Putins Energiehahn im Visier: Ukraine könnte Russland am verwundbarsten Punkt treffen

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Die Ukraine will ab 2025 kein russisches Gas mehr durchleiten. Laut Präsident Selenskyj sind dazu auch Verhandlungen mit anderen Lieferanten im Gange.

Kiew – Für Russland steht viel auf dem Spiel: Ein wichtiges Abkommen steht kurz vor dem Auslaufen. Und dieses Mal hat die Ukraine offenbar die Fäden in der Hand. Die Entscheidung von Kiew könnte dafür sorgen, dass Russlands Wirtschaft einen weiteren Rückschlag erleidet. Bereits jetzt ist klar: Präsident Wolodymyr Selenskyj will in jedem Fall versuchen, Putins Einnahmen zu schmälern.

Steckt Russlands Wirtschaft fest? Wichtiges Abkommen auf der Kippe

Es geht um den Transitvertrag zwischen dem ukrainischen Gasversorger Naftogaz und dem russischen Gaskonzern Gazprom. Trotz russischen Überfalls auf die Ukraine lief das Transit von russischem Erdgas durch die Ukraine weiter. Empfänger sind vor allem Länder ohne Zugang zum Meer, die nicht auf Flüssigerdgas (LNG) umstellen können.

Der Vertrag läuft Ende des Jahres 2024 aus – bislang hat die Ukraine deutlich gemacht, das Abkommen nicht verlängern zu wollen. „Wir wollen nicht, dass sie hier Geld machen“, sagte Präsident Selenskyj jüngst in einem Interview mit Bloomberg TV am 3. Juli 2024. Derzeit führe die Ukraine Gespräche über die Lieferung von Erdgas aus Aserbaidschan in die Europäische Union, um ihre Rolle als Transitland aufrechtzuerhalten und ihre westlichen Nachbarn bei der Gewährleistung der Energiesicherheit zu unterstützen, so Selenskyj gegenüber Bloomberg TV.

Sanktionen und Ukraine-Krieg schmälern Putins Kriegskasse – geringere Einnahmen aus Gasgeschäft

Seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs sind Russlands Einnahmen aus Gasverkäufen drastisch zurückgegangen – so hatte Gazprom enorme Verluste zugegeben. Die Ukraine ist eisern, diese Verluste zu vergrößern. Bereits im Jahr 2023 betonte die Ukraine ihr Ziel, ab 2025 kein russisches Gas mehr Richtung Westen durchzuleiten. Laut dem Chef des staatlichen ukrainischen Energiekonzerns Naftogaz, Olexij Tschernyschow, wäre die Ukraine bereit, schon vor Ablauf des Vertrags mit Gazprom auszusteigen. Das teilte er in einem Interview mit dem US-Auslandssender Radio Liberty im Jahr 2023 mit.

Verkalkuliert sich Putin in den Staatsausgaben? Die Modernisierung der Schwarzmeer-Flotte könnte ein weiterer Sargnagel für die übrige russische Wirtschaft sein.
Verkalkuliert sich Putin in den Staatsausgaben? Die Modernisierung der Schwarzmeer-Flotte könnte ein weiterer Sargnagel für die übrige russische Wirtschaft sein. © Maxim Shemetov/dpa

Die Ukraine halte nur am Transit fest, weil mehrere europäische Länder noch auf russisches Gas angewiesen seien. „Wir wollen auch ein zuverlässiger Partner sein für die europäischen Partner, für die Länder, die das brauchen“, sagte der Konzernchef damals. 

Putin wollte den Westen mit russischem Gas unter Druck setzen – doch es gibt Probleme

Der Westen ist jedoch inzwischen auf einem guten Weg, die Abhängigkeit von russischem Gas deutlich zu reduzieren. Es gibt zwar noch EU-Länder, die russisches Gas beziehen: So teilte das österreichische Klimaschutzministerium auf Anfrage von Ippen.Media mit, dass der Anteil von russischem Gas an allen Netto-Gasimporten Österreichs im Jahr 2023 rund 65 Prozent betragen hatte.

Langfristig werden aber auch Länder wie Österreich und Ungarn, die von russischer Energie abhängig sind, ohne russisches Gas zurechtkommen. Zu der Auswertung kam eine Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts DIW im Mai 2024. Ein Einfuhrverbot von russischem Erdgas in die EU würde die Gas-Versorgung in der Europäischen Union demnach nicht gefährden. Bislang hat die EU Sanktionen erlassen, die nicht direkt den Import von russischem LNG betreffen, sondern dessen Umladung innerhalb der EU untersagen.

Selbst wenn die Gasnachfrage in der EU bis zum Jahr 2030 hoch bliebe, wäre ein vollständiger Verzicht auf russisches Erdgas möglich, heißt es in der Studie. Dennoch bleibe Russland Exporteur von Flüssigerdgas (LNG) nach Europa und hat auch noch einige Länder Mittel- und Osteuropas energiepolitisch im Griff. (bohy mit Material der dpa)

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