Von Kriegswirren zerrissen: Allgäuer Freilichtbühne Altusried zeigt das Schicksal einer Familie im Bauernkrieg

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Die Landsknechte bedrohen Emilia und ihren Bruder Jakob: Sie soll ihrem Lehensherren auf das Evangelium erneut die Treue schwören. Wird sich Emilia, gespielt von Katja Wirthensohn, beugen? Ihr Gesang rührte so manchen und so manche im Publikum zu Tränen. © Lüderitz

Das opulent inszenierte Historiendrama „1525 – Bauernkrieg“ entführt auf der Freilichtbühne in Altusried in die Zeit, als die Bauern für mehr Freiheit kämpften und Klöster und Burgen plünderten.

Das Dorffest ist in vollem Gange: Musikanten spielen zünftig auf. Jubel und Freude auf dem Platz. Jungen und Mädchen tanzen ausgelassen um den Maibaum. Doch plötzlich ein Donnergrollen, berittene Soldaten preschen in die Menge. Sie beschlagnahmen Baum und Bier. Denn allein der Fürstabt darf den Wald und das Holz nutzen.

Die Strafe ist nur eine von vielen Lasten, die die Landbevölkerung zu tragen hat. Leibeigenschaft, Frondienste und Abgaben machen den Bauern zu schaffen. Und es werden immer mehr. Der Unmut beginnt zu brodeln.

Darsteller wirken bei der Entstehung des Stückes mit

Genau 500 Jahre nachdem die Bauern in Süddeutschland für mehr Rechte in den Kampf zogen, zeigt die Allgäuer Freilichtbühne in Altusried das Stück „1525 – Bauernkrieg“. Das Theater hat sich dem Freiheitskampf verschrieben. Traditionell fechten Helden wie Wilhelm Tell oder Johanna von Orleans auf der Freilichtbühne gegen Unterdrückung und Willkürherrschaft. 1986 und 1999 erweckten die Altusrieder den Stoff des Bauernkriegs bereits zum Leben und eröffneten mit ihm die Tribüne.

Das Besondere der diesjährigen Inszenierung: In Workshops sammelten bis zu 70 Darstellerinnen und Darsteller eigene Ideen für das Stück und legten selbst fest, was wichtig ist. Daraus entwarf Autor Christian Schönfelder zusammen mit Regisseur Sebastian Schwab die Geschichte. „Eine große Wertschätzung fürs Dorf!“, findet die künstlerische Leiterin Johanna Klüpfel. Die Mitwirkenden haben einen ganz besonderen Bezug zum Stück, erzählt sie. Das war bei der Premiere zu spüren. Die Zuschauer auf den vollbesetzten Rängen belohnten alle Beteiligten mit stehenden Ovationen.

Allgäuer Freilichtbühne Altusried spielt „1525 – Bauernkrieg“ – Frei sind wir und frei wollen wir sein!

„Es stimmt!“, ruft Emilia. „Dass wir frei sind, habe ich selbst in der Bibel gelesen!“ Emilia ist Bauerstochter und der Dorfpfarrer heißt gar nicht gut, dass ein Mädchen wie sie die Heilige Schrift entziffern kann. Dafür wird sie in der Hölle schmoren, prophezeit er vor aller Ohren.

Das Schicksal von Emilias Familie erleben die Zuschauer auf der Freilichtbühne hautnah: Wie der Vater von den Leuten des Fürstabts verschleppt wird. Wie Schwester Magdalena sich verliebt. Wie ihr Freund Martin nach Memmingen zieht, um dort freiheitliche Ideen zu diskutieren. Wie Landsknechte Emilias Bruder anwerben. Wie Schwester Ursel in den Kampf zieht gegen die Unterdrücker.

Die aufwändige Inszenierung verwebt historische Ereignisse mit fiktiven persönlichen Schicksalen. Sie zeigt den Hochmut der Mächtigen und die Radikalisierung der Unterdrückten, Mut und Angst, Liebe und Rachsucht, Wortgefecht und Schlacht.

Effektvoll wechseln die Szenen zwischen den verschiedenen Räumen auf der von Bäumen gesäumten Bühne. Mal bauen sich die Machthaber direkt vor dem Publikum auf, mal sieht man in der Ferne auf dem Hügel die Bauern beim Mähen, mal zieht das Heer im Fackelschein die Serpentinen hinab.

Altusried – eine Gemeinde mit Leidenschaft fürs Theater

„450 Laiendarsteller agieren auf der Bühne, im Hintergrund wirken weitere 100 bis 200 Leute“, erzählt Johanna Klüpfel. Der jüngste Schauspieler befindet sich noch im Bauch der Mutter, die älteste ist bereits 90 Jahre alt. Schon vor drei Jahren haben die Vorbereitungen für das Stück begonnen. Seit Januar wird nun geprobt.

Lange geübt haben auch zwei Ochsen aus Durach, die sich bei einem entscheidenden Auftritt im Stück abwechseln. Ihre Besitzer haben sie geduldig an Menschen herangeführt, vor einen Karren gespannt. Dann mussten sie die Schauspieler kennenlernen und zuletzt haben sie sich in Klatschproben an das Publikum gewöhnt. Den Sommer über wohnen die beiden Tiere auf einer nahegelegenen Weide. „Die beiden haben alles super gelernt“, findet Johanna Klüpfel. Aber auch die Reiter und Pferdebesitzer nehmen einen großen Aufwand in Kauf. Sie stemmen den Transfer ihrer Tiere zu allen der 26 Aufführungen.

Für die Darbietungen wurde auch eigens ein Projektorchester ins Leben gerufen (Leitung Gertrud Hiemer-Haslach). Nicht nur die Mischung aus alpenländischer und mittelalterlicher Musik, sondern auch die mitreißende schauspielerische Leistung der Akteure sorgen für zahlreiche Gänsehautmomente.

Wie jenem, als die Landsknechte Emilia vor die Wahl stellen: Entweder sie zerreißt das Flugblatt mit den 12 Artikeln, in denen die Bauern ihre Forderungen zusammengefasst haben, oder „wir jagen dich durch die Spieße“.

Noch bis Mitte August ist das Stück „1525 – Bauernkrieg“ auf der Freilichtbühne in Altusried zu sehen. Mehr Infos unter: www.allgaeuer-freilichtbuehne.de

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