Flüsterer“ nennt, werden gute Chancen für eine produktive Beziehung mit Trump eingeräumt. Die diplomatischen Anstrengungen entstammen wohl auch einer Lehre von der US-Wahl 2016. Dort sind die meisten von einem Sieg von Hillary Clinton ausgegangen und strengten sich wenig an, mit Trump Verknüpfungen herzustellen. (lismah)

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